Supernova

Gegenständen, die später
seltsamerweise unauffindbar waren, die Schädel einschlugen.
    »O ja, sie hat sich selbst dreimal in den Hinterkopf
geschossen und ist danach aus dem Fenster des sechsten Stocks
gesprungen, und das nur, damit wir schlecht dastehen«,
murmelte Rachel vor sich hin und zog damit einen erstaunten,
verwirrten Blick von Gail auf sich. »Wann ist das passiert, wenn
man es ins zeitliche Verhältnis zu den anderen Morden setzt?
Ausgedrückt in der Reichszeit, die durch die Kausalkanäle
der Moskauer Botschaften festgelegt wird, falls Sie diese Daten
haben. Vielleicht verrät uns das etwas.«
    »Die Morde«, George blätterte in einer anderen
Mappe, »sind in folgendem Zeitabstand geschehen: Wenn wir beim
Mord an der Botschafterin Davis den Zeitpunkt Null zugrunde legen,
dann folgte der an Simonette Black bei T plus vierzehn Tagen, sechs
Stunden und drei Minuten und die Ermordung des Botschafters Pendelton
vierunddreißig Tage, neunzehn Stunden und zweiundfünfzig
Minuten später.« Er bedachte Rachel mit einem müden
Blick. »Weitere Fragen?«
    »Ja.« Sie lehnte sich zurück und klopfte mit ihrem
Schreibstift auf den Mappendeckel. »Koordinieren Turku und die,
äh, Friesische Allianz ihre Ermittlungen? Wissen die jeweiligen
Ermittler überhaupt von den anderen Attentaten?«
    »Beides muss ich verneinen.« George neigte leicht den
Kopf. »Aber Sie haben bestimmt noch weitere Fragen. Lassen Sie
uns an diesen Fragen und Ihren eigenen Überlegungen
teilhaben.«
    »Also gut.« Rachel setzte sich aufrecht hin und sah Gail
an. »Vielleicht möchten Sie das nicht hören.«
    »Ich kann’s verkraften.« Mit wütender,
befremdeter Miene erwiderte Gail Rachels Blick. »Was ja nicht
heißen muss, dass es mir gefällt.«
    »Nun gut.« Rachel klopfte auf den Aktendeckel, der vor
ihr lag. »Wie man so sagt, ist einmal Zufall, zweimal ein
Zusammentreffen bestimmter Umstände, aber dreimal bedeutet, dass
der Gegner systematisch vorgeht. Daraus kann sich eine sehr
hässliche Situation entwickeln. Unsere Trümpfe – die
Botschafter – sind mittlerweile dezimiert worden. Wenn ihre
Gesamtzahl unter drei fällt, werden achthundert Millionen
Menschen sterben. Von ursprünglich neun Überlebenden sind
in den letzten drei Monaten drei ermordet worden. Ich nehme an, dass
die Restlichen schwer bewacht werden…«
    »Soweit es in unserer Macht steht«, murmelte George.
    »… Aber im Prinzip haben wir es mit einer Krise zu tun.
Irgendjemand hat herausbekommen, wie man achthundert Millionen
Fliegen mit einer Klappe erschlagen kann, wenn man sechs kleine
Hindernisse aus dem Weg räumt. Abgesehen davon, dass der oder
die Mörder offensichtlich eine Vorliebe für brutale Scherze
haben, wissen wir überhaupt nichts über sie und ihre
Motive. Außerdem kann das, was wir zu wissen glauben, auch ein
gezieltes Täuschungsmanöver der Täter sein. Und wir
sind die Einzigen, die diese Attentate als Teil eines
größeren Ganzen betrachten und sie nicht nur als
Einzelfälle behandeln.«
    »Im Wesentlichen trifft das zu«, sagte Tranh. »Zwar
haben wir auch noch andere Maßnahmen zur Ermittlung getroffen,
aber« - er zuckte mit resignierter Miene die Achseln –
»das braucht Zeit.«
    »Also dann…« Rachel befeuchtete ihre Lippen, die
unangenehm trocken geworden waren. »Meiner Meinung nach
wäre es das Beste, wenn wir die Botschafter dazu überreden
könnten, die Bomber sofort zurückzurufen, ehe noch weitere
Diplomaten sterben. Aber im Augenblick werden sie auf ein solches
Ansinnen wahrscheinlich mit äußerstem Misstrauen
reagieren. Man kann die Morde ja auch als ein Komplott betrachten,
das die Botschafter dazu zwingen soll, den Rückruf-Code
loszuschicken. Eine andere Möglichkeit wäre, ihnen zu
beweisen, dass die Neu-Dresdner nicht für diesen schmutzigen
Völkermord verantwortlich sind, und ihnen die wirklichen
Täter vorzuführen – sofern wir irgendeine Vermutung
haben.«
    Als Cho den Kopf schüttelte, nickte sie. »Das habe ich
befürchtet. Eine weitere Möglichkeit wäre, einen
Köder auszulegen, abzuwarten, bis die Attentäter
anbeißen, und ihre Spur danach bis zu den Auftraggebern
zurückzuverfolgen. Aber wir haben es hier mit einem Wirrwarr von
Motiven zu tun. Offenbar will jemand sicherstellen, dass die Moskauer
Waffen Neu-Dresden vernichten, und ich muss mich fragen, warum. Wer
könnte in irgendeiner Weise davon profitieren, einen, vielleicht
sogar zwei Planeten auszulöschen?« Sie blickte vom einen
zum anderen der