SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)
verschwunden, und Pong sah blasse Sternennebel im blauvioletten All.
Pongs Entführer, der schwarze Vogel, nutzte einen kräftigen Aufwind. Je höher sie stiegen, desto eisiger wehte der Wind um sie. Der kleine Drache hatte es aufgegeben, sich aus den scharfen Krallen des Federviehs winden zu wollen. Er war noch nie in einer solchen Lage gewesen und hoffte, dass Shanija ihn nicht aufgab. Dabei hatte sie ihn gewarnt, ihm gesagt, er solle seine kleinen Klauen von den Kristallen lassen! Doch der Glanz und das innere Feuer der Steine wirkten immer noch wie magisch auf ihn.
Pong flatterte kläglich mit den Flügeln. Wiederholt spuckte er mit Feuer nach dem Vogel, aber das vermaledeite Biest hatte seinen Kopf so unbarmherzig gepackt, dass der dünne Flammenstrahl nutzlos in der kühlen Luft verglühte. Wenn er erst frei war, würde er diesem elenden Vogel sämtliche Federn ausrupfen! Aber zunächst würden es auch ein paar tun. Er packte eine Feder in seiner Reichweite und rupfte hart daran. Erst nach drei Versuchen segelte das störrische Ding endlich zum ockerbraunen Boden hinab. Das Federvieh krächzte empört.
»Wenn du mich loslässt, hör ich damit auf, Süße!«, meckerte Pong. Er war sicher, das Biest über ihm war weiblich. So viel Tücke und Starrsinn konnte nur ein weibliches Geschöpf besitzen.
Das Flugwesen stieg höher, als wolle es direkt über die sinkenden Sonnen hinweg fliegen. Pong zog die wie Brauen gewölbten Barteln über seinen Augen zusammen. Vor ihnen schwebte auf einmal ein sechs Meter langer Brocken aus Stein, wie eine Insel im Abendhimmel. Ein einzelner Baum wuchs darauf, mit langen, kahlen Ästen, die bizarre Muster vor den blassen Sternen formten.
Sie flogen an dem seltsamen Gebilde vorüber und näherten sich einem fliegenden Land. Im schwächer werdenden Licht der Sonnen wirkte es wie mit Pastellkreide in den Äther gemalt. Anders konnte der kleine Drache es nicht beschreiben. Mitten in der violettblauen Luft breitete sich fester Boden aus: Stein und darauf Erde. Der Rand war kahl und felsig, doch tiefer hinein wurde das Land immer fruchtbarer – und war bewohnt. Rechteckige Wasserbassins funkelten zwischen vereinzelten Bäumen. Erste Bauwerke mit spitz zulaufenden Walmdächern, Balustraden und Dachreitern kamen näher. Grüne Flächen lagen unter ihnen: Sorgsam gepflegte Gärten mit blühenden Obstbäumen und bunt leuchtenden Blumenbeeten. Wasser glitzerte in Brunnen und steinernen Gräben. Ein Ort des Reichtums. Die Häuser sahen aus wie von Menschen gebaut. Verspielte, mit farbigen Mosaiksteinen verzierte Villen, mit Türmchen und Erkern. Von oben glich die Ansiedlung einer dekadenten Luxusstadt für Puppen. Pong konnte mit seinem fokussierenden Blick keinen Schmutz dort unten entdecken, nicht einmal ein kleineres oder krumm gebautes, ungepflegtes Haus. Die Pracht der Siedlung zeigte sich in ungetrübtem Glanz. Tatsächlich lebten Menschen hier, die Pong gelegentlich auf den mosaikbepflasterten Straßen entdeckte. Sie waren in bunte Stoffe gehüllt. In der Mitte des Ortes ragte auf einem karmesinroten Hügel ein goldener Palast in die Luft. Auf der Spitze der Kuppel streckte sich ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen dem Himmel entgegen. Er saß auf einer zusammengerollten Schlange.
Ein seltsamer Laut drang zu Pong herauf, ein hoher Vogelschrei, so kraftvoll, als würde er mit der Lunge eines Löwen ausgestoßen. Der Drache suchte nach dem Wesen, das dafür in Frage kam, doch er konnte aus der Richtung des Schalls nur geschlossene Gebäude aus Stein sehen. Vielleicht Stallungen.
Den schwarzen Vogel schien der unheimliche Schrei weder zu überraschen noch einzuschüchtern. In kollisionsverdächtiger Distanz glitt er über die goldglänzenden Zinnen hinweg. Pong musste die Klauen und den Schwanz nach oben ziehen, um nicht gegen die mit Blattgold verzierten Steine zu schlagen.
»Pass doch auf!« Der kleine Drache hängte eine Reihe derber Beleidigungen an, aber das half natürlich nichts. Der Flattermann war immun gegen Pongs Schimpftiraden.
Das hat das dämliche Vieh in den vergangenen Stunden bereits hinreichend bewiesen
, dachte Pong zornig.
Sein Entführer war hier anscheinend nicht gern gesehen, denn ein langer dünner Pfeil pfiff knapp an ihm vorbei. Pong stieß einen entsetzten Schrei aus. »Was machst du denn, du dummes Ding? Willst du uns umbringen?« Er wand sich in den Krallen. Das Miststück ließ nicht locker.
Der Vogel krächzte verärgert, als weitere Pfeile
Weitere Kostenlose Bücher