Super Nova (German Edition)
wissen durfte? Am Tisch war es totenstill geworden. Die beiden sahen sich immer noch an, ohne den Blick auch nur eine Sekunde voneinander zu lösen. Mir war klar, was sie taten, sie unterhielten sich auf ihre Art, mental, sodass ich nichts verstehen konnte. Lange, sehr lange sogar.
Ich kam mir vor wie ein dummes kleines Mädchen, das es nicht wert war, dass man mit ihm sprach oder es einweihte. Gekränkt verließ ich den Tisch und ging nach draußen zu den Hunden. Ich stand am Gatter und blickte die vielen Vierbeiner an, die Dog über all die Jahre aufgenommen hatte, und musste weinen. Wieso erzählte mir Shiva nicht, was er ihm gerade sagte?
Weshalb v erheimlichten mir beide so viel? Es tat unglaublich weh, in diesen Wahnsinn involviert zu sein, die Last der Schuld zu tragen, mit keinem normalen Menschen darüber reden zu dürfen, Familie und Freunden fernbleiben zu müssen und von den Einz i gen, denen man vertrauen konnte, ausgestoßen zu werden. Ich vertraute Shiva über alles. Warum nur behandelte er mich wie ein Kind? Weshalb rückte er nicht endlich mit der Wahrheit heraus?
Als ich die Tür knarren hörte, wischte ich mir die Tränen weg. Sie sollten nicht sehen, dass ich ihretwegen weinte. Ich hörte Schri t te, beide kamen auf mich zu und jemand umarmte mich – es war Dog. Es waren seine starken Arme, die mich hielten. Shiva hatte beide Hände in der Hosentasche und stand leicht abseits. Ich suchte seinen Blick, aber er sah mich nicht an. Er schaute auf den Boden, als er zu sprechen begann.
»Stella, ich muss jetzt gehen. Dog wird sich in Zukunft um dich kümmern. Du kannst ihm vertrauen, bei ihm bist du sicher …«
Ich nahm nur noch Gesprächsfetzen wahr. In meinem Kopf startete gerade ein Karussell und meine Knie fingen zu zittern an. Alles drehte sich und ich fühlte mich wie betäubt. In meinen Ohren begann es zu rauschen und vom Hals an abwärts spürte ich plötzlich gar nichts mehr.
Ich blickte benommen zu den Baumwipfeln, diese schwankten bedrohlich, aber vielleicht war ich auch diejenige, die schwankte. Ich wollte meine Tränen zurückhalten, doch das brauchte ich gar nicht – da waren keine Tränen. In mir fühlte ich die pure Leere.
»Gehen?«, flüsterte ich kaum hörbar.
»Ja, es ist besser so, vertrau mir! Dog wird dir alles erklären«, sa g te Shiva streng und sah mich noch immer nicht an.
»Zusammen können wir es schaffen, bestimmt! Ich tue auch a l les, was du sagst, und folge dir überallhin! Irgendwie schütteln wir sie schon ab«, unternahm mein Innerstes kläglich einen verzweife l ten Versuch, aber Shiva ging nicht darauf ein. Er drehte sich sogar von mir weg und blickte in das Dickicht des Waldes hinter uns.
»So geht es nicht weiter, Stella. Es wird zu gefährlich, wenn wir zusammenbleiben. Ich muss weg!«
»Du willst wirklich gehen und lässt mich alleine?«
»Nicht alleine, sondern bei Dog!«
»Und wenn sie mich kriegen? Was ist dann?«, wisperte ich und Shiva sah mich endlich an. Ich löste mich schwerlich aus Dogs Umarmung und trat Shiva zitternd gegenüber.
»Sie kriegen dich nicht! Ich habe dir schon mal gesagt, dass du stärker bist als sie. Du musst dich in den nächsten Wochen nur gut verstecken und solltest du dennoch auf sie treffen, denk an meine Worte: Du kannst dich ihnen widersetzen, sie haben keine Macht über dich, gar keine! Nur deine Angst macht dich schwach, die musst du bekämpfen! Siehst du einen Rava , dann dreh dich um und lauf weg, denn sie können dir nichts anhaben! Nur du musst gehen, weg von ihnen und unter Menschen. Dahin folgen sie dir nicht. Schlaf am Tag und sei wachsam in der Nacht, d u bist stark und ich weiß, dass du das schaffst!«
»Wie kannst du dir da so sicher sein?«, hauchte ich fast spöttisch und glaubte ihm kein Wort. »Es liegt in eurer Familie, ich weiß es einfach. Vertrau dir selbst und dem, was ich dir gesagt habe!«
»Was hat meine Familie damit zu tun?«, kam es mir in den Sinn, aber er winkte ab. »Ich muss jetzt los!«
»Los …? W ohin?« Meine Stimme geriet bei der Frage in eine h o he Tonlage. Wieder blickte Shiva zu Dog – das machte mich rasend. Warum weihten sie mich nicht ein?
»Es wird dir zu gefährlich, richtig? Du hast Angst und befürc h test, dass sie uns bekommen. Da gehst du lieber, ist es nicht so?«, setzte ich nach und hoffte, dass er mir widerspreche n würde, leider tat er es nicht!
»Ja, so ist es dann wohl. Ich wünsche dir alles Liebe und Gute, Stella!«, sagte Shiva und der
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