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Superdaddy: Roman (German Edition)

Superdaddy: Roman (German Edition)

Titel: Superdaddy: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sören Sieg
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einem anderen Niedersachsen.
    »Alter, das hat gerockt. Und die Eisdielennummer – soo witzig! Ich könnt mich wechschmeißen.«
    Der erfolgreichste Tourveranstalter der Republik trug ein HSV-Sportcappi, ein durchgeschwitztes C&A-Hemd und eine viel zu eng sitzende Jeans.
    »Ich mein’, das kennt jeder. Jeder hat so ’n Nervbolzen bei sich zu Hause. Das is deine beste Nummer, mein Lieber, deine beste Nummer! Mann, Mann, Mann …«
    Er juchzte, als würde er gleich durchdrehen beim bloßen Gedanken an das Eisdielenmassaker, und riss dabei seine ohnehin riesigen dunkelbraunen Augen auf. Er sah aus wie eine Mischung aus einem Bauarbeiter und einem Erdmännchen.
    »Und dann in Nienweser! Die sind sonst tot, verstehst du, tot wie ’ne Güllegrube – aber du hast sie geknackt. Das hab ich noch nich gesehn. Doch, einmal: bei Mike Krüger!«
    Wahrscheinlich hielt er das für das denkbar größte Kompliment. Von der Supernase zum Superdaddy.
    »Sorry, ich hab mich noch gar nich vorgestellt: Horst Brackwede. Aber für dich nur: Hotte!«
    Er zerdrückte meine Hand zur Begrüßung. Die Herzlichkeit der norddeutschen Tiefebene. Und erzählte übergangslos, wie er dazu gekommen war, die Touren für den bedeutendsten deutschen Rockmusiker rumänischer Herkunft zu organisieren.
    »Ich hab angefang als Rowdy beim Zwerg. Ich bring ihm ein Bier und sach: in zehn Jahren mach ich dein Tourmanagement! Und so war’s. Er macht NUR noch mit mir.«
    Ich hatte weder etwas mit rumänischer Rockmusik noch mit Mike Krüger am Hut. Ich wusste nicht, was in Ines gefahren war, die mit ihrem kunstvollen Ganzgesichts-Make-up neben Hotte aussah wie Queen Elizabeth neben Armin Rohde. Wozu brauchten wir einen Tourveranstalter? Um zwei Mal Provision zu zahlen? Hotte war noch weniger zu stoppen als Ines. Er hatte sich neben mich gesetzt und aus einer abgewetzten Ledertasche lauter zerknüllte Zettel herausgezogen, die er jetzt vor uns ausbreitete.
    »Erst mal geh’n wir in die 800er Hallen. Die kriegen wir locker voll. Noch ein, zwei Knaller wie das Eisdielenmassaker, und wir machen die 2000er.«
    Sein Tonfall hatte sich schlagartig verändert. Statt Stimmungskanone jetzt kalkulierender Geschäftsmann.
    »Ton und Licht mittleres Besteck. Bei 39 Euro Eintritt kannst du den Leuten nicht zwei Scheinwerfer von vorne bieten. Aber auch keine Videoleinwand oder Moving Lights …«
    39 Euro Eintritt? 800er Hallen? Bisher kamen eher so vierhundert Leute. Was hatte Ines ihm bloß erzählt?
    »Übrigens hab ich die Flossenbrauerei als Sponsor. Die hab ich immer im Boot. Die machen ’ne Sonderabfüllung: Saufen wie die Bosse – Superdaddyflosse!«
    Wenn es nicht zum Heulen gewesen wäre, hätte ich prustend unterm Tisch gelegen. Eine Brauerei sponsorte Familiencomedy. Und Ines hörte ihm zu, als habe er soeben für seine Ausführungen den Physik-Nobelpreis empfangen. Hotte Brackwede fuhr mit seinen rauchergelben Fingerkuppen über die Kalenderzeilen.
    »Also, im Februar drei Süddeutschland-Blöcke: Franken, Niederbayern, Schwaben. Die Franken sind stur, da machen wir in den ersten zwei Jahren Verluste. Aber nachher sind die so anhänglich, die fressen dir noch jahrzehntelang aus der Hand, kenn ich von Mike …«
    Langsam begriff ich, was hier vor sich ging: Ab Februar regierte nicht mehr Ines. Sondern dieser HSV-Fan mit den kleinen Zähnen. Den ich nicht mal zum Vorstellungsgespräch eingeladen hätte.
    »Moment, Februar, das geht so nicht«, ging ich dazwischen. »Am 16. hat Luna Geburtstag. Und am 29. hat Linus Bundeskletterwettbewerb.«
    Hotte richtete sich auf. Sein Blick kühlte sich ab. Er sah den Handschuh in den Ring segeln. »Und am 30. ist Elternabend, oder wie?« Er sagte es noch ganz freundlich, als hätte ich einen Witz gemacht. »Ich mein’, deine Frau is noch berufstätig, das weiß ich. Aber das Problem der Kinderbetreuung habt ihr doch gelöst, oder nicht?«
    Noch berufstätig. Sie war Professorin für Soziologie. Aber sollte ich diesem Mann aus Nienweser jetzt erklären, was Soziologie war?
    »Das ist doch gar nicht der Punkt. Diese Kindertermine hab ich bei Ines längst gesperrt.«
    Er blickte zu ihr, während sein Gesicht in einem staunenden Ausdruck erstarrte, festgefroren zwischen ungebrochener Fröhlichkeit und Entsetzen. »Äh, is das jetzt hier ’n Kindergeburtstag oder ’ne Geschäftsbesprechung? Ich rede von zwei Trucks mit zehn Mann, ich rede von einer Tour, was glaubst du, was da ’n Day off kostet? Oder zwei? Und dann noch

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