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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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eine hektische Suche nach Informationen aus, die er
während des folgenden Fluges in Leitartikeln, persönlichen
Kommentaren und Essays verarbeitete. Ins Netz stellte er das alles,
sobald das Schiff in einem System ankam, das über
Breitbandverbindungen zum Universum da draußen
verfügte.
    Frank gähnte und schenkte sich noch eine Tasse Kaffee ein. Er
hatte zu wenig Schlaf und allzu viel Rum und Whisky genossen und
würde einen ganzen Arbeitstag brauchen, um sich auf die Ankunft
in Neu-Dresden vorzubereiten. Septagon hatte so viele Verbindungen
nach außen, und es wurde so viel darüber berichtet, dass
es eigentlich wenig Sinn machte, dort an Land zu gehen: Das System
verbreitete von sich aus jede Menge Informationen. Aber Neu-Dresden
lag jenseits der ausgetretenen Pfade und war infolge der langfristig
wirkenden Katastrophe, die ihren Anfang im Moskauer System genommen
hatte, unmittelbar gefährdet. Wenn er dort ankam, hatte er vier
völlig verrückte Tage vor sich, angefangen damit, dass er
mit der ersten verfügbaren Kapsel für Leute mit
Vorzugsstatus hinunterfliegen würde. Und sicher würde er
den Aufenthalt damit beenden, in letzter Minute zum Boarding-Tunnel
zu hasten. Während dieser Tage würde er Artikel abschicken,
die er unterwegs verfasst hatte, Material sammeln, das ihm in den
nächsten zwei Wochen Stoff für Features liefern würde,
und alles Übrige erledigen, um das er sich zu kümmern
hatte.
    Er hatte sich den Flugplan angesehen und festgestellt, dass er
für den Transfer jeweils zwei Stunden und fünfzehn Minuten
brauchen würde. Okay, das bedeutete, dass ihm letztendlich
dreieinhalb Tage dafür blieben, wie eine verrückte
Schmeißfliege herumzuschwirren – ein Journalist, der mit
bedingter Aufenthaltserlaubnis auf das viel versprechende Feld
diplomatischer Scheiße losgelassen war, immer mittendrin. Nur
gut, dass Neu-Dresden, was Pharmazeutika betraf, keine restriktive
Politik verfolgte. Denn wenn er das alles hinter sich gebracht hatte
und wieder in seiner Kabine war, würde er sich die heftigste
Mischung von Amphetaminen einverleiben müssen, die ein
Journalist je genossen hatte. Denn genau das hatte man sich verdient,
wenn man in drei Tagen vier Kontinente, acht Städte, drei
diplomatische Empfänge und sechs Interviews abzudecken versuchte
– aber: c’est la vie.
    Als sein Bauch gefüllt und die Kaffeekanne leer war, schob
Frank den Stuhl zurück und stand auf. »Wann legen wir
ab?«, fragte er beiläufig ins Leere.
    »Start soll in knapp 2000 Sekunden beginnen«, erwiderte
das Schiff sanft, das ihm die Auskunft direkt ins Ohr
übermittelte. »Der Übergang zur Nutzung des
Raumkrümmungsgenerators an Bord wird mit der Raumstation
synchronisiert, das Abkoppelungsmanöver erfolgt also nicht im
freien Fall. Die Beschleunigung bis zum Absprungspunkt wird noch
einmal rund 192.000 Sekunden in Anspruch nehmen. Bis zum Sprung
funktionieren alle Breitbandverbindungen nach Septagon. Haben Sie
weitere Fragen?«
    »Nein, danke.« Dass das Informationssystem des Schiffes
im Voraus geahnt hatte, was er hatte fragen wollen, war ihm ein
bisschen unheimlich. Das verdammte Ding muss wohl ins Eschaton
eingestöpselt sein, dachte er beunruhigt. Bei allen
Überlegungen, was man durch Experimente mit künstlicher
Intelligenz erreichen konnte, gab es doch gewisse Grenzen, jedenfalls
für jeden geistig gesunden Menschen. Schon wegen des kleinen
ethischen Problems. Denn jede funktionierende K.I. konnte mit Fug und
Recht verlangen, wie eine Person behandelt zu werden. Normalerweise
reichte diese Tatsache schon aus, die wagemutigere Fraktion der
Wissenschaftler in ihrem Forschungsdrang zu bremsen, selbst wenn das
Eschaton ihnen nicht gerade die Pistole auf die Brust setzte. Doch
manchmal wunderte sich Frank über die Emergenz komplexer
Systeme, beispielsweise über das auf die Passagiere
ausgerichtete Kommunikationssystem des Schiffes. Irgendwie kam es ihm
seltsam vor, dass eine Maschine, mit der er noch nie zu tun gehabt
hatte, seine Gedanken erriet.
    Geistesabwesend und ohne seine Umgebung richtig wahrzunehmen,
schlenderte er über das Promenadendeck der Ebene C. Während
der Tagschicht wirkte Deck C ganz anders als bei Nacht, wenn die
Gänge abgedunkelt waren. Auf beiden Seiten boten elegante
Schaufenster aus Diamantglas Einblicke in Boutiquen, Geschäfte,
Schönheitssalons und Studios zur Körperpflege. In
regelmäßigen Abständen waren hier sogar ganze
Bäume zu finden, die geschickt in Wandnischen

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