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Super-Brain - angewandte Neurowissenschaften gegen Alzheimer, Depression, Übergewicht und Angst

Super-Brain - angewandte Neurowissenschaften gegen Alzheimer, Depression, Übergewicht und Angst

Titel: Super-Brain - angewandte Neurowissenschaften gegen Alzheimer, Depression, Übergewicht und Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nymphenburger Verlag
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optimalen Zeitpunkt gegen Ende der Pubertät.
    Zu der Zeit, als die Neurowissenschaftler noch glaubten, das Gehirn sei eine feste, unveränderliche Größe, wurden Lernen und Evolution keineswegs gleichgesetzt. Wenn aber, während Sie lernen, Ihr Gehirn sich verändert, können beide Worte synonym gebraucht werden.
    Vor einiger Zeit war in der Presse die Geschichte von Timothy Doner zu lesen. Timothy, ein 16-jähriger Gymnasiast aus New York City, fasste 2009, nicht lange nach seiner Bar-Mizwa (dem Zeitpunkt, zu dem im jüdischen Glauben ein Jugendlicher aus religiöser Sicht volljährig und ein vollwertiges Mitglied der Gemeinde wird), den Entschluss, Neuhebräisch zu lernen. Ein Hebräisch-Lehrer wurde engagiert. Der Unterricht lief prima. Timothy diskutierte mit seinem Lehrer auch über die israelische Politik, was ihn auf den Gedanken brachte, Arabisch zu erlernen (das als eine der fünf schwierigsten Sprachen gilt, die es auf der Welt gibt). Daraufhin belegte er einen Hochschul-Sommerkurs in Arabisch.
    Weiter hieß es in dem Zeitungsbericht: » Nach eigenen Angaben benötigte er vier Tage, um das Alphabet zu erlernen, und nach einer Woche konnte er fließend lesen. Als Nächstes vertiefte er sich in die russische Sprache, in Italienisch, Persisch, Swahili, Indonesisch, Hindi, Ojibwa [6] , Paschtunisch, Türkisch, Hausa [7] , Jiddisch, Niederländisch, Kroatisch und Deutsch. Das meiste davon brachte er sich mithilfe von Grammatikbüchern und Flash-Karten-Anwendungen auf seinem iPhone bei. «
    Timothy fing an, in anderen Sprachen Videos online zu stellen. Bald darauf hatte er einen internationalen Fanklub. Er stellte fest, dass er polyglott war – jemand, der eine ganze Reihe von Fremdsprachen beherrscht. Noch eine Stufe weiter geht es bei Hyperpolyglotten, bei Menschen also, die ganz darauf fixiert sind, Dutzende von Sprachen zu erlernen. Inspiriert gefühlt hatte sich Timothy zu diesem sprachlichen Lernpensum durch ein Video von Richard Simcott, einem Hyperpolyglotten aus Großbritannien, der 16 Sprachen sprechen kann.
    Der Umstand, dass die Vorsilbe hyper, » übermäßig stark ausgeprägt « oder » exzessiv « , in diesem Buch so häufig auftaucht ( Hyperthymesie beim Gedächtnis, Hyperlexie beim Lesen, Hyperpolyglotte bei denjenigen, die Fremdsprachen erlernen), zeugt davon, an welch niedrig veranschlagten Normen wir das Gehirn nach wie vor messen. Allerdings besteht überhaupt kein Grund dazu, außergewöhnliche Leistungen als exzessiv zu bezeichnen. Denn dieses Wort lässt eher an etwas Absonderliches oder Verrücktes, vielleicht sogar Monströses denken. Vielmehr könnten wir uns– eine Auffassung, die wir beide teilen– zu einer neuen Norm hinentwickeln, die höhergesteckt ist als jede bisherige. Bewusste Evolution führt zum Superhirn, dem überhaupt nichts Absonderliches, Verrücktes oder sonst wie Abnormes anhaftet.
    Schwarze Flecken auf einem Blatt Papier hätten unsere in ferner Vorzeit lebenden Ahnen vermutlich vor ein unlösbares Rätsel gestellt. Dennoch war das Gehirn jener entwicklungsgeschichtlichen Frühform eines Homo sapiens bereits weit genug entwickelt, um die Entstehung der Sprache und des Lesens zu ermöglichen. Dazu brauchte es nur noch Zeit und den Aufstieg von Kulturen, die zu einer Sprachentwicklung und -erziehung ihren Beitrag leisten würden.
    Welche erstaunlichen Dinge werden wir Menschen wohl in Zukunft mit der größten Selbstverständlichkeit vollbringen? Und zwar auf der Grundlage eines Gehirns, das im Wesentlichen mit unserem jetzigen identisch ist. Bereits heute führen wir, verglichen mit Menschen, die vor zwei Generationen gelebt haben, ein Leben von damals noch unvorstellbarer Komplexität.
    Wessen Gesicht ist das?
    Konnte Timothy also die Grundlage einer neuen Sprache innerhalb eines Monats erlernen und sich darüber hinaus sogar in Hindi oder Deutsch einen passablen Akzent zulegen, dann zeigt uns diese Tatsache Folgendes: Ein zum optimalen Zeitpunkt trainiertes Gehirn kann, sofern es sich um eine dort bereits angelegte Fertigkeit handelt, einen Quantensprung vollziehen. Was genau aber ist in ihm eigentlich angelegt? Die Antworten auf diese Frage findet die Wissenschaft Schritt für Schritt, fast immer quasi als Nebenprodukt, das bei der Erforschung eines medizinischen Problems anfällt.
    Ein bemerkenswertes Beispiel dafür ist die Gesichtsblindheit, wissenschaftlich Prosopagnosie genannt. Manche Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg Kopfverletzungen davongetragen

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