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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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durch die Startverzögerung aus
dem Gleichgewicht geraten waren. »Wissen Sie denn
überhaupt, nach wem Sie suchen? Und was soll ich Ihrer
Meinung nach unternehmen, wenn Sie diese Leute finden?« Sie warf
einen Blick auf die Auszubildende, die ihr Bestes tat, sich
unsichtbar zu machen. Offensichtlich hoffte sie, als
Überbringerin schlechter Nachrichten nicht selbst ins Schussfeld
ihrer Vorgesetzten zu geraten. Sie ist hart im Nehmen, soll sie
ruhig ein paar Minuten zittern. Nazma Hussein bedachte sie mit
einem strengen Blick und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der Frau
vom Geheimdienst zu. Ihre eigene Ausbildung lag noch nicht so lange
zurück, dass sie vergessen hätte, wie sich das Mädchen
fühlen musste. Doch es konnte nichts schaden, ihm für ein
Weilchen ins Gedächtnis zu rufen, welche Verantwortung man als
Oberbefehlshaberin und Gebieterin über ein ganzes Raumschiff zu
tragen hatte. »Ich hoffe nur, dass Sie nicht so etwas wie die
Änderung der Reiseroute vorschlagen.«
    »Äh, nein.« Sie musste der Frau zugute halten, dass
sie verlegen wirkte. Könnte wetten, dass du genau das
vorschlagen wolltest. »Außerdem, ähm, geht es
vorrangig um die Sicherheit Ihres Schiffs. Mir liegt vor allem daran,
die Täter aufzuspüren, damit wir sie auf diskrete Weise
festnehmen können, wenn wir den nächsten Hafen anlaufen
– oder noch früher, falls es Anzeichen dafür gibt,
dass sie irgendjemanden bedrohen.« Nazma Hussein entspannte sich
leicht. Also hast du doch noch nicht jeden Draht zur Realität
verloren, wie? Dochgleich darauf verdarb die Diplomatin diesen
Eindruck. »Das Problem«, fuhr sie fort, »besteht
darin, dass hier eine so große Fluktuation von Menschen
herrscht. Deshalb haben wir rund zweihundert Tatverdächtige und
nur zehn Tage, um sie zu überprüfen. Die zweihundert sind
diejenigen, die Landausflüge zu all den Planeten gemacht haben,
auf denen Morde geschahen. Falls wir nach einer Tätergruppe Ausschau halten, deren Mitglieder einander abwechseln, haben wir
sogar rund vierhundertsechzig Tatverdächtige. Angesichts dieser
Situation habe ich mich gefragt, ob wir noch ein paar Leute von Ihrem
Personal ausborgen könnten, beispielsweise von den Stewards,
damit sie uns bei der Aufklärung unterstützen.« Sie
zwang sich dazu, Nazma Hussein anzulächeln, allerdings fiel das
Lächeln recht verkrampft aus.
    Gib mir Geduld! Kapitän Hussein sah erneut auf ihr
Display, dessen rot blinkende Kolumnen sich keineswegs vermindert
hatten. Und jede zusätzliche Stunde Wartezeit machte den Start
kritischer und erhöhte die laufenden Kosten noch weiter. Aber
die Alternative… »Flughauptmann Grace.« Sie merkte,
wie Steffi Haltung annahm und ihr Rücken sich straffte.
»Bitte richten Sie Fregattenkapitän Lewis Folgendes von mir
aus: Ihre Abteilung soll Ihnen alle Leute und Hilfsmittel zur
Verfügung stellen, die Sie selbst für nötig halten, um
Oberst…«
    »Mansour«, soufflierte Rachel.
    »… um Oberst Mansour bei der Ermittlung zu
unterstützen. Wenn Sie eine endgültige Liste von
Verdächtigen zusammenhaben, möchte ich sie mir ansehen, ehe
irgendwelche Schritte eingeleitet werden. Sie erstatten der
Sicherheitsabteilung täglich Bericht, die Kopie geht an mich.
Selbstverständlich möchte ich auch in Kenntnis gesetzt
werden, falls Sie keinen Mörder an Bord dieses Schiffes
ausfindig machen können.« Sie nickte der Frau vom
Geheimdienst zu. »Zufrieden?«
    Rachel sah so aus, als wäre sie überrascht. »Mehr
als zufrieden.« Diesmal war ihr Lächeln nicht aufgesetzt.
»Ich danke Ihnen!«
    »Das müssen Sie nicht.« Nazma Hussein winkte ab.
»Ich wäre hier fehl am Platz, würde ich es auf die
leichte Schulter nehmen, wenn auf meinem Schiff Mörder frei
herumlaufen.« Als sie die Nase rümpfte, bebten ihre
Nasenflügel so, als nehme sie Leichengestank wahr.
»Hauptsache, Sie halten es unter der Decke und machen den
Passagieren keine Angst. Und jetzt werden Sie mich sicher
entschuldigen, schließlich muss ich mich um ein ganzes Schiff
kümmern.«

 
    Der Mann sieht wie ein Gorilla aus, dachte Martin
beunruhigt, als er durch die halbleere Lounge auf den
Kriegsberichterstatter zuging. Der Journalist hatte es sich auf einem
Sofa gemütlich gemacht. Mit lächelndem Gesicht hatte er den
Arm um eine blasse junge Frau geschlungen, die offenbar völlig
auf Schwarz stand: Nicht nur hatte sie schwarzes Haar, sie trug auch
schwarze Stiefel, schwarze Leggings und eine schwarze Jacke. Nur das
große Pflaster an ihrer

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