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Superdaddy: Roman (German Edition)

Superdaddy: Roman (German Edition)

Titel: Superdaddy: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sören Sieg
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Wittler?«
    Wir guckten uns mit gespieltem Entsetzen an. Das würde ich nachher nicht durchhalten. Ich würde einfach geradeaus gucken.
    »Nein«, erwiderte ich, »DU!«
    Stille.
    »ICH«, brüllte Hubi. »Haalloo! Habt Ihr Valium gefrühstückt?«
    »Finale ab«, knarzte der Aufnahmeleiter.
    Ein Lehrbuch-Finale. Die Band rockte, zehn Go-go-Girls tanzten herein und hoben Axel im Konfettiregen hoch, während er grimassierte wie Mirco Nontschew auf Ecstasy, und zwanzig als Indianer verkleidete Kindergartenkinder jagten mich mit Tomahawks aus dem Studio.
    »Lass dich nicht vertreiben!«, schrie Norbert mir durch den Lärm zu. »Weich ihnen aus, schüttel sie ab. Das soll zwei Minuten Minimum dauern!« Ich schlug gehorsam Haken und sprang über Stühle, während kleine, klebrige Finger an meinen Klamotten zerrten. Entwürdigend. Warum noch wehren, wenn man schon verloren hatte? Im Schach kapitulierte man einfach.
    »Ein Rabbi und ein Priester gehen im Hochsommer zusammen spazieren. Brütende Hitze.«
    Axel und ich saßen in der Maske, einem fensterlosen Raum mit großen Spiegeln, und Axel hatte vorbereitungslos begonnen, mit seiner tiefen, soften Privatstimme einen Witz zu erzählen.
    »Sie kommen an einen See. Sagt der Rabbi: ›Lass uns reinspringen.‹ Sagt der Priester: ›Schön und gut, aber ich hab keine Badesachen dabei.‹«
    Er lag fast waagerecht auf dem mit schwarzem Leder gepolsterten Schminkstuhl und ließ sich das Gesicht pudern. Seine Maskenbildnerin war traumschön: lange, glatte, weißblonde Haare bis über die Brüste, hellbraune Augen mit langen schwarzen Wimpern, hautenger schwarzer Pulli, lässig-weite Army-Hose und hochhackige schwarze Stiefel. Um den Hals eine Loop-Tuch-Kombi aus dicker schwarzer Wolle, und dann noch diese Lippen – aufgespritzt? Sie musste aus Russland sein. Offenbar genoss sie es, Axel zu pudern, sie tupfte ihren Pinsel sehr langsam und sorgfältig erst in ihren Farbkasten und dann auf seine grobporige Haut, während ihr feuchtrosa geschminkter Mund leicht geöffnet blieb, nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt.
    »Sagt der Rabbi: ›Egal, springen wir so rein, wie Gott uns schuf.‹ Also, sie ziehen sich aus, schwimmen eine Runde, und genau in dem Moment, als sie rauskommen …«
    Meine Maskenbildnerin kam, ihrem Akzent nach zu urteilen, auch aus dem tiefen Osten. Aber sie war zwanzig Jahre älter, hatte ihre rotbraunen Haare verschämt zum Pferdeschwanz gebunden und trug einen Ethno-Rock mit Blumenmotiven, den sie vermutlich auf einem ukrainischen Flohmarkt gekauft hatte. Ihre Brille hatte sie nach oben geschoben, und beunruhigt stellte ich fest, dass es sich um eine Weitsichtbrille handelte. Das heißt, dass sie auf kurze Entfernung nichts sah. Vielleicht war deshalb ihre Wimperntusche am linken Auge verschmiert.
    »… kommt eine Schulklasse am See vorbei. Der Priester schlägt sich schützend die Hände vor den Schritt, und der Rabbi …«
    Mein iPhone vibrierte. Ich bewegte meine Hand zu meiner Hosentasche.
    »Nicht bewegen«, flüsterte meine Maskenbildnerin, die gerade meine unteren Lidränder schminkte. Ganz langsam tastete ich dennoch nach dem Gerät, das mich mit der Außenwelt verband.
    »Herr Kirschbaum-Vahrenholz!«
    »Was macht ihr denn da?«, wies Hubi uns zurecht.
    »Weiter, weiter!«, flötete seine bildhübsche Russin.
    »Also, der Rabbi schlägt die Hände vors Gesicht. Da sagt der Priester: ›Aber Mosche, warum verdeckst du nicht deine edelsten Teile?‹«
    Ich blickte seitlich aufs iPhone. SMS von Charlotte.
    habe hubi im vorspann gesehen. ich halts nicht aus.
    »Sagt der Rabbi: ›Na ja, ich weiß ja nicht, wie es bei dir ist, aber mich kennen sie vom Gesicht!‹«
    Die Barbie-Russin klappte fast zusammen, sie japste nach Luft und drehte sich einmal im Kreis. Meine Weitsichtige dagegen hob nur einmal kurz einen Mundwinkel hoch. Ich hätte sie am liebsten geheiratet.
    »Bist du jetzt endlich mal fertig?«, ranzte er seine Blonde an.
    »Gleich.« Sie hyperventilierte immer noch. »Wie köstlich. Vom Gesicht!«
    »Fertig«, sagte meine Maskenbildnerin. Ich musterte mich. Es sah ziemlich künstlich aus. Genau genommen sogar sehr künstlich. Aber ich brachte keine Kraft zum Protestieren auf. Vielleicht würde es nachher im Fernsehen ja genau richtig aussehen. Hoffentlich. Ich nahm das iPhone und tippte:
    charlotte, das kommt vier wochen zu spät.
    Ich stand hinter einem Paravent und blickte auf die Bühne, wo Larissa einem Vater in hellblauem

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