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SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)

SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)

Titel: SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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durchwebt. Er musterte Mun mit zusammengekniffenen Augen und nickte seinen Männern wohlwollend zu.
    »Ein Adept des Zentralarchivs«, grinste der Räuberhauptmann. »Welch hoher Besuch in unserem bescheidenen Heim.« Die Umstehenden lachten pflichtschuldig.
    »Darf man fragen, was dich in diesen gottverlassenen Winkel von Less führt?«, wollte Gorl wissen.
    »Ich habe nach dir gesucht«, antwortete Mun wahrheitsgemäß. »Mein Name ist Mun Lanaka, aber du wirst dich wohl weder an mich noch an meine Eltern erinnern, die du vor fünfzehn Sonnenzyklen auf einer kleinen Farm nicht weit von hier abgeschlachtet hast.«
    Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen. Der Adept hörte das Prasseln der Lagerfeuer, das Klatschen der vom Wind bewegten Zeltplanen und das unruhige Scharren einiger Gareks. Dann trat Gorl bis auf einen halben Meter an Mun heran. Dieser wich nicht zurück. Der Räuberhauptmann überragte den Wissensträger um gute dreißig Zentimeter, und Mun musste aufblicken, um ihm in die Augen zu sehen.
    »Und nun willst du Rache nehmen, richtig?« Gorl strich sich nachdenklich durch den verfilzten Bart.
    »Nenn es, wie du willst«, erwiderte der Adept. »Jemand, der weitaus klüger ist als wir beide, hat einmal zu mir gesagt, dass die Rache keine Früchte trägt, weil sie sich selbst genug ist. Möglicherweise ist das eine Theorie, die man nur in der Praxis überprüfen kann.«
    »Ein Wink von mir, und du bist tot, Adept«, stieß der Räuberhauptmann grimmig hervor.
    »Das mag sein«, sagte Mun laut. »Aber schau dich um. Fast alle deine Männer sind hier. Was würden sie wohl denken, wenn sich ihr Anführer einem fairen Zweikampf verweigert und stattdessen einen geachteten Repräsentanten der Gilde feige ermorden lässt? Ich will dir sagen, was sie denken würden, Gorl. Sie würden denken, dass du nicht mehr fähig bist, sie zu befehligen, dass du deinen Tatendrang und deine Leidenschaft verloren hast und es womöglich an der Zeit ist, ein furchtloseres und kühneres Oberhaupt zu bestimmen.«
    »Du führst eine flinke Zunge, Adept«, stieß Gorl hervor. Man sah ihm an, dass er seinen Zorn kaum noch unter Kontrolle halten konnte. »Man sagt, dass ihr Wissensträger begabte Redner seid. Lass uns herausfinden, ob du deinen Worten auch Taten folgen lassen kannst.«
    Mit einer kaum sichtbaren Handbewegung hatte der Räuberhauptmann die Schnalle seinen Gürtels geöffnet. Mehrere Messer und die große Pistole, die er schon während des Überfalls auf die Lanaka-Farm getragen hatte, polterten mit Getöse auf den felsigen Untergrund.
    Mun bewegte sich nicht. Er wartete darauf, dass sich etwas in ihm veränderte, etwas, von dem er in den letzten Lunarien oft geträumt hatte und von dem er nicht genau wusste, was es war. Die Erinnerungen an seine Eltern waren schemenhaft; kaum mehr als ein paar verwaschene Bilder in seinem Kopf. Deutlich war nur diese eine, qualvolle Nacht, das Blut, die Schreie, das Krakeelen der Betrunkenen. All das Gute und Schöne, das seine Mutter und sein Vater repräsentiert hatten, hatte diese Nacht ausgelöscht. All die innigen Eindrücke und Momente, die Eltern ihren Kindern hinterließen und die diese ein Leben lang mit sich trugen, waren damals ausgelöscht worden.
    Was hatte der Adept erwartet? Dass die Schläge, mit denen er Gorl durch das Lager trieb, seine Schmerzen linderten? Dass die Demütigung, die der Räuberhauptmann erfuhr, die Schuld aufwog, die er auf sich geladen hatte? Gorl war zweifellos noch immer stark, aber gegen einen ausgebildeten Adepten besaß er nicht die Spur einer Chance. Er war zu schwerfällig, zu steif, zu begrenzt in seinen Mitteln, und mit jeder weiteren Minute, die ihr ungleiches Duell andauerte, begriff Mun das Wesen seiner Rache besser.
    Es gab keine Befriedigung. Es gab keine Befreiung. Der Verlust, den er erlitten hatte, war ein Teil von ihm und würde es für immer bleiben. Er kämpfte nicht gegen Gorl, diesen alten, fetten, erbärmlichen Mörder, der tat, was er tat, weil er schon längst keine Alternative mehr besaß. Mun kämpfte gegen sich selbst, gegen seine Zweifel, gegen seine Ohnmacht und Unfähigkeit zu akzeptieren, dass Kelt und Jaria Lanaka nicht mehr da waren und nie mehr zurückkehren würden, was auch immer er unternahm.
    Besitzen heißt verlieren, Mun
, hörte er Taardar sagen.
Erinnern heißt bewahren. Doch am Ende gehst du so, wie du gekommen bist
.
    Irgendwann lag Gorl vor ihm auf dem Boden, geschlagen, besiegt, mit Blut besudelt

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