Supernova
warum
wissen wir nicht, wer… Die Kameras…«
»Haben Sie denn angenommen, wir hätten es hier mit
Amateuren zu tun?«, fragte sie wütend und ging mit
großen Schritten an ihm vorbei, um durchs Fenster auf den Rasen
zu blicken. Die Innenbeleuchtung war explodiert, wie die meisten
nicht speziell geschützten Elektroinstallationen in der
Botschaft. Der elektromagnetische Impuls der Explosion war zwar
schwach gewesen, hatte aber ausgereicht, die meisten
größeren elektronischen Geräte vor Ort, die nicht
spezielle militärische Schutzvorrichtungen besaßen,
außer Gefecht zu setzen. Und irgendjemand hatte die Kameras
wirksam ausgetrickst, indem er die Objektive mit selbst haftenden
Clownsgesichtern überklebt hatte. »Das sind
mörderische Clowns, aber keine Amateure.«
Die Kolonne der Sanitätswagen hatte die meisten Verletzten in
verschiedene örtliche Kliniken gebracht, die sofort ihren
Einsatzplan für Katastrophen umgesetzt hatten. Die bei der
Botschaft verbliebenen Fahrzeuge waren abgestellt und die Sirenen
ausgeschaltet. Es bestand keine Eile, die Leichen abzutransportieren.
Das spezielle Einsatzkommando musste erst noch das Chaos untersuchen,
das die Bombe hinterlassen hatte, und den Tatort sichern,
während die Forensische Abteilung Proben von den Leichen nahm
und die höflichen Männer und Frauen in den langen schwarzen
Mänteln dem Servicestab gezielte Fragen stellten…
»Wir haben den Leuten eine Falle gestellt, die auf eine Waffe
mit Zielfernrohr und großer Schussweite angelegt war«,
rief ihm Rachel, die leicht zitterte, ins Gedächtnis. Sie
erinnerte sich an das eisige Gefühl in ihrem Bauch, als sie auf
die Bühne gegangen war. Sie hatte eine kugelsichere Weste
getragen und gewusst, dass ein Schutzschild, der schnell auf jeden
Angriff reagieren würde, vor ihr aufgebaut war. Außerdem
warteten hinter der Tür ein Rollwagen mit Wiederbelebungs- und
Stabilisierungsmitteln und hinter dem Gebäude eine Ambulanz. Ihr
war auch klar gewesen, dass der Heckenschütze nur ein begrenztes
Schussfeld hatte, das durch die Fenster und das Podium im Saal
eingeschränkt wurde; dass das vorne installierte Radargerät
zur Früherkennung von Ballistik in der Lage sein sollte, die
Schutzschilde so auszurichten, dass sie ein Geschoss von
Kugelgröße ablenken würden, ehe es sie treffen
konnte; dass draußen an der Hecke zwei Scharfschützenteams
einsatzbereit auf mögliche Heckenschützen warteten. Und
dennoch war sie nicht sicher gewesen, ob ihr nächster Atemzug
nicht auch ihr letzter sein würde. »Das waren keine
Idioten. Sie haben sich für dieses Feuergefecht nicht mit einem
Messer, sondern mit einer Tellermine gewappnet.«
»Und sind erneut damit durchgekommen.« George Cho setzte
sich schwer auf den Rand des lackierten Schreibtisches, den Intarsien
aus Jade zierten, und senkte den Kopf. »Verdammt noch mal, wir
hätten wissen müssen…«
»Tranh?«, rief Rachel.
»Wir konnten sie nicht dingfest machen«, erwiderte der
Nachrichtendienstler leise. »Wir haben Honig ausgelegt und die
Wespen damit angezogen, aber wahrscheinlich war nur einer der
Passagiere von der Romanow daran beteiligt, und wir wissen
nicht, welcher, weil die Aufzeichnungen zusammen mit den
Überwachungskameras verschmort sind. Vermutlich ist der
Täter bei den Verletzten untergetaucht und konnte sich auf diese
Weise zurückziehen. Soweit wir es beurteilen können,
wäre es auch möglich, dass sich der Attentäter unter
den Toten befindet. Was noch schlimmer ist: Falls die
Hintermänner aus einer Gesellschaft mit hoch entwickelter
Infrastruktur wie zum Beispiel Septagon stammen oder aus einer
solchen, die Zugang zur Kartierung von Hirnen hat, könnte der
Killer jeder beliebige Gast oder ein Angehöriger des Personals
sein. Sie hätten mit demjenigen oder derjenigen nur fünf
Minuten allein sein müssen, um ihn oder sie entsprechend zu
programmieren. Und in diesem Fall könnten wir überhaupt
nichts beweisen. Es sieht ganz so aus, als bliebe uns nur noch eines
zu tun: mit dem Holzhammer zuschlagen und das Schiff am Aufbruch
hindern. Und jeden an Bord festhalten. Soll ich Verbindung mit Martin
aufnehmen? Ihn damit beauftragen?«
»Noch nicht«, sagte Rachel.
»Ja, tun Sie das«, widersprach Cho und holte tief Luft.
»Wir müssen sie festhalten«, sagte er zu Rachel.
»Selbst wenn sie dadurch vorgewarnt sind. Sie wissen bereits
einiges – zumindest müssen sie etwas ahnen, sonst
hätten sie unseren Honig nicht dankend
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