SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)
nebeneinander stehen. Seiya stützte sich erschöpft auf einen langen Wanderstab, den sie sich auf der Reise gesucht hatte. Ihre schöne Krönungsfrisur mit den hochgesteckten schwarzen Nestern hatte sich wieder aufgelöst. Der Hosenanzug aus grobem, widerstandsfähigen Tuch brauchte ebenso dringend eine Reinigung wie seine Besitzerin.
Auch As’mala und Shanija hätte ein ausgiebiges Bad gut getan. Dabei schien As’mala trotz ihres Einteilers aus weichem Rauleder am wenigstens zu schwitzen. Shanija fragte sich, wie die blonde Frau das machte. Ihr eigenes olivgrünes Jagdkostüm klebte unangenehm an ihrem Körper. Die mahagonifarbenen Locken hingen strähnig bis zur Brust. Seit zwei Tagen verfolgten sie Pong. In der Nacht hatten sie eine längere Pause an einem Bach eingelegt und waren erst mit dem Aufgang der Sonnen weitergezogen.
Gemeinsam blickten sie nach vorn. Sie waren in die sonderbarste Landschaft geraten, die Shanija je erblickt hatte. Es war erst Mittag, und doch waren die Sonnen nicht mehr zu sehen. Die Glutbälle wurden ausgelöscht von einer gigantischen Gesteinsplatte, die vor ihnen in etwa einem Kilometer Höhe in der Luft hing. Der Stein hatte eine rötliche Färbung. Selbst auf die Entfernung sah man schwarze Linien, die ihn durchzogen. Unter ihm bewegte sich ein bis zum Boden reichendes Wolkenfeld entlang. Kleine weiße Wirbel stoben davon auf und reckten sich der Gesteinsplatte entgegen. Der weiße Nebel verbarg alles, was unter ihm lag. Es wirkte, als sei dort unten statt des Bodens der wolkenübersäte Himmel, während hoch oben, über ihren Köpfen, das Land schwebte.
Ein verkehrtes Land
, dachte Shanija. Sie berührte den Knauf eines der Schwerter an ihrem Gürtel. Ein Schauder lief ihr über den Rücken. Vielleicht, weil der dichte Nebel zudem jedes Geräusch verschluckte. Tiefe Stille hatte sich über die Umgebung gesenkt, kein Vogel sang mehr sein Lied in der Einsamkeit. Shanija blickte zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Seiyas Heimat lag weit hinter ihnen. Sie waren durch die Höhlen geflohen, nachdem es in Mandiranei zum Aufstand gekommen war. Kaum hatten sie die Gefahren überwunden geglaubt, als Pong samt den drei Kristallen und dem Datenspeicher von einem Diebesvogel geraubt worden war. Aber er hatte ihnen eine ungefähre Spur hinterlassen. Eine Fährte aus schwarzen Federn, die er dem Vogel während des Fluges ausgerissen haben musste. Zum Glück wehte nie starker Wind, dennoch konnten sie nicht sicher sein, wie weit die Federn abgetrieben waren.
Shanija sah unbehaglich zu dem Felsmassiv im rötlichen Himmel. Pongs Spur endete hier. Im Wolkennebel war es unmöglich, ihr zu folgen. Vielleicht war der Vogel über dem Massiv weitergeflogen? Die Kommandantin spähte vergeblich in den Nebel. Irgendwo in der Nähe musste eine Stadt sein! Ein Diebesvogel kam nicht aus dem Nichts. Er gehörte zu einem Herrn oder einer Herrin. Und ein Dieb lebte kaum irgendwo als Einsiedler. Sondern dort, wo es etwas zu holen gab.
»Es ist unheimlich hier«, flüsterte Seiya, den Blick ehrfürchtig auf das fliegende Steinmassiv gerichtet. »Wie in einem Grabgewölbe.«
»Was ist das?« As’mala zeigte auf ein rundes Gebilde, das schillernd unter der Steinplatte schwebte. Es hatte vielleicht einen Meter Durchmesser.
Shanija kniff die Augen zusammen. »Es sieht aus wie eine große Kugel.« Die Kommandantin musste an einen Moment ihrer Kindheit denken. An schillernde Blasen aus Wasser und Seife, die die heruntergekommenen Straßen des Gettos von Washington-York für ein paar Sekunden in ein magisches Reich verwandelt hatten.
»Rot wie Blut«, flüsterte Seiya erneut, als wage sie es nicht, die Stimme zu erheben.
Shanija ging entschlossen voran. »Lasst uns nach Spuren suchen. Vielleicht hat Pong ja weitere Federn hinterlassen.«
»Wie sollen wir sie im Nebel finden?« Seiya sah zweifelnd aus, während As’mala bereits die Umgebung abschritt.
»Hey!«, rief die Abenteurerin plötzlich aus und beugte sich zu einem stachligen Busch hinunter, der verkrüppelt wirkte und sich nur mit sturer Ausdauer am Leben zu halten schien.
»Hast du etwas entdeckt?« Shanija war mit wenigen Schritten bei ihr. Sie hoffte, Pong bald wieder zu finden. Sie gab es nicht gerne zu, aber sie vermisste sein aufgeregtes Geplapper. Außerdem hatte er die Pläne bei sich.
As’mala grinste vergnügt. Mit einem Wurfmesser stocherte sie im Sand. »Jajamknolle.«
Shanija schüttelte den Kopf. »Schon wieder? Du
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