Superdaddy: Roman (German Edition)
Flughafen konzentrieren, um einen Weg ins Parkhaus zu finden, wenn wir Mr. Important noch erreichen wollten, bevor er auf die Seychellen flog. Und es war immer unfair, sich als Beifahrer mit dem Fahrer zu streiten. Mir standen momentan höchstens dreißig Prozent meiner Gehirnleistung zur Verfügung.
»Das große Geld, ja? Und wieso höre ich dann immerzu Verluste in Franken? Zwei Trucks, zehn Mann Crew? 14 000 Break Even?«
Sie schüttelte entnervt den Kopf. »Ja, wenn der Abend 14 000 kostet, müssen 350 Leute kommen, damit die Kosten gedeckt sind. Das ist Risiko!«
Sie strahlte, als sie das Wort aussprach. Sie war die geborene Unternehmerin, das musste ich ihr lassen. Wobei ich nicht ganz verstand, wie man auf 14 000 Euro Produktionskosten kam, wenn noch kein Cent Gage für mich eingerechnet war. Wozu brauchte ich Monstertrucks? War ich AC/DC?
»Aber wenn tausend Leute kommen, Philipp, machen wir 13 000 Euro Gewinn!«
»Tausend Leute? In einer 800er Halle?«
Sie seufzte. »Dann eben 800. Bleiben bei 40 Euro Eintritt immer noch 9000 Euro. Welches Kulturamt zahlt das?«
Ines’ Kopf war eine einzige Excel-Tabelle. Aber ich musste einen Weg zum Parkhaus finden. Ich konnte es schon sehen. Nur wo war der Eingang? Langsam arbeitete sich mein Hirn durch ihre Kalkulation.
»9000 … äh, Ines, wieso 9000? Wenn 800 Leute 40 Euro zahlen, sind das 32 000 Euro! Minus 14 000 Kosten bleiben 18 000, richtig?«
»Ja, und davon kriegen wir die Hälfte.«
Die Hälfte. Dafür hatte ich eine Agentin. Die von den 9000 noch 3000 abzog. Zeit, mein Veto einzulegen.
»Ines, sehe ich es richtig. Insgesamt kommen 32 000 Euro rein. Also der jährliche Staatshaushalt von Tansania. Und davon kriege ich, für den alle gekommen sind, 6000 Euro?«
Ines zog schon wieder den Lippenstift nach. Sie hatte das alles schon in zehn Varianten durchgerechnet. »Sieh an, der linke Aktivist. Philipp, das kriegt ein studierter Informatiker im Monat! Du verdienst das in zwei Stunden und darfst dir noch aussuchen, mit welchem Mädel du danach ins Bett gehst. Money for nothing and chicks for free.«
Mein iPhone vibrierte. Wahrscheinlich hing Linus gerade an zwei grünen Griffen. Der Boulder seines Lebens.
»Ich gehe nicht fremd, Ines. Und sorry, aber das ist der schlechteste Deal aller Zeiten.«
Sie strich sich mit der Hand über die Stirn. Meine Bockbeinigkeit begann, ihr Sorgen zu machen. »Der beste, der uns bislang angeboten wurde, Philipp. Denn das Risiko trägt ausschließlich Horst.«
Horst. War er ihr persönlicher Freund? Ging sie mit ihm ins Bett? Wo war ich bloß gelandet? Sie war so gutgläubig wie ein Kommunionsschüler, der zum Internatsleiter ins Schlafzimmer marschiert. Vielleicht hatte der ProSechs-Moderator doch recht gehabt, der mir nach der letzten Show empfohlen hatte, mich nach einem erfahrenen Agenten umzusehen. Ich selbst wäre nie auf so einen Gedanken gekommen, aus Dankbarkeit und Treue. Aber ich begann zu ahnen, dass ich mir diese Tugenden nur bis zu einem gewissen Grad des Erfolgs leisten konnte.
»Bleibt noch eine Frage«, sagte ich, während ich den Grand Cherokee auf die Einfahrt des Parkhauses zulenkte, das Symbol meiner persönlichen Freiheit, die grade den Bach runterging.
»Wieso glaubst du, dass im nächsten Februar in Tuttlingen, Ansbach und Ingolstadt achthundert Leute vierzig Euro zahlen werden, um mich zu sehen?«
Ines lächelte. Zum ersten Mal übrigens, seit ich den Audi 600 beim Ausparken demoliert hatte. »Dafür sorgt Überraschung Nummer zwei.«
6
Hamburg hat es als einzige deutsche Großstadt fertiggebracht, seinen Flughafen mitten in die Stadt hineinzubauen. Der Vorortflughafen in Kaltenkirchen ist in den 70er Jahren an ökologischen Bürgerprotesten gescheitert. Dafür wacht jetzt jeder vierte Hamburger mit einer Boeing auf und geht mit einem Airbus ins Bett. Sehr ökologisch. Bleibt nur die Frage, ob Hamburg eine Großstadt ist. Und ob es überhaupt deutsche Großstädte gibt – außer Frankfurt. Berlin ist ein Regierungsviertel, umlagert von Hartz-IV-Empfängern, Avantgardekünstlern und Hartz-IV-abhängigen Avantgardekünstlern. Köln ist ein Dom, umlagert von Alkoholikern und sehr schlechten Comedians. Stuttgart ist ein sehr hässlicher Bahnhof, umlagert von geizigen Spießern, die ihn unbedingt behalten wollen. Hamburg ist eine Touristenattrappe namens Reeperbahn, umlagert von HVV-Bussen, Kaffee-Lagerhäusern und leerstehenden Büros. Und München – na gut.
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