Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
Vom Netzwerk:
das?‹
    So trug Joseph sich in Gedanken und ging durch die Nacht, ohne Richtung zu nehmen. Denn noch nicht wußt er, wohin.
    Da kam er, denkend und redend bei sich, bis vor das Feld, in dem die Zisterne lag. Und er sah’s, wich nicht anderswohin. Sondern schritt hinauf und lagerte sich beim morschen Baum, nah der Zisterne.
    Und krank und zerrissen lag er, als er dachte an sie und sich dachte: Sie hat es getan.
    Denn es waren wie Stimmen um ihn, die stritten, weil er das Offensichtliche sah, es aber nicht verdammen wollte, hängenblieb an der Frau – ›… die dich durchbohrt mit größtem Verrat, vergiß es nicht!‹ rief es ihm zu aus den Stimmen.
    Und mehrmals stand Joseph auf, endlich zu gehen. Den Wahnsinn des Zugemuteten, den Wirrsinn des bisher Gelebten, endlich mutig im Rücken zu lassen. Endlich neu zu beginnen!
    So rief es ihm überzeugend zu, als er einschlief.
    Kapitel 26. Der Engel
    Da träumte dem Joseph, er stünde nochmals auf dem Grunde des Abgrunds, des riesigen Tempels, von dem ihm geträumt in der zweiten Nacht seiner Flucht.
    Und da, im Traum, auf dem Grunde des Abgrunds, sah er nochmals, wie er sich bückte und, Gott im Rücken, den Hungrigen beiden, sich und IHM, Scherben las, die ersten des zerschlagenen Tiegels, den Gott ihn zerschlagen geheißen.
    Und Joseph sah hin und sah nochmals: den Tiegel in Scherben zerschlagen, zerschollen vor einer Nische am Ragebild Adams.
    Es trat aber, als er sich bückte, sie aufzulesen, eines zu ihm. Trat aus der Nische, noch sah er’s nicht.
    Und Joseph bestrich die scherbenen Ränder mit seinem haftenden Speichel. Und als er sie fügen wollte Seite an Seite, da trat hin vor ihn Einer, der war aus der Nische getreten am Ragebild Adams, als Joseph sich krümmte und ihn noch nicht sah.
    Und Joseph, den scherbenen Teil nun des Traums erinnernd, sah, was geschehen war damals und nun wieder geschah:
    Denn damals, im Traum, als Joseph sich krümmte, die Scherben zu lesen, da tritt aus der Nische am Ragebild Adams der Engel des Herrn.
    Tritt heraus, hin vor ihn, Joseph.
    Und der Engel stieß mit dem Bauch an die Stirn Josephs. Wie ein Fisch stieß er an, der dem Tauchenden stößt an die Stirn.
    Und Joseph hob auf seine Augen und sah den Engel, die Stirnstelle, wo er sie angestoßen, besetzen mit seinem Finger. Aber als setze er an zum Stoß hinab auf das Herz, stand der Finger des Engels auf Josephs Stirn. Aus dem Finger floß Wort:
    ›Ein Sohn ist dir aufgegeben von Gott. Du sollst ihn tragen. Denn wie Maria empfängt im Fleisch, so empfängt Joseph im Traum. Und wird ausgetragen im Fleisch und im Geist, denn beide sind Leben.‹
    Und Joseph gehorsamte dem Traum, den er aufnahm. Das heißt: nahm auf den Sohn und gab ihm den Namen des ersten, wie der Traum im Land der Vertriebenen ihn geheißen.
    Und erwachend bei der Zisterne bewahrte Joseph ihn bei sich, den Eingeborenen. Da fügten sich Seite an Seite die Scherben, die er Gott gelesen im Traum, und hafteten aneinander, die ersten der Arbeit.
    Denn Joseph kehrte nach Nazaret und nahm zu sich die Frau, Maria, und erkannte sie nicht, bis sie ihren ersten Sohn gebar.
    Und Joseph hieß seinen Namen Jesus.
    Kapitel 27. Das Landgut
    Es begab sich aber, nah an ein halbes Jahr nach der Geburt, daß Joseph vor Morgengrauen Kind und Frau küßte und loszog gen Sepphoris. Denn in der Stadt hatte er Arbeit in jenen Tagen.
    Er ging aber nicht den Weg, den er einst genommen, sondern mied im Bogen die Umgegend jenes Landguts des Römers, das am Pfad lag vor der Stadt.
    Und im Bogen gehend stieß er auf andere, die auch früh unterwegs waren, zu Markte zu tragen oder Arbeit zu finden. Und einige riefen sich zu, daß sie einander wiedererkannten. Denn die Sonne war noch nicht aufgestiegen.
    Joseph aber ging ruhig unterm Hin und Wider der Rufe, in Gedanken noch an den Sohn. Der hatte wach gelegen, als die Mutter noch schlief und Joseph sich nach dem Aufstehen zu ihm beugte.
    Da schloß sich nämlich, kaum berührt, die Hand des Kleinen um Josephs Zeigefinger. Und umgriff zum ersten Mal. So daß Joseph den Finger nicht wegzog, sondern wartete, und den Druck der kleinen Hand genoß und sie sich einprägen ließ seinem Finger.
    Und da er zeigte sein Gesicht überm Sohn, sah der auf zu ihm, immer noch haltend, strahlte, da der Finger des Vaters zwar zog, der umgreifenden kleinen Hand aber nicht mehr entkam, nur sie heraufzog ein wenig, nachzulassen wieder hinab, Besitz nun der Hand des Kleinen. Und Joseph schien’s, als würde er

Weitere Kostenlose Bücher