Super-Brain - angewandte Neurowissenschaften gegen Alzheimer, Depression, Übergewicht und Angst
klar werden. Wir haben, das war unser Ausgangspunkt, Ihnen nahegelegt, eine neue Beziehung zum Gehirn aufzubauen und auf diese Weise seine erstaunliche Komplexität zu meistern. Der beste Nutzer des Gehirns ist zugleich sein inspirierender Wegweiser. Wir hoffen, Sie sind dem Ziel, solch einer Rolle gerecht zu werden, inzwischen nähergekommen. Wenn dem so ist, gehört Ihnen die Zukunft. Dann wird Ihnen der nächste Sprung in der Evolution des menschlichen Gehirns gelingen.
Nach wie vor schwelgt die Neurowissenschaft in ihrem goldenen Zeitalter und ist regelrecht darin vernarrt, Bereichen von Hirnaktivität ein jeweils spezifisches Verhalten zuzuweisen. Ursprünglich ein fruchtbares Projekt, fördert es jetzt immer mehr Widersprüche zutage– kein Wunder, wenn man versucht, den menschlichen Geist auf einen physischen Mechanismus zu reduzieren.
Der Mensch ist keine hirngesteuerte Marionette. Doch die Neurowissenschaftler können sich darüber nicht recht schlüssig werden. In der aktuellen Forschung zur Drogenabhängigkeit beispielsweise ist man in Bezug auf den Schaden, den Kokain, Heroin und Methamphetamine an den Opiat-Andockstellen (Rezeptoren) im Gehirn hervorrufen, sehr konkret geworden. So heißt es in der Studie, dass Drogen einen bleibenden Schaden hervorrufen, der zu umso stärkerem Verlangen nach einer höheren Dosierung der betreffenden Substanz führt. Ab einem bestimmten Punkt wird kein Drogenabhängiger mehr high werden. Er oder sie hält die selbstzerstörerische Gewohnheit dann nur deshalb weiter aufrecht, um sich » normal « zu fühlen.
Abhängigkeit, dafür liefert dieses Bild einen eindringlichen Beleg, ist ein grausames Beispiel für einen hier in diesem Buch mehrfach angesprochenen Zusammenhang: Nicht der Abhängige macht von der Droge Gebrauch, sondern sie von ihm. Unter Bezugnahme auf die Studie erklärt nun mancher Experte, ein Ausstieg aus solch einer Abhängigkeit sei unmöglich, denn die toxisch wirkenden Substanzen hielten den Abhängigen eisern in ihrem Klammergriff.
Tatsächlich gelingt es aber manchen Menschen, von ihrer Abhängigkeit loszukommen. Sie konfrontieren sich mit dem verheerenden Zustand ihres Gehirns und schaffen es, ihm ihren Willen aufzuerlegen, indem sie sich sagen: » Ich kann davon runterkommen! « Häufig bleibt dieser Appell, den ein Mensch an sich selbst richtet, bloß ein frommer Wunsch, manchmal aber ist er von Erfolg gekrönt.
In solch einem Appell drückt sich nicht das Gehirn aus, sondern der Geist: In ihm bekunden sich Entscheidungsmöglichkeit und freier Wille. Da die beiden Letztgenannten nicht gerade die Lieblingskinder der Neurowissenschaft sind, haben wir in diesem Buch hart daran gearbeitet, ihnen zu neuer Anerkennung zu verhelfen.
Unser zweites Ziel bestand darin, höheres Bewusstsein glaubhaft zu machen. Es war für mich eine willkommene Chance, dabei mit einem brillanten Forscher zusammenzuarbeiten, da die Menschen unserer Zeit Erleuchtung als greifbare Möglichkeit zweifellos nur dann akzeptieren, wenn sich solch eine Aussage auf Fakten stützt. Die Fakten sind vorhanden, und zwar in Hülle und Fülle.
Wohin der Geist das Gehirn führt, dorthin wird es folgen, auch ins Reich des Göttlichen. Die subtilsten, ja nahezu schon unhörbaren Botschaften unter all jenen, die das Gehirn aussendet, verweisen auf das Göttliche. Millionen Menschen beherzigen solche Botschaften nicht, weil Stille im lärmenden Alltagstrubel leicht » überhört « werden kann. Obendrein wird es uns durch das ganze Wissenschaftsethos schwer gemacht, daran zu glauben, dass Gott– ein unsichtbares Wesen, das in der physischen Welt keine Spuren hinterlässt– real sein könnte.
Andererseits halten wir viele Dinge für selbstverständlich, die wir keineswegs als real ansehen würden, wenn wir ihre physische Sichtbarkeit zum Maßstab nähmen: Das fängt an bei Musik und Mathematik und reicht bis hin zu Liebe und Mitgefühl. Gott, das wurde mir nach Fertigstellung dieses Buches endgültig klar, ist kein Luxus und keineswegs eine Dreingabe zum alltäglichen Dasein. Der Mensch benötigt– jenseits der organisierten Religion, der so viele von uns den Rücken kehren– Bewusstsein als eine Quelle, auf die er zurückgreifen und an die er sich halten kann.
Ansonsten befänden wir uns in einer ähnlichen Lage wie Lois Lane in einer witzigen Szene aus dem ersten Superman -Film von 1978. Lois ist von der Spitze eines Wolkenkratzers gestoßen worden und stürzt in die Tiefe.
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