Supernova
und ihr selbst damals auch nicht. Aber wäre die
Geschichte nicht passiert, hätten sie sich nie kennen gelernt,
nie geheiratet und wären jetzt nicht zusammen. Nachdem alles
ausgestanden war, fiel es allzu leicht, die dunklen,
beängstigenden Aspekte dieser schlimmen Erfahrung zu
beschönigen, weil sie untrennbar mit dem anderen, dem
Schönen in ihrem Leben, verbunden waren.
»Ich weiß nicht genau, welche Erkenntnisse ich mir von
dir erwarte – falls überhaupt. Wahrscheinlich gar keine,
aber vielleicht kannst du den Kapitän dazu bringen, eine
vollständige Passagierliste und eine Liste der Zwischenstopps
herauszurücken, und herumfragen, ob sich irgendjemand seltsam
verhalten hat. Ich meine, kann ja sein, dass es dort einen Passagier
der ersten Klasse gibt, der nie zum Abendessen kommt, weil die
Stimmen in seinem Kopf ihm sagen, er müsse in seiner Kabine
bleiben und die Waffen reinigen…«
»Verstehe.« Er seufzte. »Es ist ein Linienschiff
von WhiteStar, stimmt’s?«
»Ja, warum? Ist das gut oder schlecht?«
»Es ist ein kommerzielles Schiff, sehr auf Gewinn aus. Ich
hoffe, ihr habt dem Kapitän irgendetwas Substanzielles
anzubieten, sonst ist er sicher nicht allzu scharf darauf, seine Zeit
mit jemandem wie mir zu vertun.«
»Es ist eine Sie, Kapitän Nazma Hussein. Und sie
wird nicht allzu laut aufjaulen. Warum, glaubst du, hat dich George
auf die Liste der Gehaltsempfänger gesetzt? Sie muss ja nicht
erfahren, dass du hier als unbezahlter Assistent arbeitest. Tauch
einfach bei ihr auf, halte ihr deinen Diplomatenausweis vor die Nase
und verhalte dich höflich, aber unnachgiebig. Falls es
irgendwelche Probleme gibt, wende dich an George.« Sie grinste.
»Das ist so ziemlich das einzig Gute an diesem Job.«
»Du wirst aufpassen, ja?« Er sah sie lange an.
»Darauf kannst du wetten.«
»Okay.« Er lenkte ein. Sie schlang die Arme um ihn,
während er sich vorbeugte, um sie auf die Stirn zu küssen.
»Hoffen wir, dass du die Sache hinbekommst, damit wir bald nach
Hause zurückkehren können.«
»Oh, das können wir ganz bestimmt.« Sie hielt ihn
fest an sich gedrückt. »Und ich werde keine Risiken
eingehen, Martin. Ich möchte lange genug leben, um
mitzubekommen, wie unser Kind heranreift.«
Drei Tage hektischer Vorbereitung vergingen wie im Fluge. Und
dann…
»Vor vier Stunden? Die ersten Passagiere sollten wann im Terminal eintreffen? Sehr gut. Danke, ich bin bis dahin so
weit.« Rachel klappte ihr Handy zu und versuchte den rasenden
Puls wieder unter Kontrolle zu bekommen. »Es geht los«,
rief sie durch die offene Tür.
»Kommen Sie rüber. Ich möchte einen letzten
Durchlauf machen«, sagte Tranh.
Rachel ging über den handgewebten Teppich und blieb im
Eingang stehen. »Wie reden Sie überhaupt mit einer
ausländischen Botschafterin?!« Sie zwang sich dazu, mit
leicht gegrätschten Beinen dazustehen, wie es Elspeth Morrows
Art war. Gemeinsam mit Gail und einer besorgt blickenden Jane, die
immer noch damit beschäftigt war, das mobile
Kommunikationsgerät auf Morrows Schreibtisch zu installieren,
wartete Tranh im Schlafzimmer der Botschafterin. Genau wie Rachel
hatte sich Gail für den offiziellen diplomatischen Empfang in
Schale geworfen. Allerdings trug sie, im Unterschied zu Rachel, zum
dunklen Kostüm, der Berufskleidung von
Würdenträgerinnen, wenigstens ihr eigenes Gesicht.
Tranh musterte Rachel eingehend. »Die Haare«, sagte
er.
»Lassen Sie mich sehen.« Mit einer Haarbürste, die
sie wie eine Faustwaffe hielt, ging Gail zu Rachel hinüber.
»Nein, ist meiner Meinung nach ganz in Ordnung. Hm.« Sie
streckte die Hand aus und steckte eine lose Strähne fest.
»Wie fühlt man sich in einer solchen Verkleidung?«
Rachel verzog das Gesicht. »So, als hätte man eine
Gummimaske auf, was dachten Sie denn?«
»Solange Sie es problemlos ertragen können. Rutscht
irgendetwas?«
»Nein. Die Hautpumpen scheinen gut zu funktionieren.«
Der mehrschichtige Klebstoff war von osmotischen Pumpen durchzogen,
die den Schweiß von unten aufsaugen und durch echt wirkende
Poren ausscheiden konnten.
»Und das Übrige?«
»Ist in Ordnung.« Rachel drehte sich langsam um.
»Fällt mir nur ein bisschen schwer, mich vorzubeugen.
Wünschte, der Panzer könnte auch Schweiß
absondern.«
»Ihre Waffe ist zu sehen«, bemerkte Tranh kritisch.
»Wenn Sie die Kostümjacke offen lassen, fällt’s
nicht so auf. Ja, so ist es besser.« Rachel schob die Waffe an
die richtige Stelle. »Hm. Meiner Meinung nach
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