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Super-Brain - angewandte Neurowissenschaften gegen Alzheimer, Depression, Übergewicht und Angst

Super-Brain - angewandte Neurowissenschaften gegen Alzheimer, Depression, Übergewicht und Angst

Titel: Super-Brain - angewandte Neurowissenschaften gegen Alzheimer, Depression, Übergewicht und Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nymphenburger Verlag
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Großhirn eine alles beherrschende Stellung ein. Bevor zwei Länder in den Krieg ziehen und ihre Städte gegenseitig bombardieren können, müssen diese Städte und die Bomben ja schließlich erst einmal gebaut werden– eine gewaltige Leistung, die deutlich macht, zu welchen Großtaten der Verstand fähig ist.
    Das Großhirn zeugt von der Ankunft des Selbstgewahrseins. Jedes der von uns angeführten Beispiele macht das Wort ich zum Bestandteil des Gedankens. Ich bezeichnet jenes bewusste Wesen, das sich des Gehirns bedient. Im Unterschied dazu bleiben die instinktive und die emotionale Phase des Gehirns in der Welt des Unbewussten. Gemeinhin gehen wir davon aus, tierische Intelligenz sei gänzlich unbewusst. Stets zur selben Mondphase im Mai krabbeln Königskrabben zu Zehntausenden ans Ufer der nordamerikanischen Atlantikküste, wo sie ihre Eier ablegen. Wie schon seit Hunderten Millionen von Jahren scharen sie sich also, aus den Tiefen des Ozeans kommend, dort an der Küste zusammen. Innerhalb der nächsten paar Tage taucht dann, seiner Wanderroute als Zugvogel folgend, der Knuttstrandläufer ( Calidris canutus rufa ) aus der Familie der Schnepfenvögel, an dieser Küste auf, um sich von den im Sand verstreut liegenden Eiern der Königskrabben zu ernähren.
    Die Knuttstrandläufer, kleine, braun und grau gesprenkelte, auf Stelzenbeinen behutsamen Schrittes laufende Vögel, verbringen den Winter Tausende Kilometer weit entfernt in Tierra del Fuego am anderen Ende von Südamerika, wo sie sich von winzigen Venusmuscheln ernähren. Kein Mensch weiß, warum die Knuttstrandläufer eine Strecke von rund 15 000Kilometern zwischen der Antarktis und der Arktis zurücklegen, wo sie ihre Jungen großziehen. Erst recht wissen wir nicht, wie es die Knuttstrandläufer gelernt haben, ihren Abflug gen Süden so zu terminieren, dass er exakt zum Zeitpunkt des letzten Vollmonds oder Neumonds im Mai stattfindet– genau dann, wenn die Eier der Königskrabben an den Stränden von Delaware Bay liegen und zur einzigen Nahrung werden, von der die Knuttstrandläufer während ihrer Zwischenlandung zehren. Das Ziel, zu dem die Knuttstrandläufer anschließend weiterziehen, die kanadische Insel Southampton Island, ist ein windiger, vegetationsloser Ort mit rauem, kaltem Klima, der ihnen praktisch keine Nahrung bietet. Die hochgradig fettreichen Eier der Königskrabben versetzen sie jedoch in die Lage, so satte Energiepolster anzulegen, dass sie überleben können. Dieses ganze Arrangement legt in all seiner Komplexität den Gedanken nahe, dass Instinkt nicht immer gleichbedeutend ist mit simpel oder primitiv. Der Instinkt kann Dinge zustande bringen, die unserem Geist große Rätsel aufgeben.
    Ist tatsächlich die gesamte Natur unbewusst? Oder gehen wir nur unserem Wunsch, der Natur solch ein Etikett anzuheften, in die Falle? Eines ist sicher: Beim Menschen verbindet die rationale Phase des Gehirns instinktive Triebe und Emotionen mit Erfahrungswissen. Falls ein Mensch unglückliche Erfahrungen macht, kann der Verstand versuchen, bessere Erfahrungen zu finden, oder er kann zu drastischeren Schritten greifen, solchem Leid, etwa durch Suizid, ein Ende zu setzen. Nietzsche hatte den zwar ernüchternden, doch von großem Scharfsinn zeugenden Gedanken vom Menschen als dem einzigen Lebewesen, das zum Leben ermutigt werden muss. Man kann dies auch auf eine positivere Art und Weise ausdrücken: Der Mensch ist nicht willens, sich von seinem Stammhirn Vorschriften machen zu lassen, selbst wenn es ums Überleben geht.
    Der mit Verstandeskräften begabte Teil des Gehirns arbeitet mit Logik und rationalem Denken, um achtsam und bewusst mit der Welt umgehen zu können. Während die instinktiven Gehirnfunktionen Sie zu einer natürlichen Reaktion veranlassen, die Ihnen so bereits in die Wiege gelegt wurde, verschafft Ihnen der rational arbeitende Teil des Gehirns die Möglichkeit, auf die vorgefundene Situation achtsam und bewusst einzugehen, eine Antwort auf die Situation zu geben. Und indem wir diese geben, nehmen wir auch eine Verantwortung wahr. Um verantwortlich auf eine wie auch immer beschaffene Situation eingehen, auf sie antworten zu können, muss man sie allerdings verstehen. Für die Reaktion gilt das nicht. Verstehen ist allerdings kein für sich allein dastehendes Geschehen. Vielmehr muss man sich in andere hineinversetzen, sich einfühlen. Man muss miteinander kommunizieren und verständnisinnige Beziehungen herstellen. Möglicherweise wäre

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