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Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset

Titel: Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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aber N. hat sich sofort zur Couch begeben. Die Hände fest auf der Brust gefaltet, liegt er da.
    »Wir wissen doch beide, dass es nicht so ist, Dr. Bonsaint«, sagt er.
    Ich frage ihn, was der damit meint.
    »Wenn ich nur die Tränensäcke loswerden wollte, würde ich entweder zu einem Schönheitschirurgen oder zu meinem Hausarzt gehen – der Sie übrigens empfohlen hat und sagt, dass Sie sehr gut sind – und ihn um was Stärkeres bitten als Ambien oder die grünen Mottenpillen. Es gibt doch sicher was Stärkeres, oder?«
    Ich äußere mich nicht dazu.
    »Soviel ich weiß, ist Schlaflosigkeit immer ein Symptom für was anderes.«
    Ich erkläre ihm, dass es sich nicht immer, aber doch in den meisten Fällen so verhält. Außerdem, füge ich hinzu, sind Schlafstörungen nur selten das einzige Symptom, falls es eine tiefere Ursache gibt.
    »Ach, andere Symptome habe ich haufenweise«, sagt er. »Schauen Sie sich zum Beispiel mal meine Schuhe an.«
    Ich schaue mir seine Schuhe an. Es sind Schnürstiefel. Der linke hat die Schleife oben, der rechte unten. Sehr interessant, versichere ich ihm.
    »Genau«, sagt er. »Als ich die Highschool besucht habe, war es bei den Mädchen Mode, die Turnschuhe unten zuzubinden, wenn sie fest mit jemandem gegangen sind. Oder wenn sie einen bestimmten Jungen mochten und fest mit ihm gehen wollten.«
    Ob er denn fest mit jemandem zusammen sei, frage ich ihn, um dieVerkrampfung etwas zu lösen, die ich an seiner Körperhaltung bemerke – die Knöchel der ineinander verschränkten Finger treten weiß hervor, fast als hätte er Angst, die Finger könnten davonfliegen, wenn er sie nicht mit einem gewissen Druck in Position hält -, aber er lacht nicht. Nicht einmal ein Lächeln entschlüpft ihm.
    »Über das Alter zum Miteinandergehen bin ich schon ein bisschen hinaus«, sagt er, »aber es gibt da was, was ich will.«
    Er überlegt.
    »Ich habe es damit probiert, beide Stiefel unten zuzubinden. Es hat nichts geholfen.Aber einer oben und einer unten – das bringt anscheinend was.« Er befreit die rechte Hand aus der tödlichen Umklammerung der linken und macht eine Geste, bei der sich Daumen und Zeigefinger fast berühren. »Ungefähr so viel.«
    Ich frage, was genau er will.
    »Dass mein Kopf wieder gesund wird. Aber wer seinen Kopf damit heilen will, dass er seine Schnürsenkel nach einer geheimen Highschool-Zeichensprache bindet … leicht angepasst an die eigene Situation … der muss doch verrückt sein. Und Verrückte sollten sich Hilfe suchen.Wenn sie noch einen Funken Verstand in sich haben – was ich durchaus für mich in Anspruch nehme -, dann wissen sie das. Deswegen bin ich hier.«
    Er schiebt die Hände wieder ineinander und sieht mich zugleich herausfordernd und ängstlich an. Auch Erleichterung liegt in seinem Blick. In seinen durchwachten Nächten hat er sich ausgemalt, wie es sein wird, einem Psychiater anzuvertrauen, dass er um seinen Verstand fürchtet. Doch jetzt hat er es hinter sich, und ich bin weder schreiend aus dem Zimmer geflüchtet, noch habe ich die Männer in den weißen Mänteln geholt. Manche Patienten stellen sich vor, dass bei mir im Nebenzimmer eine Horde solcher Weißkittel mit Schmetterlingsnetzen und Zwangsjacken lauert.
    Ich bitte ihn, mir ein paar Beispiele seiner aktuellen geistigen Beeinträchtigung zu nennen, worauf er die Achseln zuckt.
    »Der übliche zwangsneurotische Kram eben. Das haben Sie bestimmt schon hundert Mal gehört. Mir kommt es viel mehr auf die grundlegende Ursache an. Das, was im letzten August passiert ist. Ich dachte, Sie können mich vielleicht hypnotisieren, damit ich es vergesse.« Er schaut mich hoffnungsvoll an.
    Zwar sei nichts unmöglich, erwidere ich, aber Hypnose werde normalerweise eher dazu verwendet, dem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen, und nicht, um es zu blockieren.
    »Ach so«, sagt er. »Das wusste ich nicht. Mist.« Wieder wandert sein Blick hinauf zur Decke. In seinem Gesicht arbeitet es, irgendwie will er noch etwas sagen. »Es könnte nämlich gefährlich werden.« Er hält inne, aber es ist nur eine kurze Unterbrechung; noch immer spielen seine Backenmuskeln. »Was mir fehlt, könnte sehr gefährlich werden.« Wieder Pause. »Für mich.« Wieder Pause. »Und möglicherweise für andere.«
    Jede Therapiesitzung erfordert Richtungsentscheidungen. Sie besteht aus Abzweigungen ohne Wegweiser.An dieser Stelle könnte ich fragen, was so gefährlich ist, aber ich tue es nicht. Stattdessen erkundige ich mich

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