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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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echter Tinte
auf Papier verfasst. Und sie besagen, dass der Empfänger dieser
Anweisungen alle Zollunterlagen vernichten und das System zur
Überwachung von An- und Ausreise zerstören soll. Allerdings
soll er eine Kopie von allem in einfacher Ausfertigung mit nach Hause
bringen. Und, falls nötig, jeden umbringen, der den Anschein
erweckt, die Sache mitbekommen zu haben. Obwohl ja nicht viel
für einen Augenzeugen sprach, da man die Beamten vom Zoll und
von der Einwanderungsbehörde schon sechs Monate früher
abgezogen hatte. Aber der Mann in der Toilette trug
Uniform…« Sie schluckte.
    Frank merkte, dass er die Finger so fest in die Sofalehne gegraben
hatte, dass das weiche Leder aufzuplatzen drohte.
»Zollunterlagen?«, fragte er sanft. »Wer hat Ihnen
aufgetragen, mir diese Informationen zu übermitteln? Ihr
Freund?«
    »Hermann«, erklärte sie, ohne die Miene zu
verziehen. »Mein Patenonkel aus dem Märchenland. Also gut,
mein reicher Onkel.«
    »Hm.« Er bedachte sie mit einem langen, kühlen
Blick. Ist sie verrückt? »Diese
Nachricht…«
    »Ach, Scheiße.« Sie winkte ab. »Ich kann
nicht gut lügen«, gab sie schuldbewusst zu.
»Hören Sie, ich brauche Ihre Hilfe. Hermann hat gesagt, Sie
wüssten schon, was zu tun sei. Diese… äh… Er
sagte, diese Leute, die Leute, die den Beamten ermordet haben, halten
nach jedem Ausschau, der ein Augenzeuge gewesen sein könnte. Der
tote Mann wird als vermisst geführt, während der
Evakuierung wollte niemand mehr zurückgehen und nach ihm suchen.
Diese Leute«, sie holte tief Luft, »nein, irgendjemand wollte mich vor ein paar Tagen überfallen. Oder mir noch
Schlimmeres antun. Aber ich bin entkommen. Die suchen nach mir, denn
der Sicherheitsdienst des Schiffes ist noch einmal zur Raumstation
zurückgekehrt und hat mich dort gefunden. Also bin ich die
einzige Kleinigkeit, die noch zu erledigen ist. Und jetzt, wo sie
nicht mehr so in Panik sind wie während der Evakuierung, wollen
sie die ganze Sache ein für alle Mal hinter sich bringen.«
Verwirrt brach sie ab.
    »Oh.« Oh, sehr gut, Frank, sagte er sich voller
Sarkasmus. Wie überaus beredt du dich mal wieder
ausdrückst! Er schüttelte den Kopf. »Lassen Sie
mich rekapitulieren: Sie sind also nicht allein. Vor der Evakuierung,
unmittelbar davor, sind Sie in Ihrer Raumstation auf irgendetwas
gestoßen. Etwas, das Sie für wichtig halten. Und jetzt
versucht Ihrer Meinung nach jemand, Sie umzubringen. Deshalb sind Sie
auf dieses Schiff geflüchtet. Ist das im Wesentlichen richtig
zusammengefasst?«
    Sie nickte eifrig. »Ja.«
    Okay. Entweder sie ist eine Irre oder wirklich über etwas
gestolpert, das zum Himmel stinkt. Die Chance ist fünfzig zu
fünfzig. Was soll ich tun? So formuliert, lag es eigentlich
auf der Hand: Befass dich mit ihrer bisherigen Geschichte, dem
Hintergrund, versuche, Beweise dafür zu finden, dass sie eine
Irre ist, ehe du ihr irgendetwas unbesehen glaubst. Aber sie sah
nicht verrückt aus, sondern wirkte wie eine erschöpfte, arg
gebeutelte junge Frau, die Kräfte jenseits ihrer Kontrolle aus
der bisherigen Lebensbahn geworfen hatten. Frank wälzte sich in
den Kissen herum und versuchte sich aufzusetzen. »Haben Sie
irgendeine Idee, wer diese, äh, Killer sein
könnten?«
    »Na ja«, sie wirkte unsicher. »Das Schiff, das uns
abholte, kam von Dresden. Und die Aktentasche mit den Anweisungen
befand sich ursprünglich im Gepäckraum des
Kapitäns.«
    »Es war…« Frank starrte sie an. »Wie konnten
Sie die Tasche dann überhaupt sehen?«
    »Schätze, man könnte es einen Einbruch
nennen.« Sie verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse, die
vielleicht ein verlegenes Lächeln andeuten sollte.
    »Sie…« Frank starrte sie weiter an. »Sie
erzählen mir wohl besser die ganze Geschichte«, sagte er
leise. »Übrigens werden die öffentlichen Bereiche hier
rund um die Uhr überwacht. Allerdings gilt das nicht für
die Kabinen. Falls Sie irgendetwas erzählen möchten, das
Sie belasten könnte, gehen wir wohl besser irgendwohin, wo keine
Aufzeichnungen gemacht werden. Haben Sie eine Kabine?«
    »Ah, ich denke schon.« Sie sah ihn unsicher an.
»Mein Ticket besagt, dass ich eine habe, aber ich hab sie nicht
selbst ausgesucht. Und ich bin eben erst an Bord gekommen.«
Vorsichtig blickte sie zur Tür. »Ich hab noch nicht mal
irgendwelche Dinge besorgt. Ich war wirklich in Eile.«
    »Okay, gehen wir zu der Kabine, die auf dem Ticket angegeben
ist. Falls Sie nichts dagegen haben, würde ich gern

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