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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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einer
kreisförmigen Öffnung versehen; darüber befand sich
auf einer Art Gummimatte ein komplexes optisches Zielgerät. Auch
die Box sah so aus, als sei sie angesengt. »Man hat mir gesagt,
dass es sich dabei um einen mobilen Raketenwerfer handelt, der
Panzerungen durchbricht – superschnell, ausgestattet mit einem
Zweiphasenstrahl und dazu da, Keramikhüllen oder dichte
Tesla-Felder zu durchstoßen. Die armen Menschen in der
Limousine – Black, ihre Ehefrau, ihr Fahrer, der Beauftragte
für Einwanderungsfragen und zwei Leibwächter – hatten
nicht die geringste Chance. Die Apparatur wurde eine Woche vor dem
Zwischenfall aus einem Armeedepot gestohlen. Sie wurde via
Fernsteuerung scharf gemacht und feuerte los, als der Strahl
unterbrochen wurde. Man hat mir mitgeteilt, dass das Kunststoffding
unter dem Raketenwerfer… äh… ein Scherzartikel ist,
ein Gummikissen, das furzt, wenn man sich darauf setzt.«
    Rachel blickte auf ihr Notepad. Verblüfft stellte sie fest,
dass sie angefangen hatte, gedankenlos darauf herumzukritzeln,
während ihr Schreibstift auf Tintenmodus eingestellt war.
Pilzförmige Wolken und Mach-Wellen wölbten sich über
Planierraupen und bogenförmigen Anlagen. Sie sah auf.
»Einmal ist Zufall. Zweimal ist Zufall mit System«,
bemerkte sie. »Gibt es noch weitere Fälle?«
    George ließ die Schultern hängen. Einen Augenblick lang
sah er sehr alt aus, auch wenn Rachel wusste, dass er sieben Jahre
jünger war als sie selbst. »Ja«, sagte er. Auf dem
Wandschirm tauchte ein weiteres Bild auf. »Das hier habe ich mir
bis zum Schluss aufgehoben. Das ist Exzellenz Maureen Davis,
Botschafterin bei den Vereinten Nationen der Erde in Genf.«
Sichtlich deprimiert wandte Gail den Blick ab. Rachel fragte sich
beiläufig, ob sie wohl weinen würde. Ein gewaltsamer Tod
beraubte nicht nur die Opfer ihrer Würde, er beleidigte auch die
Überlebenden. Und durch diesen Tod fühlte sich Rachel ganz
persönlich beleidigt. Es wäre unsere Aufgabe gewesen,
sie zu beschützen! Ein Angriff auf eine Gastdiplomatin war
auch ein Angriff auf die Ehre der Nation oder des
Staatenbündnisses, bei dem sie zu Gast gewesen war. Und in
diesem Fall…
    »Haben wir das hier geschehen lassen, als wir bereits
alarmiert waren?«, fragte sie wütend. »Nachdem wir wussten, dass zwei andere Botschafter unter dubiosen
Umständen ums Leben gekommen waren?« Sie klappte das vor
ihr liegende Dossier zu und presste es auf den Tisch, bis ihre
Handknöchel weiß wurden.
    »Nein.« George holte tief Luft. »Sie war die Erste,
die gestorben ist, nur die Letzte, von der wir Notiz nahmen. Anfangs
haben wir die Sache als simplen Mord eingestuft – schrecklich,
aber nicht ungewöhnlich. Im Unterschied zu den beiden anderen
Fällen haben wir hier einen kompletten Ermittlungsbericht
vorliegen und verfolgen den Mörder mit allen verfügbaren
Mitteln. Wir sind«, er holte nochmals Luft, »entsetzt und
schockiert darüber, dass so etwas geschehen konnte. Aber
darüber hinaus befürchten wir, dass es wieder passieren
wird. Tranh, können Sie das erläutern?«
    Tranh erhob sich wieder von seinem Platz und begann den Vortrag
mit so flacher, monotoner Stimme, als müsse auch er sich um
Beherrschung bemühen. »Botschafterin Davis wurde in dem
Zustand, in dem Sie sie hier sehen, von einem Hausverwalter gefunden.
Er kam wegen einer Fehlermeldung vorbei, die der Reinigungsroboter
des Hauses durchgegeben hatte. Der dienstbare Geist war, nun ja,
wegen eines Konfliktes zwischen seinem Sensor zum Erkennen
menschlicher Wesen und dem Abfallmelder ein wenig durcheinander.
Heutzutage passiert so etwas ja nicht mehr oft, aber Botschafterin
Davis hatte einen uralten Roboter, der immer noch mit einem irgendwo
eingekauften Lernprogramm arbeitete. Der Sicherheitsdienst der
Botschaft ließ den Hausverwalter ein, und unmittelbar danach
wurde die Botschafterin in diesem Zustand aufgefunden. Man hat uns
sofort um Hilfe gebeten. Die Leute haben sich ganz anders verhalten
als die in Turku in der vergleichbaren Situation.« Seine Stimme
schwankte vor Empörung, als er hinzufügte: »Der
Mörder hat sie mit einem Bunjee-Seil erdrosselt.«
    Ein hinterhältiges Spielchen? So könnte man es
ausdrücken, dachte Rachel. In der Regel hängten sich
Botschafterinnen nicht mit Gummiseilen in den Treppenhäusern der
eigenen Residenzen auf. Schon gar nicht, wenn ihre Hände auf dem
Rücken gefesselt waren. Ganz zu schweigen davon, dass sie sich
auch nicht selbst mit stumpfen

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