Superdaddy: Roman (German Edition)
Kampfruf hervorstieß: »Hashime!«
Max stand da mit zwei Riesenkoffern, Sporttasche, Laptoptasche und Rucksack. Ich hatte keine Ahnung, wie er das alles allein in den fünften Stock geschleppt hatte. Er lächelte mit zusammengepressten Lippen und zog die Augenbrauen hoch, ein Hundeblick, der um Verzeihung bat. Wie konnte ein intelligenter Mensch so trottelig aussehen?
»Darf ich?« Er wuchtete sich mit seinem Gepäckberg, der irgendwie an ihm verstaut war, über die Schwelle.
»Duuuu bist mein Glüüüücksbringer!«, sang Linus im Stile einer alten Operette. »Wegen dir darf ich die nächsten Tage unbegrenzt SPORE spielen. Sooo cool!«
»Du bist Lasse, stimmt’s?«
»Lasse??« Linus packte ihn am Kragen seines Mantels, drehte seine Schulter und stellte ihm ein Bein, so dass der arme Max wie ein Sack samt Gepäck zu Boden plumpste und sich verdreht auf unserem Flurlaminat wiederfand, Linus über sich, der ihn sogleich in den Haltegriff nahm. »Ich bin LINUS, kapiert?«
»Ah, Meister Lin«, ächzte Max. »Darf ich aufstehen?«
Linus fixierte ihn. »Zum Zeichen der Kapitulation musst du erst auf den Boden klopfen.«
»Wie oft?«
»Linus, bitte«, intervenierte ich.
»Dreimal!«, befahl Linus.
Max klopfte. Das war wirklich nett von ihm. Denn Max selbst hatte schon mit vierzehn den schwarzen Gürtel gemacht. Auch wenn man ihm das heute nicht mehr ansah.
»HABT IHR AUFGEMAACHT?«, brüllte Charlotte.
Linus grinste und ließ los. »Mama hat echt null Peilung. Ich zeig dir mal dein Zimmer.«
Lasse übte Geige. Max stand in der offenen Tür und lauschte.
»Bartók!«, staunte er. »Wie kann ein Fünfjähriger so was spielen?«
Lasse spielte weiter. »Ich bin sieben.«
»Oh, sorry.«
»Und es ist nicht Bartók.« Er kam zu einer besonders leidenschaftlichen Stelle.
»Nicht?« Max überlegte. »Kodály?«
Wie um ihm beim Rätsel zu helfen, spielte Lasse immer schneller und wilder.
»Janácˇek??«
Lasse spielte aus und setzt die Geige ab. »Ist von mir.«
Max fielen fast die Augen aus dem Kopf. Mit den Glubschaugen hätte er Komiker werden können.
»Wenn du eine ganz bestimmte Tonleiter benutzt«, erklärte Lasse, »klingt es sofort nach Bartók. Übermäßige Quarte, verminderte Septe. Das heißt lydisch.«
Er spielte ihm die seltene, von Bartók bevorzugte Tonfolge vor.
»Heftig«, staunte Max. »Echt krass!«
Lasse guckte ihn genervt an. »Du musst nicht reden, als ob ich ’n Baby wäre. Kannst ganz normal reden. Und du, Papa, geh doch mal raus.«
Ich verschwand. Und blieb hinter der Tür stehen. Ich musste hören, was Lasse sagte. Schwierig genug, so leise, wie er sprach.
»Papa sagt, du bist traurig und möchtest nicht allein sein.«
Wahrscheinlich stand er vor Max und guckte ihn mit seinen riesigen braunen Augen an. Vielleicht hatte er sogar seine Hand genommen.
»Stimmt«, sagte Max. Wieso gab er das zu? Bei mir gab er nie etwas zu.
»Deshalb geb ich dir gern mein Zimmer.«
Ich war nah dran zu heulen. Und hätte gern Max’ Gesicht gesehen. Wahrscheinlich lächelte er noch trotteliger als vorhin.
»Aber nur bis Donnerstag, verstehst du? Da ist schulfrei. Da brauch ich das Zimmer.«
»Wofür?«
Ich hörte etwas klappern. Er hatte etwas aus dem Schrank geholt.
»Wow«, sagte Max.
Was? Was war das?
»PHILIIIPP?«, brüllte Charlotte aus dem Wohnzimmer. »WAS IST MIT DEM ABENDBROT?«
Wie sollte ich antworten, wenn ich lauschen musste?
»Ist geheim«, flüsterte Lasse.
»Das ist echt von dir?«, fragte Max.
Er wunderte sich über gar nichts mehr. Wahrscheinlich hatte Lasse den Eiffelturm aus Streichhölzern nachgebaut. Oder seinen ersten Roman geschrieben. Auf Russisch.
»PHILIIIPP!«
Ich ignorierte sie einfach.
»Donnerstag bin ich verschwunden«, versprach Max.
»Länger halt ich Linus auch nicht aus«, wisperte Lasse. »Der nervt vielleicht. Der redet ununterbrochen!«
»Und du«, sagte Luna, griff sich eine grüne Paprika-Olive aus einem Glas-Schälchen und ließ sie in ihrem Mund verschwinden, »bist also der, der hier im Wohnzimmer seine Geliebte gevö… AAAUH!«
Charlotte musste ihr mit voller Wucht auf den Fuß getreten sein, der nur in einem Flipflop steckte. »Möchte noch jemand Rührei?«, fragte sie ungerührt. Wahrscheinlich wollte sie vor Max die Köchin raushängen lassen. Überhaupt behandelte sie ihn wie Prinz Charles. Dass ich sie hatte erpressen müssen, damit er hier vier Tage wohnen durfte, war ihr offenbar entfallen.
»Mama, ganz ehrlich«, sagte
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