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Superhirn Sammelband

Titel: Superhirn Sammelband Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ulrici
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diese Melonen waren weder grün, türkis-oder orangefarben und gelb. Auch eine gewisse typische Eierschalenfarbe, wie sie an afrikanischen Melonen zu sehen ist, war nicht vertreten. Die Schalen sämtlicher Früchte – von welcher Form und Sorte sie auch immer waren – zeigten ein unnatürliches Waschpulver-Weiß.
    Gérard riß die Augen auf: »Nein, die hab ich noch gar nicht gesehen. ich – ich meinte nur das grelle Licht. Das Flimmern. Aber diese Dinger da …«
    Neben dem Marktstand lehnte ein dürrer Mann an einem Karren. Er hatte den Strohhut lief in der Stirn, und sein Kinn war herabgesunken, als schliefe er im Stehen.
    »Ist das der Melonikus?« wisperte Micha, »Der Verkäufer? Wir wecken ihn am besten mal und fragen …«
    Plötzlich tauchte eine Frau in einer graßgrünen Kittelschürze hinter dem Karren auf. Sie blickte erst auf den reglosen Mann, darin auf das Brett mit den Früchten.
    »Nur ein paar Stunden bin ich mal auf dem Festland«, rief sie erbost. »Nur ein einziges Mal laß ich dich mit den Melonen allein auf den Markt – und dann das!«
    Der Mann kam mit einem erschrockenen Schnarcher zu sich, schob den Hut zurück und bewegte den Kopf zwischen der Frau und den Früchten hin und her.
    »Was – was ist denn … ?« fragte er krächzend.
    »Na sieh doch!« fuhr ihn die Frau an. »Da hat dir einer einen Streich gespielt, während du besoffen vor dich hingedöst hast! Die Melonen sind mit Schiffs-Weiß übergossen worden! Los, pack sie in den Karren, sonst verlieren wir die Lizenz. Mach schon! Tu sie erst mal runter vom Brett! Eine Plane drüber! Eil dich! Eil dich … !«
    Henri wandte sich an Tati und die Jungen:
    »Weg hier!« raunte er. »Da stimmt was nicht. Dreht euch nicht um! Mit dieser Sache haben wir nichts zu tun!«
    Die Gruppe drängte mit ihren Einkaufsbeuteln und dem Pudel aus dem Marktgewühl heraus. Den anderen voran, strebte Henri auf ein Gartencafé zwischen mannshohen Hecken zu.
    »Ach ja! Jetzt 'ne große Portion Eis!« rief Micha hoffnungsvoll. Das Zauberwort »Eis!« ließ sie die geisterbleichen Melonen vergessen. An den kleinen, runden Tischen auf dem perlmuttschimmernden Unter917und zerstampfter Austernschalen saßen um diese Zeit nur ein paar Männer, die, offenbar in Betrachtung ihrer Seelen, an Kaffeetäßchen nippten.
    Der Zwergpudel Loulou kroch unter einen Stuhl und knupperte Waffeln mit ein paar Klecksern sahne. Tati und die Jungen löffelten eine Weile schweigend ihre Riesenportionen »Pistazie«, »Himbeere«.
    »Zitrone«, »Vanille«, »Schoko«, »Nußcreme« – gemischt oder »einfach«.
    »Also – farbenblind bin ich nicht!. grinste Gérard. »Als Fußballer habe ich noch immer die gelbe von der roten Karte unterscheiden können.«
    Bedächtig legte Henri den Löffel hin. Noch bedächtiger – als gelte es, einen Schnauzbart zu reinigen – wischte er sich mit der Papierserviette die Lippen. Dann sagte er, wobei er jedes Wort betonte:
    »Seit wann gibt es schneeweiße Melonen? Die Dinger hat keiner angemalt oder mit Farbe überschüttet. Nicht mal unreife Melonen sehen wie Gletscherbrocken aus. oder züchtet man neuerdings Melonen am Südpol? Aus nichts als superweißem Hartschnee?«
    Niemand antwortete. Denn eben jetzt entwickelte sich eine komische Szene am Rande des Marktes. Ein langer, dürrer Mann hatte sich vor einen Karren gespannt, als sei er sein eigener Esel – oder auch das Maultier der Frau, die zeternd neben dem Karren herlief und ihn antrieb.
    »Der Melonikus mit seiner Frau!« rief Micha. »Die Frau hat's aber eilig, die Geisterfrüchte wegzuschaffen!«
    »Sie hat alle Hände voll zu tun, das Zeug zu bedecken, damit es keiner sieht«, fügte Henri hinzu.
    »Aber – halt – jetzt will der Mann nicht weiter! Er streikt – oder besser: er bockt!«
    Wirklich stellte der torkelnde Melonikus den Karren auf den Deichselsteg und nahm seine Flasche vom Gürtel. Doch da fiel die hintere Wagenklappe herab, und drei oder vier Melonen rollten über das Pflaster. Die Frau lief den geisterbleichen Früchten nach. Sie schrie, als gälte es, Zeitzünderbomben aufzuhalten. Zwei Melonen trug sie selbst zum Karren zurück. Die dritte erwischte ein Polizist und brachte sie ihr arglos nach.
    Ehe Tati, Henri, Prosper und Gérard es richtig begriffen hatten, sahen sie Micha an dem Marktpärchen, dem Polizisten und dem Karren vorbeisausen, gefolgt von Loulou. Der Mann und die Frau stritten noch, und der Beamte versuchte sie zu beschwichtigen, da war Micha

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