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Superdaddy: Roman (German Edition)

Superdaddy: Roman (German Edition)

Titel: Superdaddy: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sören Sieg
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»Aber was soll das jetzt?«
    »Also«, Max faltete unschuldig die Hände, »Clooney hat auch Honderich gelesen. Und hat dann einem Dorf im Sudan eine ganze Filmgage gespendet. Davon haben die sich ganz moderne Brunnen gebaut. Eine Krankenstation. Schmucke Hütten. Alles ganz toll. Ihre Lebenserwartung schnellte in die Höhe. Und dann?«
    Luna fixierte ihn missmutig. »Wanderten sie nach Europa aus?«
    »Nee, nee.« Max riss seine braunen Kulleraugen auf. »Dann wurden die vom Nachbardorf ein bisschen neidisch. Und haben Clooneys Dorf überfallen. Und alle dort umgebracht. Weil sie auch in so einem schönen Dorf leben wollten.«
    Luna zog wieder den Rotz in ihrer Nase hoch. »Und was soll das jetzt beweisen?«, fragte sie. »Dass alle Afrikaner primitive Untermenschen sind?«
    »Äh, ich check das jetzt nicht«, sagte Linus. »Bei diesem Mengele: Was waren das für Todesspritzen?«

10
    Punkt acht hätte das Abendessen beendet sein sollen. Weil Luna aber nicht nachgelassen und sich in einen Furor hineingesteigert hatte, war es halb neun geworden. Linus hatte inzwischen schon Spore gespielt, Lasse hatte seinen Schachcomputer angeworfen, und es hatte mich eine halbe Stunde gekostet, die drei dazu zu bringen, das Geschirr in die Spülmaschine zu räumen, den Tisch abzuwischen und den Boden zu fegen.
    »Fegen?«, hatte Luna gesagt, als ob ich sie aufgefordert hätte, den Mülleimer auszulecken.
    Jetzt war es Viertel nach neun, wir saßen zu dritt im Wohnzimmer, Charlotte, Max und ich, sie redete über ihr Berufungsverfahren, und alles, was ich in der letzten Viertelstunde hatte sagen können, war: »Wein?« Ich verstand ja, dass es sie beschäftigte. Sie hatte es ins Hamburg-sucht-den-Superprofessor-Finale geschafft, mit sechsunddreißig. Aber sie quasselte gewohnheitsmäßig, wenn Freunde da waren, ohne mich auch nur anzugucken. Und außerdem flirtete sie mit Max, und das war albern, denn der richtige Moment, um Max zu verführen, lag sechzehn Jahre zurück. Und damals hatte sie sich für mich entschieden. Also warum saß sie so da: den Kopf schräggelegt, das rechte Bein in seine Richtung übergeschlagen und den Arm nach oben angewinkelt? Warum lachte sie auf, sobald er eine Bemerkung machte, dreckig oder quietschend, als sei er lustiger als Woody Allen und Luis Buñuel zusammen? Und warum leerte Max schon das zweite größere Weinglas von dem 2004er Barolo Romirasco, den er mitgebracht hatte, geschätzte dreihundert Euro die Flasche? Nein, ich war nicht eifersüchtig. Ich wusste nur: Max würde morgen um halb sieben aufstehen. Und bis abends weg sein. Und ich brauchte jetzt seinen Rat. Den er immer so lässig in Nebensätzen fallen ließ, wie Jesse James im Vorübergehen seine Gegner erschoss.
    »Charlotte, wir …«, begann ich.
    »Gleich, also wie gesagt: Nummer acht ist Wilhelmine Bleibtreu, kannst du vergessen, reine Empirikerin. Von der Fachhochschule Wilhelmshaven, ich dachte bisher, da gibt’s nur Aale. Die hat zum Beispiel rausgefunden, dass es in Schleswig-Holstein die meisten Nichtschwimmer gibt, Wahnsinnserkenntnis. Ich würde dazu gleich ’n ganzen Sonderforschungsbereich eröffnen! Und sie kann dir aus dem Kopf den Übergewichts-Koeffizienten von Prekariats-Kindern in allen alten und neuen Bundesländern aufzählen. Und rate mal, wo er am höchsten ist?«
    Max hatte gar nicht zugehört, er starrte sie nur an. Vermutlich hatte er im Kopf errechnet, bei welchem Alkoholpegel Charlotte zu welchen sexuellen Handlungen bereit sein würde.
    Max und Charlotte, Charlotte und Max. Würden sie ein gutes Paar abgeben? Mir fiel vor allem auf, was dabei fehlte: die Kinder. War das unser Fehler gewesen, die Kinder, so früh? Alle anderen fingen jetzt erst an, Nachwuchs zu zeugen, mit Ende dreißig. Sie mailten stolz Fotos ihrer Neugeborenen, während Luna schon strafmündig geworden war. Und wenn diese Neugeborenen Abitur machten, würden ihre Eltern schon in Rente gehen. Wir hatten das immer verachtet. Warum eigentlich? Wäre es nicht viel klüger gewesen, erst Karriere zu machen und dann ein Kind oder zwei – und nicht gleich drei? Heute kam man sich mit drei Kindern schon vor wie ein Südseehäuptling in Ostfriesland. Exotisch. Amüsant. Bemitleidenswert. Wären wir ein glücklicheres Paar geworden ohne die drei? Gab es überhaupt glückliche Paare mit Kindern? Fraßen Kinder nicht immer die Liebe zwischen ihren Eltern auf?
    »Charlotte«, versuchte ich wieder mein Glück, »Max und ich …«
    Die Wohnzimmertür

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