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Superdaddy: Roman (German Edition)

Superdaddy: Roman (German Edition)

Titel: Superdaddy: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sören Sieg
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entschied mich für die letzte.
    »WAS IST MIT DIR? WAS TUST DU FÜR UNSERE KINDER?«
    »Sag mal, spinnst du?« Ihre Stimme war ein leises Fauchen.
    Der Japaner glotzte mit offenem Mund, wie auf einem Zahnarztstuhl. Wahrscheinlich schoss ihm durch den Kopf, was er seiner Frau schon immer an den Kopf werfen wollte. Und nie an den Kopf werfen würde.
    »Charlotte, für das, was du dir von mir wünschst, brauche ich DICH, meine Frau! Kapiert?«
    Charlotte schloss die Augen und schluckte.
    Aber ich war noch nicht am Ende. »Hast du dir ein einziges Mal überlegt, welches Konzept von Weiblichkeit und Männlichkeit WIR für richtig halten? Und ob das, was du tust, fair ist? Mir alles zu überlassen mit der tollen Begründung, alles, was ich täte, sei überflüssig? Als könnten die Kinder auch ohne Eltern aufwachsen? Ohne Gutenachtlied und Wadenwickel und Zahnfee?«
    Sie sah mich erschrocken an. Und biss sich auf die Lippen. »Nein, ich weiß.« Ihre Unterlippe zitterte. »Du bist die beste Zahnfee der Welt, Philipp. Du bist ihre Krankenschwester und ihr Sorgenonkel und ihre Vorleseomi.« Eine Träne rann über ihre Wange. »Du bist wirklich ein Superdaddy. Hab ich dir das schon mal gesagt?« Ihre Tränen versauten ihr Make-up. Gleich musste ich selbst heulen. »Doch, das bist du«, sprudelte sie fort. »Und ich wäre gerne eine Supermama. Aber Philipp, ich …« Sie legte ihre Arme auf den Tisch, suchte meine Hände, ergriff sie mit den ihren und sah mich hilfesuchend an.
    Was kam jetzt: Ein Angebot? Ein Happy End? Nach sechzehn Jahren?
    »Ich … ich habe dafür einfach kein Talent!« Sie drückte meine Hände ganz fest. »Kein Talent, verstehst du?« Die Tränen liefen und liefen, sie benetzten ihr ganzes Gesicht.
    Wann hatte ich sie das letzte Mal so heulen gesehen? Ich glaube, bei Lunas Einschulung.
    »Kannst du mir das verzeihen? Ich …«, sie schluckte, »ich krieg’s nicht besser hin, Philipp.«
    Ihre Finger waren ganz kalt. Wie erfroren. Ich umfasste sie. Ich wärmte sie. Und mein Herz wurde dabei so weich wie Dr. Augusts Vanillepudding. Aber Charlotte, dachte ich, du musst es doch gar nicht so hinkriegen wie ich. Du müsstest es nur überhaupt tun. Das würde mir schon reichen. Aber wie sollte ich ihr das sagen?
    »Weißt du was?«, sagte sie mit leiser, brüchiger Stimme. »Mach es. Lass es. Fernsehen ist sowieso scheiße.« Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und verteilte dabei die Mascarareste über ihre Wangen. »Aber knöpf ihnen wenigstens eine Million ab. Versprochen?«

8
    »Luna, kommst du?«
    Keine Antwort. Durch die Kunststofftür mit dem Fight-Gentrification! -Plakat säuselte nur James Blunt, der meistgespielte Sänger auf amerikanischen Beerdigungen. Wenn ich als Sänger so eine Statistik läse, würde ich mich schon fragen, was ich falsch gemacht habe.
    »Luna?«
    Ich klopfte bereits zum vierten Mal. Wieder keine Antwort. Luna hatte sich mit Chris in ihr Zimmer eingesperrt. Wie lange hatte sie auch darauf warten müssen?
    »Luna!!«
    Chris. Ein Jahr lang kannte ich nur den Namen. Und dann das. Meine einzige Tochter hätte wirklich jemand Besseres verdient gehabt als diesen Muscle-Shirt-Jungen mit Rastalocken und an den Knien hängenden Jeans. Die Löcher, Risse und Gebrauchsspuren hatte die Firma bereits vorgefertigt, was die Hose besonders hochwertig machte. Nicht mal ein Schanzentupamaro oder Graffiti-Künstler, nein, einfach nur der klassische Sitzenbleiber, der ein Jahr älter ist als die anderen Jungs. Er probierte jetzt in Ruhe alle Mädchen der Klasse durch, weil er sich darauf verlassen konnte, dass die anderen alle nicht wussten, wie’s ging. In der Liebe setzte der höchste IQ aus, ich wusste das. Ich sollte tolerant sein. Ich würde ihm gleich eine reinhauen.
    »Luna?«
    Ruckartig öffnete sie die Tür. »Sag mal, was bist ’n du für ’n perverser Spanner?«
    Chris räkelte sich mit gespreizten Beinen auf ihrem Sofa. Auf dem von mir bezahlten Sofa. Es fühlte sich an wie ein verdorbener Apfel im Magen.
    »Luna, es ist zehn nach.«
    Sie schloss die Augen und stöhnte. »Wir kommen gleich.«
    Sie wollte die Tür schließen, ich hielt mit der Hand dagegen. »Luna, DU kommst. Das ist eine Familienbesprechung.«
    Ihr Gesicht verzog sich zu einem faltigen Ausdruck des Leidens. »Äh, geht’s noch?«
    »Chris geht. Oder wartet hier.«
    »Chris kommt mit. Er ist mein Freund, verstehst du?«
    Ich verstand vollkommen. Bald würde sie Marihuana rauchen, in der Schule absacken,

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