SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)
tropfend in die Stirn, die Luft in ihrer Brust war fast zu heiß zum Atmen, sie verbrannte sich geradezu den Mund daran.
Und schließlich lohte die Brücke weiß, und der Stein begann zu fließen. Erst zerschmolz die Brüstung in gleißendweißen Tropfen, dann taute es überall wie Eis in der Wüstensonne.
Seiya wusste, es war längst genug, diese Brücke würde für Tage unbegehbar sein – aber trotzdem hörte sie nicht auf. In ihr toste ein Flammensturm, und sie flog mit ihm, ließ ihn durch ihre Hände in die Welt hinaus – ihr inneres Feuer brannte höher, höher, sie sah schon nichts mehr außer den Flammen, züngelnd, leckend, brüllend, die immer weiter um sich griffen.
Sie konnte nicht aufhören. Sie wurde ihrer nicht mehr Herr.
Es machte Seiya Angst – aber nur einem Teil von ihr: Die andere, die Glut-und-Flammen-Seiya, ging darin auf, wollte ganz Feuer werden und zerstören.
»Seiya!« Pongs Stimme drang kaum durch das Gebrüll des Feuers. »Seiya! Hör auf, du musst aufhören!« Der kleine Gefährte wollte verzweifelt zu ihr durchdringen. Er flitzte an ihr auf und ab, gellte ihr ins Ohr mit seiner hellen Stimme, riss an ihrem Kragen und schließlich auch an ihrem Haar. Vergeblich. Seiya hörte ihn nicht auf ihn. Sie brannte einfach weiter.
Also tat Pong, was er tun musste: Er schlug ihr die Zähne und die Klauen bis aufs Blut ins Fleisch.
Ein weißer Pfeil stach durch Seiyas Arm. Der heftige Schmerz brachte sie zu sich selbst zurück. Sie schrie auf, schleuderte Pong von sich, doch das Feuer, das aus ihren Händen flackerte, versiegte. Seiya keuchte, zitterte, starrte Pong mit weit offenen, leeren Augen an.
»Was …«, wisperte sie mit trockenen Lippen. »Was hab ich getan? Ist … ist jemand … tot?«
»Mannomann!« Pong sauste mit schwirrenden Flügeln zu ihr, rieb seinen Kopf an ihrer Wange. »Niemand ist tot! Du hast nur den Stein etwas heißer gekocht, als nötig gewesen wäre. Doch das wird Aliandur aufhalten!«
»Stein …« Einen Lidschlag lang schien Seiya gar nicht zu begreifen, was um sie herum geschah. Dann aber ging es ihr plötzlich durchs Gesicht: »Der Entôum!«
»Genau, Mädel! Wir müssen uns sputen, jetzt oder nie!«
»Nein, Pong, du nicht. Du musst hierbleiben und Paxedis im Auge behalten! Und sorge dafür, dass der Hauptmann bei der Stange bleibt, ohne ihn ist alles verloren, dann geben die Kämpfer auf.«
»Mir wäre wohler …«
»Tu, was ich sage! Schwirr ab!«
Einen Blick noch auf die rauchende, tropfende, glutstrahlende Brücke, und Seiya rannte zurück in die Burg, zum Stadtarchiv, wo sie wie erwartet Carlim vorfand. Auch der Archivar schien nicht überrascht, sie zu sehen.
»Führt mich sofort hinunter!«, befahl sie ohne weitere Erklärung. Sie war erschöpft nach dem Ausbruch ihrer Psimagie, aber das musste sie jetzt durchstehen. Sie hoffte nur, dass sie unterwegs nicht zusammenbrach.
»Wie Ihr wünscht.« Carlim schlug die langen, weißen Wimpern nieder und drehte sich um. »Folgt mir, von hier aus gibt es auch einen Zugang.«
Seiyas letzter Blick zurück galt Thel-Ryon, ehe sie erneut hinabstieg in die Unterwelt der Stadt.
Der Geheimnishüter ging schnell, und Seiya folgte ihm leichtfüßig; ihre leichten Stiefel erweckten kein Geräusch aus dem eisernen Boden, ihre Arme, eng um den Leib geschlungen, hielten ihren Mantel fest, auch darin fing sich kein Laut. Nur der Perlenschmuck in ihrem Haar klingelte leise – aber was machte das schon, schließlich wusste der Entôum, dass sie kamen.
Wusste es vermutlich schon seit dem letzten Mal. Oder noch früher.
Immer schon.
8.
As’mala vergrub die Zähne in den Lippen, um nicht vor Enttäuschung und Wut laut zu schreien. Sie konnte sich nur mühsam zurückhalten, nicht aus ihrer Deckung hervorzupreschen und ihren Schmerz an die Quinternen weiterzugeben: Sie dafür zahlen lassen, was sie ihr antaten. Ihnen
allen
.
Nach all dem Entsetzen der letzten Entdeckungen war das jetzt kaum noch zu ertragen.
Das Mädchen Nur-Eins, das sich vor der Unterhaltung mit As’mala nicht bewusst gewesen war, ein Mensch zu sein, befand sich wieder voll in der Gewalt seiner Peiniger. Sie hatten irgendeine Gehirnwäsche mit ihm angestellt und
benutzten
seine Fähigkeiten jetzt, um Tod und Vernichtung über Less zu bringen. Mit elektronischen Waffen!
Doch sie durfte sich nicht gehen lassen, nicht impulsiv sein wie einst.
Genug jetzt, As’mala
. Sie bezwang sich selbst. Sie musste vorerst die Hoffnung aufgeben, Nur-Eins
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