SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)
atmete tief durch die Nase ein und schnaubte.
Pong beobachtete zwischendurch seine Augen und sah, dass allmählich Leben in sie einkehrte.
Verstehen.
Und Zorn.
Die beiden Frauen warteten reglos und flach atmend, darum bemüht, kein Geräusch zu versäumen, keine Regung Gickwicks. Hoffentlich wirkte die Strategie, und schnell, denn irgendwann würde sicher wieder jemand vorbeikommen.
Der Gorilla enttäuschte sie nicht. Plötzlich stand er auf und kam langsam zum Gitter. Für ein so großes, schweres Wesen konnte er erstaunlich leise auftreten. Sein Herr schnarchte selig und gänzlich ahnungslos.
Shanija und As’mala warfen sich hoffnungsvolle Blicke zu, als sich die langen, kräftigen Finger durch die Gitter schoben. Grunzend spannte das Tierwesen die gewaltigen Muskeln an, dann riss es das schwere Teil mit einem Ruck aus der Verankerung. Der Lärm weckte den Einpeitscher, doch As’mala war bereits unterwegs.
Furchtlos sprang sie über den Rand des Lochs, eilte zu Gickwick und machte sich an seinem Fuß zu schaffen.
Der betrunkene Mann kam auf die Beine, blinzelte träge, griff aber nach seiner Hellebarde, die zugleich als Stichwaffe diente. »Was …«
As’mala sprang nach oben und griff nach dem Halsring des riesigen Affen, der ihr dabei verdutzt zusah, denn dies ging ihm alles zu schnell. In seinen Pratzen hielt er immer noch das Gitter.
»Na warte«, knurrte der Einpeitscher, der zusehends zur Besinnung kam. Mit gesenkter Hellebarde und wildem Blick stürmte er heran.
As’mala ließ sich fallen und hob die Hände. Grinsend zeigte sie Gickwick den offenen Halsring und zog gleichzeitig mit dem Fuß die Beinkette von ihm weg, die ebenfalls offen war.
Der Einpeitscher wollte sich auf As’mala stürzen, doch in diesem Moment begriff das Gorillawesen, dass es frei war, und das Leben kehrte endgültig in seinen Blick zurück. Ein wilder Funke entzündete sich in den dunklen Augen, der sich schnell zur Raserei steigerte. Gickwick schob sich vor As’mala, öffnete das zähnestarrende Maul und brüllte seinen Peiniger zornentbrannt an. Der Mann stoppte im Lauf, als wäre er gegen eine Mauer gerannt, ließ die Hellebarde fallen, sank auf die Knie und hielt sich schreiend die Ohren zu. Noch während Gickwick brüllte, packte er mit beiden Schaufelhänden zu, hob seinen Peiniger hoch und schleuderte ihn mit voller Kraft durch die Luft an die gegenüberliegende Mauer. Ein hässliches, knackendes Geräusch ertönte, die Schreie des Mannes verstummten abrupt, und er fiel leblos zu Boden, nicht viel mehr als ein formloser Klumpen Fleisch voll zertrümmerter Knochen.
Shanija sprang neben As’mala nach oben, und die beiden Frauen ergriffen augenblicklich die Flucht, gefolgt von Pong. Gickwicks Gebrüll hatte die Burgwachen alarmiert, und sie kamen mit gezückten Waffen angerannt und schrien drohend den Gorilla an. Doch nun war er frei, keine wehrlose Kreatur mehr. Er packte das Gitter und warf es auf die vordersten Wachen, die darunter begraben wurden. Dann stürzte er sich auf die anderen, um Rache zu nehmen.
9.
Pong hatte es sich bereits an seinem Ruheplatz bequem gemacht; er war so müde, dass er nicht einmal ausführlich von seinem Abenteuer berichten wollte, sondern nur kurze Stichpunkte zum Besten gab.
»Deine Kräfte funktionieren wieder«, sagte Shanija unterwegs zu As’mala, während sie Richtung Markt liefen, um sich dort nach einem Lauftier für die Flucht umzusehen. »So schnell, wie du die Ketten gelöst hast …«
»Das dürfte gar nicht sein«, erwiderte die Diebin. »Ich habe nur eine Erklärung dafür: Hier gibt es gerade sehr starke psimagische Strömungen, die meine Schwäche ausgleichen.«
»Ist das gut oder schlecht?«
»Für den Moment war es gut. Aber ich befürchte, dabei wird es nicht bleiben. Wir sollten zusehen, dass wir von hier so schnell wie möglich verschwinden. Vor allem, wenn diese Strömungen auch auf Gickwick wirken. Möglicherweise macht er dann alles platt …«
Shanija warf einen Blick zum Himmel. Die Monde hatten ihre Bahn fast vollendet, Flavor war auf dem Weg Richtung Westen, und Fathom flammte als rotes Fanal fast im Zenit. Leuchtende Wolken rasten am Himmel entlang, stellenweise rötlich flackernd. In der Ferne strahlten die Doppelsonnen wie Juwele. Die Schiffbrüchige schmeckte Metall in der Luft, und ihre feinen Armhärchen stellten sich wie elektrisiert auf. »Ich spüre es auch«, flüsterte sie mehr zu sich selbst. Das beunruhigte sie. Sie spürte
etwas
in
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