SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)
verbliebenes Schwert auf das Untier, das den Rachen öffnete, um nach ihnen zu schnappen. Die Prinzessin zögerte noch einmal kurz, dann wagte sie den Sprung.
Shanija steckte die Waffe ein und folgte ihr, gerade noch rechtzeitig. Die glasartigen Zähne schlugen mit einem harten Klacken aufeinander. Enttäuschtes Gebrüll schallte in Shanijas Ohren.
Sie schwebte. Shanija schloss sekundenlang die Augen. Wie lange war es her, dass sie sich im schwerelosen Zustand befunden hatte? Eine Sehnsucht nach ihrer weit entfernten Heimat stieß in ihr Inneres, spitz wie die Zähne der Glasaale, und erinnerte sie schmerzhaft an ihren Auftrag. Ob sie die Erde überhaupt noch retten konnte? Aber wenn sie die Pläne nicht wiederbekam, war erst recht alles aus.
Nacheinander, immer noch vom Schwung getragen, schwebten sie nach oben. Keine sagte etwas. Seiyas glänzende braune Augen waren groß wie die eines erstaunten Kindes. As’mala hatte die Lider halb gesenkt. Das Plattenmassiv über ihnen kam immer näher.
»Seht!« Seiya wies auf eine Öffnung im Stein. »Da ist ein Loch drin, vielleicht eine Höhle.« Gleich darunter trat eine Baumwurzel aus dem Gestein, hing tief herab und ließ sich in der Schwerelosigkeit treiben.
Aus dieser Perspektive wirkte das Massiv noch verrückter. Ein Land über ihren Köpfen. Shanija fragte sich nicht zum ersten Mal, ob sie träumte.
As’mala griff nach der Baumwurzel und hangelte sich daran entlang auf die Höhle zu. »Schaun wir mal, was wir da drin finden!«, meinte sie mit mädchenhaft hoher Stimme und kicherte albern. Shanija blickte rasch zu ihr und sah, wie groß die Pupillen ihrer Begleiterin waren. As’mala krabbelte über die Felsstufe, stieß einen Jauchzer aus und tauchte in die Höhle ein.
Shanija fluchte leise und rief ihr nach: »Nicht so stürmisch! Wer weiß, was da drin lauert!« Sie überholte Seiya und stellte sich auf die Stufe, um der Prinzessin heraufzuhelfen. Gemeinsam betraten sie die Höhle. Sie war der Ausläufer eines langen Gangs, der in der Dunkelheit verschwand. Die Schwerkraft hatte wieder zugenommen, entsprach aber noch nicht der gewohnten Anziehung. As’mala ging bereits voraus auf Erkundung, sie hatte die Grenze des Lichteinfalls fast erreicht. Aus der Dunkelheit klang ein Trippeln, wie von kleinen Füßen. Angespannt lauschte Shanija in die Finsternis. Das Geräusch entfernte sich, nur As’malas ungleichmäßige Schritte waren noch zu hören. Gleich darauf war sie nicht mehr zu sehen. »As’mala! Pass auf!«
»As’mala, komm zurück!« Seiya klang besorgt. »Das ist zu gefährlich! Wir sollten zusammenbleiben!«
»Hier geht’s lang«, hörten sie As’malas vergnügte Stimme. »Irgendwo.« Es folgte eine kurze Pause, dann erklang As’malas Stimme erneut. »Oho, grünes Licht. Schick.«
Shanija fragte Seiya verwundert: »Was ist mit ihr? Sie ist sonst zwar draufgängerisch, aber nicht dumm.«
Seiya seufzte tief. »Jajamknolle ist sehr schwer zu dosieren. Wenn man zuviel davon nimmt, erzeugt sie rauschartige Zustände von Selbstüberschätzung und …«
»Mmir isso komisch«, hallte As’malas lallende Stimme aus der Dunkelheit. Gefolgt von deutlichem Würgen.
»… Übelkeit«, schloss Seiya süffisant. »Gepaart mit dem Verlust der Orientierung.«
»Großartig.« Shanija ging schneller.
Sie folgten dem Gang. Bald schon sahen sie, was As’mala mit »grünem Licht« meinte. An den Wänden entlang krabbelten Hunderte grünlich schimmernder Käfer, die den Tunnel schwach beleuchteten. Sie waren etwa handtellergroß und kümmerten sich nicht um die Eindringlinge. Gemächlich suchten sie sich ihre Wege. Der grobe und poröse Fels bot guten Halt. Als hätten diamantene Zähne sich durch ihn hindurchgefressen. Auch auf dem Boden liefen Käfer, die schnell davonhuschten, sobald die Frauen zu nah kamen.
As’mala stand schwankend in der Mitte des Gangs. Sie wirkte wie ein Seekranker in stürmischer See. »Bei Anamas Kehrseite – das war wohl doch zu viel von dem Zeug.«
Seiya stützte sie. »Du musst immer übertreiben.«
Die Schwerkraft war inzwischen wieder vollends hergestellt. Shanija wies ungeduldig nach vorn. »Los, weiter. Das sieht mir nach einem künstlich angelegten Tunnel aus, also wird er uns irgendwann an die Oberfläche bringen.« Der Gang wand sich stetig hinauf. Er beschrieb dabei mehrere krumme Biegungen. Shanija kam sich vor wie in den Minen eines verrückten Zwergenvolkes, das nicht geradeaus graben konnte.
Auf dem Weg durch
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