Superdaddy: Roman (German Edition)
könntest du überlegen, Mama«, sagte Lasse. »Ich meine, du könntest auch mal was für Papa tun, oder? Und für uns?«
Linus stockte, er hielt inne mit Schluchzen und drehte sich um. »Ja, was ist damit, Mama?« Er wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. »Ist das denn überhaupt schon fest mit Bielefeld?«
Charlotte schüttelte energisch den Kopf. »Papa hört ja nicht einfach bloß auf«, erklärte sie. »Er kriegt dafür richtig, richtig viel Geld. So viel, dass …«
Luna verankerte eine besonders wilde Strähne hinterm Ohr. »Mama, was’n das jetzt für’n Argument? Am meisten verdient Papa wohl immer noch, wenn er weitermacht!«
Charlotte räusperte sich. »Ja, aber jetzt bekommt er wahnsinnig viel Geld dafür, dass er aufhört.«
Lasse strich mir über den Kopf. »Papa?«
»Ja?«
»Willst du aufhören?« Er sah mich an, er wollte es wirklich wissen. Seine Wimpern waren so unendlich lang, solche Wimpern hätte ich immer gerne gehabt.
»Ich will bei euch sein.«
»Lieber als im Fernsehen?« Linus zog den Schnodder in seiner Nase hoch.
»Ihr spinnt doch«, sagte Luna. »Da kannst du gleich fragen: Möchtest du Brot oder Butter? Stift oder Papier? Lampe oder Glühbirne? Schüssel oder Löffel?«
»Luna, wir ham’s verstanden«, knurrte Charlotte.
»Nee, anscheinend nicht«, polterte Luna. »Glaubt ihr, ich möchte ’ne Hausfrau zum Vater? Mama, DU bist die Feministin, jetzt sag doch mal was! Was passiert mit dem Selbstwertgefühl von Hausfrauen?«
Der Große Preis fiel mir wieder ein, meine früheste Fernseherfahrung. Immer, wenn eine Kandidatin ihren Beruf als »nur Hausfrau« umschrieben hatte, hatte Wim Thoelke gedonnert: »Nur? Wieso nur? Das ist ein ehrenwerter und sehr anspruchsvoller Beruf! Ein riesiger Applaus, bitte!«
Riesiger Applaus. Die Kandidatin war rot geworden. Meine Mutter auch. Und ich war stolz auf meine Mami gewesen. Die Nur-Hausfrau. Und nun tat ich es ihr gleich? Passierte das jetzt gerade?
»Es ist doch schon alles gelaufen.« Charlotte trank einen Schluck Rhabarberschorle. »Papa kriegt die Abfindung, und Hubi kriegt die Sendung.«
»HUBI?« Luna tickte fast aus. »Hubi-Arschloch? Das kann nicht sein. Nein, ihr verarscht uns! Papa, nicht Hubi-Arschloch? Papa??«
»So, und jetzt sag ich euch mal was«, ich wurde etwas lauter. »Und das hat schon Konfuzius gesagt und Augustinus und der Dalai Lama und Winnetou.« Lasse hielt immer noch meine Hand, und Linus hielt mich immer noch umschlungen. »Man zahlt für alles im Leben einen Preis. Als Bundeskanzler bist du mächtig. Aber du hast keinerlei Privatleben. Bei mir ist es umgekehrt. Ich habe euch. Und Charlotte. Und das bezahle ich mit meiner Karriere.«
Die Kinder sahen mich an, als hätte ich den Realitätssinn von Margot Honecker.
»So ist das«, bekräftigte ich. »Ich habe lange darüber nachgedacht.«
Linus löste seine Arme von meinem Hals. »Ich hab’s«, sagte er. »Wir stimmen ab. Wer ist dafür, dass Papa weitermacht? Und Mama mehr auf uns aufpasst?«
Alle drei streckten die Arme in die Luft. Linus sogar alle beide.
»Tja, Mama, dumm gelaufen«, feixte Linus. »Ade Sonderforschungsbereich!«
Charlotte sah mich an. Ihre Augen wurden feucht. Mir konnte sie widersprechen, meine Argumente kleinreden. Bei den Kindern schaffte sie das nicht. Aber was würde sie daraus machen? Ich sah sie an. Die Kinder sahen sie an. Es war ganz still, bis Luna eine weitere Salzstange durchbrach. Charlotte sagte nichts. Sie wollte nicht. Sie wollte einfach nicht. Keine Chance. So war sie. Meine Frau. So hatte ich sie mir ausgesucht. Und daran würde sich auch in hundert Jahren nichts ändern. Weder durch Paartherapie noch durch Lasse, Linus und Luna.
»Und ein Au-pair?«, piepste Lasse.
Ich verschränkte die Arme hinterm Kopf. »Glaubt mir«, ich versuchte, überzeugend zu klingen, »es ist die beste Lösung.«
Linus sah mich grimmig an. »Na toll. Ihr seid so ätzend!«
Er rannte in sein Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu. Er würde sich auf sein Bett werfen, sich in seine Star-Wars-Bettwäsche einmummeln und damit seine Heulgeräusche abdämpfen.
»Ihr seid echt so crank.« Luna nahm alle Salzstangen auf einmal und ging langsam um den Tisch herum zur Tür. Ihr Gang hatte sich verändert. Wackelte sie mit dem Arsch?
Lasse hatte Schatten unter den Augen. In sein Gesicht war eine Mischung aus Sanftmut und Trotz gemalt. In Zeitlupe erhob er sich und pustete die Kerze auf dem Tisch aus. »Papa. Denk einfach noch
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