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hast dir doch erst heute Morgen eine dieser Knollen mitgenommen. Was ist an dem Zeug so Besonderes?«
As’mala hob unschuldig die Schultern. »Du kannst es in Sicheln aufwiegen lassen. Es hilft gegen ungewollte Schwangerschaft und ist exzellent im Geschmack. In manchen Stämmen des Nordens gilt es als heilige Delikatesse.« As’mala schnitt ein Stück von einer unscheinbaren braunen Knolle ab, die unter dem Strauch aus dem Sand hervorlugte. Sie strich die Sandkörner fort und steckte sich den Brocken genießerisch in den Mund.
Seiya kam ebenfalls zu ihnen. »Jajamknolle hat heftige Nebenwirkungen.«
»Ach ja? Und warum spüre ich dann noch rein gar nichts von dem Knollenstück, das ich zum Frühstück hatte?« As’mala zückte kauend ihr Messer und schnitt die restliche Knolle geschickt vom Boden ab. Sie verstaute die Pflanze in ihrem Gürtelbeutel.
»Weil deine Verdauung nicht mit deiner Fressgier mithalten kann. Du solltest …«
»Wir haben wichtigere Probleme«, unterbrach Shanija die beiden. »Ich schlage vor, wir gehen in diese Richtung weiter. Wir haben hier nirgendwo mehr Federn gefunden, und die letzte lag genau vor diesem Massiv.« Shanija machte sich langsam Sorgen, Pong endgültig verloren zu haben.
»Hoffentlich fällt es uns nicht auf den Kopf«, brummte As’mala.
»Offen gestanden will ich da nicht rein.« Seiya sah unbehaglich in das wabernde Weiß. »Als junges Mädchen habe ich eine Schauergeschichte über das Wolkenland gehört. Ein Land wie dieses hier, in dessen Nebeln schreckliche Monster leben.«
»Schauergeschichten.« As’mala grinste breit. »Damit erschreckt man Kinder.«
Shanija suchte im Nebel nach Bewegungen. Sie konnte keine ausmachen. »Oft steckt in den Geschichten und Legenden von Völkern ein wahrer Kern. Bleibt wachsam. Diese Welt ist nicht unser Spielplatz. Lasst uns hinüber zu dem Felsen gehen, der dort aus dem Nebel ragt. Vielleicht kann man von seiner Spitze aus etwas mehr erkennen. Irgendwo muss hier eine Siedlung sein.«
»Nach euch«, murmelte die Prinzessin. Sie drückte den Wanderstab fest an sich.
As’mala ging als Erste. Shanija beeilte sich, an ihre Seite zu kommen. Unter ihren Füßen wurde der Boden weicher, als würde sie auf einer Sanddüne laufen. Der Nebel um ihre Beine verdichtete sich. Bald waren alle drei Frauen bis zur Hüfte von den weißen Schwaden umgeben. Shanija sah sich aufmerksam und unbehaglich um und zog ein Schwert aus dem Waffengürtel. Sie wollte ihre Begleiterinnen nicht verunsichern, aber außer dem klammen Gefühl von Nässe gab es eine andere Wahrnehmung, die sie alarmierte: Eine starke Ausdünstung. Es roch nach Tier. Wie in einem Rattenkäfig, der nicht oft gereinigt wurde. Hier
lebte
etwas.
Inzwischen hatten sie die Hälfte des Weges zurückgelegt. Seiya rümpfte die Nase. »Der Nebel stinkt!«
Shanija überlegte, ob sie zurücklaufen sollten, doch selbst wenn der Nebel von Tieren bewohnt war, musste das nicht heißen, dass sie angriffslustig waren.
Eine Erschütterung des Bodens ließ Seiya aufschreien. »Was ist das? Ein Beben?« Sie suchte die Nähe von As’mala.
Ein Rumoren tief in den Eingeweiden des Sandes ließ Shanija stehen bleiben. Das Beben gewann an Stärke. Shanija lauschte und fühlte die Bewegungen unter sich. Sie näherten sich zielgerichtet. »As’mala! Seiya! Zur Seite!«
As’mala reagierte augenblicklich. Sie riss die Prinzessin mit sich und verschwand mit ihr im Weiß.
Shanija wich aus, ihr Schwert fuhr kampfbereit vor. Sie umklammerte es mit beiden Händen, auf alles gefasst. Was auch immer hier lauerte, mit größter Wahrscheinlichkeit war es ein Raubtier, das Beute gewittert hatte. Da brach es auch schon aus dem Boden, dick wie der Stamm einer Eiche. Shanija veränderte blitzschnell die Position ihrer Waffe. Wie ein gigantischer Aal schoss das Tier nach oben – genau in die Klinge hinein. Die Wucht des schweren Körpers ließ Shanijas Hände taub werden, aber sie umklammerte weiterhin die Waffe und ließ nicht locker. Das Untier brüllte vor Schmerz, durch seine heftigen Bewegungen riss es sich den Leib noch tiefer auf. Shanija musste ihre verkrampften Finger schließlich lösen, als sie den Halt verlor und beinahe mitgerissen wurde. Einen Moment lang erblickte die Frau das Wesen deutlich vor dem Steinmassiv aus dem Nebel emporragen. Ein riesiger Aal, durchsichtig wie Glas, bis auf die Blutbahnen und rot schimmernden Innereien. Knochen waren nicht erkennbar, nur harte Ringmuskeln. Aus dem
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