Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
Vom Netzwerk:
ausgezahlt hat, denn er
hat den kompletten Angriffsplan der Streitkräfte des Systems in
die Finger bekommen. Und an diesem Punkt hat ihn der Ehrgeiz gepackt.
Er zog das große Los, erhielt Zugang zu den Start-Codes,
Stopp-Codes, Streckenmarkierungspunkten und Vektoren für jedes
mögliche Angriffsziel. Und als die Katastrophe eintrat, waren
all diese Informationen sicher in seinem Büro
gespeichert.«
    »Aha.« Blumlein nickte und lächelte, seine Miene
hellte sich auf. »Und nun zur jetzigen Situation.«
    »Nun ja.« Die nächsten Worte wägte sie
sorgfältig ab. »Ich gehe davon aus, dass die Kopien der
Start-Codes und Stopp-Codes einwandfrei in Ihrem Büro angekommen
sind. Und Moskau selbst ist dank der Pannen bei gewissen
technologischen Vorhaben kein Thema mehr. Aber da ist immer noch die
Frage, was nach Scotts kleinem Abenteuer aufzuräumen ist. Ganz
zu schweigen von der Frage, wie Sie mit dem Druckmittel umgehen
wollen, das Ihnen diese Situation gegenüber unseren Nachbarn in
die Hände gibt.«
    Blumlein nickte bedächtig. »Was aber halten Sie selbst
von dem, was Scott letztendlich vorgehabt hat? Wie gut war sein
Plan?«
    »Theoretisch gesehen, war es ein sehr kühner Plan.
Niemand hat je Ähnliches versucht. Allerdings würde ich den
materiellen Kern nicht mal mit Glacehandschuhen anfassen«,
erwiderte sie ohne nachzudenken. »Er wurde nachlässig, was
Moskau betraf. Sogar so nachlässig, dass er die Sache nicht
richtig abgeschlossen hat. Vor allem gab es Zeugen des
heimlichen Rückzugs der Agenten aus Moskau; und das allein
hätte die ganze Sache zum Auffliegen bringen können. Dazu
hätte nur jemand mit genügend Zeit und genügend
Mitteln Einzelheiten in Erfahrung bringen müssen. Davon
ausgehend, hätte derjenige dann ermitteln können, woher die
Leichen stammten und wo sie hingeschafft wurden.«
    Sie holte Luft. »Während der ursprüngliche Plan
durchaus interessant war, stützte sich der Folgeplan allzu sehr
auf das zeitliche Zusammenfallen von Ereignissen – und barg
enorme Risiken. Noch schlimmer wird die Sache für uns dadurch,
dass Scott tatsächlich schon mit der Umsetzung dieses Folgeplans
begonnen hatte. Nehmen wir zum Beispiel die Schritte gegen Moskaus
Diplomatisches Korps: Die sind bereits eingeleitet, wenn nicht sogar
abgeschlossen. Wir wissen es erst, wenn die Telegramme eintreffen,
aber ich nehme an, dass diese Schritte Erfolg haben werden und dazu
führen, dass sich jede Botschaftskanzlei im Umkreis von hundert
Lichtjahren vor Angst in die Hosen macht. Ganz zu schweigen davon,
was passiert, wenn das Hohe Direktorat das herausfindet. Einen ganzen
Planeten für sich selbst in Anspruch zu nehmen, danach dessen
Massenvernichtungswaffen dazu einzusetzen, sich selbst als
interplanetaren Herrscher zu inthronisieren: Das ist schon wahnsinnig
dreist, wie ich zugeben muss. Aber sein Plan hat sich darauf
verlassen, dass die Zuschauer nichts unternehmen. Auf die Annahme,
dass ein Haufen von Demokraten willig ist, jedem seiner
Wünsche nachzukommen. Dass er eine solche Art der
Kolonialisierung überhaupt ins Auge gefasst hat, kann meiner
Meinung nach nur an reinen Wunschvorstellungen gelegen
haben.«
    »Das führt mich zu meiner nächsten Frage.«
Blumlein, der nachdenklich wirkte, schwieg einen Augenblick. Als er
gleich darauf mit den Fingern schnippte, trippelte ein Mädchen
vor und kniete sich neben ihm nieder, um ihm ein Silberkästchen
auf blauem Samt anzubieten. Er griff nach dem Kästchen, hob den
Deckel und holte die Spitze zum Inhalieren heraus. »Möchten
Sie eine Dosis?«
    »Nein, herzlichen Dank.«
    Er nickte und beugte sich einige Sekunden über das
Kästchen. »Ah, das tut gut.« Die Pupillen seiner
kalten blauen Augen schrumpften auf Stecknadelgröße.
»Kommen wir zum Kern der Sache. Mal angenommen, ich würde
Sie damit beauftragen, U. Scotts Plan umzusetzen und vollständig
auszuführen, zum größeren Wohl unserer genetischen
Familie…« Er sah mit flackerndem Blick zur Bühne
hinüber. In diesem Augenblick wurde Hoechst klar, dass er trotz
aller Beteuerungen von Privatsphäre annahm, die Wiederverwerter
oder deren ausführender Arm könnten ihn beobachten,
könnten seine eigenen Drahtzieher bestochen haben. »Wie
würden Sie die Sache in Angriff nehmen?«
    Oh, oh, dachte Portia erschrocken. Angesichts der
Möglichkeiten, die sich ihr auftaten, lief ihr ein Schauer
über den Rücken. Dieser Vorschlag konnte eine
Beförderung auf Blumleins Ebene bedeuten, auf die

Weitere Kostenlose Bücher