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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Gepäck fertig?«, erkundigte sie sich
sanft.
    »Einen Moment.« Pritkin zog die Sonde heraus, mit der er
die Masse untersuchte. »Scharf gemacht. Stecken Sie Ihren Finger
hinein. Wegen der Identifizierung Ihres Sekrets.«
    »In Ordnung.« Rachel streckte eine Hand aus, legte die
Finger um die Probe und wartete auf den Piep ton, der den
erfolgreichen Austausch von Quantenteilchen zur Identifizierung
verkündete. Pritkin steckte die Sonde wieder in den Schlitz des
großen Reisekoffers und wartete darauf, dass das Lämpchen
ganz unten rot aufblinkte. Danach nahm er die Probe heraus.
»Gehört alles Ihnen. Gerüstet und geladen.«
    »Welcher Abteilung wird das in Rechnung gestellt? Nach dem
letzten Mal…«
    »Der Abteilung für Kollektive Abwehr.« Pritkin
lächelte grimmig. »Vielleicht wird Sie der Einfallsreichtum
dieses Koffers ein wenig schockieren.«
    »Allerdings.« Rachel beäugte den Koffer voller
Bewunderung. »Vollständig auf militärische Produktion
ausgerichtet?«
    »Jawoll. Dieses kleine Füllhorn kann, wenn Sie’s
ein bisschen anleiten und es ihm befehlen, einen ganzen
militärisch-industriellen Komplex erzeugen. Bemühen Sie
sich, das Ding nicht zu verlieren.«
    »Ein einziges Mal ist unglücklicher Zufall, zweimal
wäre Nachlässigkeit. Alles klar. – Erkennst du
mich?«, fragte sie den Schrankkoffer.
    »Autorisierter Offizier erteilt die Befehle. Sie haben die
Kontrolle«, erwiderte der Koffer mit flacher, monotoner
Stimme.
    »He, das gefällt mir. Koffer, folge mir.« Sie
nickte Pritkin zu. »Wir sehen uns in Newpeace.«
    Abschaum, dachte sie wieder, aber vorübergehend hatte
sie ihre Wut im Griff, weil diese Wut einem bestimmten Ziel galt. Ich komme, um euch zu schnappen. Und wenn ich euch finde, wird es
euch noch Leid tun…

 
    Der Express-Fahrstuhl zur Umlaufbahn gab Rachel Zeit, sich mit dem
entsetzlichen Geschehen auseinander zu setzen. Sie versuchte, das
Ganze in irgendeinem Winkel ihres Kopfes unterzubringen. Ihr fiel
auf, dass Tranh noch ruhiger und zurückhaltender war als
üblich. Die Fahrstuhlkabine war zu fast zwei Dritteln besetzt.
Zahlreiche Besatzungsmitglieder und Touristen kehrten zur Romanow zurück, die gleich ablegen würde, darunter auch ein
paar stille, besorgt blickende Bürger Neu-Dresdens. Da die
R-Bomben noch Jahrzehnte entfernt waren und immer noch die Chance
bestand, dass sie zurückgerufen wurden, hatte bislang keine
Panik eingesetzt. Nur diejenigen, die jetzt schon Schutzhelme trugen
und am heftigsten unter Verfolgungswahn litten, dachten bereits an
Emigration. Doch bei einer Bevölkerung von vielen Hundert
Millionen machten die verrückten Randgruppen immerhin die
Einwohnerzahl einer mittelgroßen Stadt aus. Manche Männer
mittleren Alters und kleine Familienverbände hatten den
argwöhnischen, gehetzten Gesichtsausdruck von Flüchtlingen.
Wahrscheinlich würden sie das Zwischendeck belegen, um
während der langwierigen Folge von Sprüngen
durchzuschlafen, ohne die kostbaren Ersparnisse antasten zu
müssen. Rachel nahm nicht an, dass sich der Mörder unter
diesen Leuten befand. Er oder sie würde wach bleiben wollen, um
die nächste Gräueltat zu planen, und sorgfältig nach
Verfolgern Ausschau zu halten.
    Sie neigte ihren Sitz so weit wie möglich nach hinten und
wartete darauf, dass der beklemmende Beschleunigungsschub
aufhörte. Die Kabine bewegte sich nur mit zwei g, aber
das reichte, um das Laufen unmöglich zu machen und einen
Trinkbecher nur mit Mühe anheben zu können. Das
glühende blaue Kabel des Raumfahrstuhls schwirrte jenseits der
transparenten Decke vorbei, ein endloses Seil, dessen Knoten mehrmals
pro Sekunde vorbeihuschten – das knollenartige Gerippe der
Antriebsspiralen, die die Kabine mit ihrem unsichtbaren Magnetfeld
verbanden.
    Sie sind dort oben, rief sie sich ins Gedächtnis. Zusammen mit einigen tausend unschuldigen Passagieren und der
Besatzung. Mehr als sechshundert Leute waren von der Romanow, die im Dock lag, nach Neu-Dresden aufgebrochen. Fast vierhundert
waren zum Schiff zurückgekehrt. Davon waren
dreihundertfünfzig schon vorher an Bord gewesen und hatten bei
jedem Anlaufhafen Landurlaub gemacht – und das schloss alle Orte
ein, an denen Moskauer Diplomaten angegriffen worden waren.
    Nur rund zwanzig Passagiere hatten am Botschaftsempfang
teilgenommen, aber das musste nichts heißen. Wenn es sich um
eine Gruppe wie die Übermenschen handelt, gibt es keine kausale
Verbindung. Das sind keine Dummköpfe. Die erste Stunde der
Fahrt

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