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Superdaddy: Roman (German Edition)

Superdaddy: Roman (German Edition)

Titel: Superdaddy: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sören Sieg
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gegeben, nur um ihn los zu sein. Denn da kam der Parkplatz. Er war immer noch frei.
    »Und dann haben wir einen Filmfonds mit dem neuen Film von Robin Williams. Verstehst du? Das ist so, wie wenn du auf eine Fußballmannschaft setzt, die in der 89. Minute 8 : 0 vorn liegt …«
    Ich musste jetzt auflegen. Oder noch einmal um den Block.
    »Markus?«, fragte ich etwas zu laut und blieb mit dem Grand Cherokee verkehrswidrig auf offener Straße direkt vor dem Parkplatz stehen.
    »Ja, ich hör dich! Vollkommen risikolos. Gib doch mal deine Adresse, ich komme gleich morgen früh …«
    Der Fahrer hinter mir hupte in einer Art und Weise, die klarmachte, dass er mich gleich umbringen würde.
    »MARKUS?«, rief ich sehr laut. Legte auf. Und parkte ein. Ein Glück, dass es immer noch schlechte Funkverbindungen gab. Ich brauchte dringend eine neue Handynummer.

3
    Ein Mann geht jeden Samstag zum Pferderennen. Und setzt immer auf dasselbe Pferd. Es hinkt etwas, und obwohl es alles gibt, kommt es immer als Letztes ins Ziel. Aber der Mann setzt weiter auf das Pferd. Unbeirrt. Eines Tages, erklärt er, werde es ihn reich machen. Die anderen schütteln den Kopf und lachen über ihn.
    Eines Tages kommt ein Tierarzt in die Stadt. Er entdeckt eine Scherbe in einem Huf des Pferdes und entfernt sie. Das Pferd wiehert vor Freude. Der Mann auch. Er setzt alles Geld, was er noch hat, auf das Pferd. Er ist der Einzige, der noch auf das Pferd setzt. Das Pferd gewinnt. Der Mann bekommt das Hundertfache seines Einsatzes. Das Pferd hat ihn reich gemacht.
    So musste Ines sich fühlen. Fünf Jahre hatte sie fast umsonst gearbeitet. Auf ein lahmes Pferd gesetzt. Und dann ging es aus wie im Märchen. Eine Million Klicks waren ein Märchen. Ich fand das Eisdielenmassaker auch witzig, jeder Vater kannte die Situation: Wir waren machtlos gegen unsere bettelnden Kinder und würden am liebsten die Eisdiele kurz und klein schlagen, aus Wut über ihre Dreistigkeit. Und unsere Inkonsequenz. Max hatte ein professionelles Filmteam bezahlt und eine schöne italienische Eisdiele gemietet. Und ich hatte die Phantasie wahr gemacht und die ganze Einrichtung zerdeppert, während meine Filmsöhne mir ungläubig dabei zusahen. Aber eine Million Klicks? Für einen No-Name-Comedian? Soziale Chemie nannte es Charlotte. Das Eisdielenmassaker wäre das kulturelle Spiegelbild des Neuen Vaters, der daran scheitere, mit seinem Kind befreundet sein zu wollen.
    Als ich an diesem Freitag endlich bei Ines ankam, war sie schon wieder in Höchstform. »Hammer, Philipp, Hammer! Du glaubst nicht, was die letzten drei Tage alles reingekommen ist.«
    Ines’ Grand Cherokee war dieses neue, lichtvolle Büro im CreativQuartier Winterhude: vierter Stock, vier Meter hohe Wände, Fußbodenheizung. Die bodentiefen Fenster gaben den Blick frei auf den Goldbekkanal, der unter der Bellevue- und der Fernsichtbrücke hindurch in die Außenalster floss. Alles in diesem Büro war weiß, so makellos weiß wie die demokratischen Prachtbauten in Washington, D. C.: Capitol, Weißes Haus, Jefferson Memorial. Und das passte, denn Thomas Jefferson hatte 1776 Ines’ persönliches Glaubensbekenntnis formuliert: Das Streben nach Glück, The Pursuit of Happiness, als das unveräußerliche Recht eines jeden. Ihr Glück lag in diesem Büro. In der Arbeit. Im Telefonieren. In den Terminanfragen, mit denen sie jonglierte. Höher, schneller, weiter. Dass Thomas Jefferson Sklaven gehalten hatte, wusste sie wahrscheinlich nicht. Aber auch das passte.
    »Zum Beispiel … äh, Björn, stellen Sie das bitte hier ab und bringen Sie noch etwas Sahne und Kandis, ja?«
    Björn war Ines’ neue Empfangsdame, ein hochgewachsener Kulturmanagementstudent in Tommy-Hilfiger-Klamotten, der hier sein Praktikum absolvierte, indem er mir ein Kännchen original ostfriesischen Sahnetee auf einem Meißner Stövchen servierte. Früher hatte ich als Nicht-Kaffeetrinker von Ines nach schwerem Seufzen einen lauwarmen Beuteltee aus Hongkong bekommen, der nach Mottenkugeln roch.
    »Wer alles eine Kolumne von dir will! Eltern , Men’s Health , Business Punk , GQ und – pass auf – Brigitte Woman! «
    Lipgloss, Bubikopffrisur, Push-up-Dekolleté – sie sah aus wie vor einem halben Jahr. Nur hundert Mal schöner. Und das lag nicht an dem Zweitausend-Euro-Kostüm von Jil Sander und ihrer gesünderen Gesichtshaut. Nein, es lag daran, dass der Erfolg sich für sie anfühlte wie eine Hundert-Meter-Riesenrutsche für Linus: Sie platzte vor

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