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Superdaddy: Roman (German Edition)

Superdaddy: Roman (German Edition)

Titel: Superdaddy: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sören Sieg
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abgesagt, ihre Kollegin hatte ich nicht erreicht, Charlottes Eltern waren auf Tahiti – und da hatte ich die Kleinen einfach mitgenommen. Was war mir auch übriggeblieben?
    »Lass doch bitte mal los, Linus.«
    Ein Glück, er gehorchte. Nicht, dass ich als der autoritätslose Schlaffi-Papa dastand, den ich auf der Bühne spielte. Jetzt sprang er an mir hoch. Und schnüffelte mit der Nase.
    »Papa, was stinkt hier so?«
    Natürlich Mandelsons filterlose Gauloises. Linus blickte Mandelson an. Der blickte seine Zigarette an.
    »Rauchen verursacht Krebs«, sagte Mandelson.
    »Warum rauchst du dann?«
    Die Sitte, Erwachsene zu siezen, ist irgendwie verlorengegangen. Linus und Lasse duzten alle Erwachsenen, einschließlich ihrer Lehrer. Mandelson grinste breit, ein Gefühls-Tsunami für seine Verhältnisse. Und ich betete zu Gott, dass Linus ihn nicht gleich nach seiner Sonnenbrille fragen würde.
    »Du bist Robbie, nicht wahr?«, sagte Mandelson.
    Linus schüttelte den Kopf. »So heiß ich doch nur in Papas Programm.«
    Mandelson nickte und wandte sich wieder mir zu. »Also, der Vertrag …«
    »Hallo?« Linus zupfte Mandelson am Jackett.
    »Ja?«
    »Warum trägst du diese Sonnenbrille?«
    Gleich würde ich ihn erwürgen. Diese Hemmungslosigkeit hatte er von Charlotte.
    »Weißt du was?« Er beugte sich zu Linus runter. »Die Leute glauben, ich spinne. In Wirklichkeit bin ich nur ziemlich lichtempfindlich.«
    Linus sah sich um. »In so ’nem dunklen Raum?«
    Mandelson bückte sich und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
    »Krass!«, staunte Linus. Wieso erfuhr er in zwei Minuten Dinge über meinen Geschäftspartner, die ich nie erfahren würde?
    »Und ich muss jetzt mit deinem Superdaddy reden, okay?«
    »Klar, Digger.«
    Linus setzte sich an meine Füße und umschlang meine Beine. Wo mochte Lasse sein? Spielte er irgendjemandem was auf der Geige vor? Oder rezitierte er Balladen von Heinrich Heine, die er neuerdings auswendig gelernt hatte?
    »Ist er nicht niedlich?«, lachte Ines.
    Mandelson beachtete sie gar nicht und ging ganz nah an mein Ohr, denn die Musik war plötzlich noch lauter gestellt worden. Es muss ein Gesetz dafür geben: Auf Feiern, wo alle zum Reden gekommen sind, muss die Musik so lange lauter gestellt werden, bis sich alle ins Ohr brüllen müssen. Tanzen tut trotzdem keiner.
    »Hier sind jede Menge Scouts, die dir gleich das Blaue vom Himmel versprechen werden. Wahnsinnsgagen.« Sein heiseres Timbre klang jetzt noch eindringlicher. Noch tiefer. Und noch leiser. Aber mein Gehirn hatte sich längst auf seine Frequenz eingestellt. »Aber wenn du bei denen die Quote nicht bringst, bist du nach zwei Sendungen weg.«
    Ich nickte. Klar, so waren sie, die Privaten. Vampire. Was sollte ich als Linker auch bei einem Privatsender?
    »Wir bauen dich auf, verstehst du? Du kommst in unsere Talkshows, wirst überall wiederholt, in der ganzen Senderfamilie …«
    In diesem Moment sah ich im Augenwinkel, wie der Gott der deutschen Fernsehunterhaltung mit meiner 14-jährigen Tochter flirtete. Vermutlich fragte sie ihn, warum er nicht neunzig Prozent seines Jahreseinkommens an Oxfam spendete. Er würde lachen und fragen, was Oxfam wäre. Und ihr eine Charity-Sendung anbieten.
    »Entschuldige«, unterbrach ich Mandelson, »ich muss mal nach den anderen beiden Kindern sehen.«
    Ich bahnte mir einen Weg zu Luna und hörte noch, wie Ines wieder ihren verbalen Regen auf Mandelson niedergehen ließ. Der Gott der deutschen Fernsehunterhaltung grinste mich frontal an, als ich ihn erreichte.
    »Na, du alter Kiffer?« Er bleckte seine Zähne. »Du hast diese Gören ja tatsächlich! Arme Sau.«
    »Danke.«
    Ich wollte ihm die Hand schütteln, aber er presste mich an seinen bulligen, von hundertzwanzig Sportarten gestählten Körper.
    »Ich musste deiner Lara …«
    »Luna.«
    »… grad erklären, was der Unterschied zwischen mir und Mengele ist. Ich hab gesagt: Ich bin viiiel schlimmer. Weil ich die Menschen verblöde. Und zwar millionenfach! Schließlich arbeite ich fürs Privatfernsehen!!!«
    »Und darauf sind Sie stolz?« Luna strich sich die Haare hinters Ohr. Sie hatte sich meterdick Kajal aufgetragen und sah so freundlich aus wie Marilyn Manson.
    »Klar«, sagte Gott und grinste. »Und jetzt muss ich mal deinen Papa entführen.«
    Er schob mich, ohne noch eine Sekunde zu verlieren, auf den Balkon. Wahrscheinlich war er mit Max zusammen im Vorstand des Bundes deutscher Zeitsparer. Der Balkon war leer, obwohl man von hier eine

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