Superdaddy: Roman (German Edition)
die mittlere Reife vergeigen, eine Lehre in der Gastronomie abbrechen und als Escort-Girl anfangen. Weil dieser Kiffer mit dem IQ von Oliver Pocher einmal Lust auf sie gehabt hatte.
Ich zeigte auf meine Uhr. »In spätestens drei Minuten sitzt du bei uns am Tisch.« Ich drehte mich um und ging den Flur zum Wohnzimmer runter. Ganz langsam. Der Familiensheriff.
»Und wenn nicht?«, rief sie hinterher.
»Lass ihn«, blökte der Gorilla.
»Wie bitte?« Luna schlug die Tür zu. Sie tat mir schon wieder leid. Einen Zweifrontenkrieg konnte sie so wenig gewinnen wie Wilhelm II.
Fünf Minuten später schlenderte sie ins Wohnzimmer. Und strahlte. Hatte er sie eben entjungfert? In fünf Minuten?
»Na endlich«, stöhnte Linus. »Ich komm zu spät zum Bouldern, weil der Typ sich an deinem Hals festgesaugt hat.«
Lasse starrte auf die kreisförmige rotgefärbte Stelle an Lunas Hals. »Was ist das denn?« Er sah hilfesuchend zu seinem Bruder.
»Twilight«, erklärte Linus.
»So«, sagte Charlotte. »Wir fangen an.«
»Allerdings«, sagte Luna. »Länger als ’ne Viertelstunde lass ich Chris nicht allein.«
»Ooh Chrissie!«, säuselte Linus wie eine dackeltröstende Omi, »fühlst du dich soooo allein ohne mich, duzi-duzi?«
»Ja, er weint schon«, sekundierte Lasse. »Chris hält es ohne Frauchen einfach nicht aus!«
»Ihr werdet’s nicht glauben, aber ich hab euch was Wichtiges zu sagen.« Ich blickte alle nacheinander an.
Linus stand auf und breitete die Arme aus. »Liiiiebe Gemeinde! Wir sind heute zusammengekommen, um, äh … um, äh …«
»Jetzt nerv nich’«, maunzte Luna.
Er zuckte mit den Schultern und setzte sich wieder.
»Es ist nämlich so«, ich zog meine Augenbrauen hoch, »es wird eine große Veränderung in meinem Leben geben. Also, in unserem Leben.«
»Du trittst nicht mehr auf«, sagte Lasse mit seiner ganz leisen, piepsigen Stimme. Er sagte es einfach. Er wusste es. Woher?
»Äh, wie bitte?« Luna verzog das Gesicht, als wollte sie es einer Knautschprüfung unterziehen.
»Ich bin zu dem Entschluss gekommen …«
Ich biss mir auf die Lippen. Ich sah in Linus’ Gesicht. Er war fassungslos. Er war die letzten acht Monate mit Lego Star Wars beschäftigt gewesen, mit Pflanzen versus Zombies , Spore und Warrior Cats , er hatte nichts gemerkt und mit nichts gerechnet.
»Ihr wisst ja, wie wichtig ihr mir seid. Und dass Mama jetzt die Chance ihres Lebens hat mit dem Sonderforschungsbereich.«
»Äh, Papa, tickst du noch ganz sauber?« Luna tippte sich an die Stirn. »Du willst uns doch nicht ernsthaft erzählen, dass du deine Fernsehkarriere aufgeben willst wegen uns? Und wegen Mamas Sonderforschungsbereich?«
Ich sah zu Boden. Schwieg. Und seufzte so schwer wie ein SED-Kader am 3. Oktober 1990.
»Und das heißt …« Linus’ riesige grau-blaue Augen füllten sich mit Tränen. »… dass du nicht mehr im Fernsehen bist?«
»Linus, es geht einfach nicht. Du bist zehn, Lasse ist acht.«
»Papaa!« Die Tränen liefen ihm in Strömen über die Wangen. »Das ist echt nicht fair. Erzähl mir nicht, dass du das wegen mir machst. Nicht wegen mir!«
»Das kannst du echt nicht bringen.« Luna schob sich eine Salzstange in den Mund. »Wieso nehmt ihr euch nicht einfach ’n ungarisches Au-pair-Mädchen? Oder ich pass auf die Kleinen auf.«
»Während du im Krankenhaus liegst?«
»Papa will für uns da sein«, piepste Lasse. Alle sahen ihn an. »Und das ist auch ganz toll, Papa. Du willst ein Superdaddy sein.« Er nahm meine Hand. Was war hier los? »Und Papa, das bist du auch. Aber jetzt, wo du es endlich geschafft hast, in diese Kiste da reinzukommen«, er deutete auf den Flatscreen, »jetzt musst du das vielleicht mal ein bisschen spielen. Nur so tun als ob!« Er umfasste meine Hand mit seiner zweiten.
»Lasse, wenn ich etwas hasse, dann sind es Typen, die so tun als ob.«
Linus schluchzte. Er lief um den Tisch rum und umschlang mich mit seinen Armen. »Ja aber Papa, wir waren immer so stolz auf dich!« Es schüttelte ihn. »Wenn du da … diese Treppe runterkamst, und …« Er nuschelte etwas.
»Was denn, mein Spatzl?«
Er drückte sich an meine Brust und nuschelte weiter in mein Hemd. Götz George hätte es nicht unverständlicher bringen können. Ich strich ihm über den Kopf.
Luna gähnte. »Papa, das geht gar nicht. Vergiss es. Zur Not muss Mama eben ihren Scheiß-Forschungsbereich sausen lassen. Sie kann doch einfach Professorin in Hamburg bleiben. Reicht doch, oder?«
»Das
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