Superdaddy: Roman (German Edition)
nicht. Erstens hast du keine PR-Assistentin. Und Theresa weiß das. Und zweitens stammelst du nicht. Das kannst du gar nicht.«
»Stimmt, ich war arschcool. Deswegen hat sie’s auch geglaubt. Also hör mal, ich kann meine Ehe nicht aufs Spiel setzen. Ich brauch dein Wohnzimmer. Wie wäre es nächsten Dienstagvormittag?«
»Max, du verdienst etwa hundertmal so viel wie ich. Warum geht Ihr nicht in ein Hotel?«
Er räusperte sich. »Philipp, sag mir bitte einfach: Klappt es am Dienstag?«
Max hatte die Kunst perfektioniert, mich wie eine lästige Fliege zu behandeln, sobald ich seine Pläne zu durchkreuzen drohte. Oder eine Minute mehr in Anspruch nahm, als sein Zeitplan vorsah.
»Max, ich … es ist halb zwei, ich warte seit Stunden auf Charlotte, und ich möchte wenigstens kapieren, was los ist. Selbst wenn du sie auspeitschen willst, wieso geht das nicht im Hotel?«
»Es geht um ein Rollenspiel. In einer Privatwohnung. Ich muss jetzt auflegen. Kann ich eintragen: Dienstag zehn bis dreizehn?«
Ich versuchte nachzudenken. Dienstagvormittag. Die Kinder waren in der Schule. Charlotte gab ein Seminar. Ich musste meine Kolumne und das neue Programm schreiben. Aber dazu konnte ich auch in die Staatsbibliothek fahren.
»Ja, äh«, stotterte ich, »ich denke … ich hab zwar den Timer jetzt nicht da, aber …«
»Ich schenk dir mal ’n iPhone. Da stünde das jetzt drin. Ich bin Dienstag um zehn da, du gibst mir den Schlüssel, verschwindest und kommst um eins wieder. Abgemacht?«
»Äh, wieso brauchst du …«
Es war zu spät. Ich stotterte wie benebelt und konnte nicht mehr denken. Er würde ohnehin recht haben. Er hatte immer recht. Es hatte keinen Sinn, sich gegen Max zu wehren.
»Danke. Ciao!« Klick. Er war weg. Aber beim Wort ›Danke‹ hatte er gestrahlt, das hatte ich genau gehört.
Viertel vor zwei. Worauf hatte ich mich da bitte eingelassen? Und vögelte Charlotte gerade diesen Bernhard? Bestimmt nicht. Aber Theresa würde auch nicht glauben, dass Max es mit Lucy trieb. Und was bitte tat eine Frau mit einem Mann nachts um zwei in seiner Wohnung? Aus Spielerei, aus Trunkenheit, aus Langeweile? Punkt drei für unsere Paartherapie. Und wenn es so war, würde ich als Rache das tun, was Charlotte mir seit Jahren unterstellte: Ich würde mit Ines schlafen. Ich ging in die Küche und holte mir ein Glas Rotwein.
Mein drittes Glas Dornfelder. Ich war nach dem zweiten schon betrunken gewesen. Ich wollte nicht betrunken sein. Ich wollte keinen Rotwein trinken. Es gab nichts Perfekteres auf der Welt als einen perfekten Rotwein. Und genau das war das Problem. Zwei von drei Kabarettisten waren Alkoholiker. Eine Berufskrankheit wie bei Journalisten und Chirurgen. Und deshalb verbot ich mir, einen schönen Cabernet Sauvignon zu kaufen, ich kaufte gar keinen Wein und musste deswegen jetzt diesen süßlichen Dornfelder trinken. So einen Drei-Euro-Wein, den ein geiziger Veranstalter mir mal nach der ersten Zugabe in die Hand gedrückt hatte, um auch noch mal auf der Bühne zu stehen. Ich vertrug nichts mehr, drei Gläser waren schon zu viel, aber je heißer mir wurde, je verschwommener mein Blick, umso klarer wurden meine Gedanken. Ja, ich sah jetzt alles klar wie auf einer grünen Wiese. Wieso wartete ich immer, während Charlotte genau das tat, was ihr gefiel? Punkt vier für unsere Paartherapie.
Ich brauchte einen Plan. Ich würde mit Ines schlafen. Das hatte mehrere Vorteile. Erstens wollte ich sowieso mit ihr schlafen. Zweitens würde sie mir dann die Sache mit der Villa verzeihen. Drittens war sie zehn Jahre jünger als ich. Viertens ging ich sonst nie fremd. Erst recht nicht mit Fans, deren Bewunderung mir unglaublich auf die Nerven ging. Fünftens würde sie sich dann noch wieselartiger um meine Karriere kümmern. Sechstens war sie Single. Und siebtens würde ich es niemals hinbekommen. Never. Weil sie mir in den fünf Jahren, die sie für mich arbeitete, denkbar fremd geblieben war. Ich konnte nicht mit einer Frau ins Bett gehen, die To-do-Listen führte und Wörter wie superspannend oder superhappy benutzte. Die freiwillig den Focus las und die RAF nur aus dem Film von Bernd Eichinger kannte. Wenn Ines jemals ein Kind haben würde, dann würde sie es Sophie-Yvette nennen und nichts dem Zufall überlassen: ökologischer Cranberry-Rucola-Brei, frühkindliches Tae-Kwon-Do, Takahashi-Geigen-Methode, katholisch-altsprachliche Grundschule, Genfer Elite-Internat, Georgetown University. Das Leben, das sie sich
Weitere Kostenlose Bücher