sus
worden ist, wird das überhaupt nicht mehr passieren. Tchang-Pou hat sie bestimmt seinen Gästen vorgesetzt.
Hübsch garniert natürlich. Neulich wollte ich damit eigentlich einen Witz
machen. Aber heute glaube ich, das war gar keiner.
Ganz langsam kommt der Dienstag
näher.
* * *
Mit ihren gepflegten Fingerchen , zart und duftend, streicht mir Hélène über die
Wange.
„Sie haben sich nicht rasiert“,
bemerkt sie.
„Gar nicht nötig, daß Sie
anfassen“, antworte ich. „Das sieht man auf drei Meter Entfernung. Hab mich
seit Sonntag abend nicht
rasiert. Das wissen Sie doch.“
„Seit Sonntag abend ?“
„Ja.“
„Ein Gelübde?“
„So ungefähr. Aber mal im
Ernst: Sind Sie auf Zack?“
„Jawohl, M’sieur .“
„Und wann genau beginnt diese
verdammte Vorführung?“
„Sozusagen jeden Augenblick...“
Sie sieht auf die Uhr.
„Jetzt ist es drei. Halb fünf
soll’s losgehen.“
„Gut. Hören Sie zu. Ich will
Ihnen nicht mit genauen Instruktionen auf den Wecker gehen, die sowieso zu
nichts taugen. Sie wissen genausogut wie ich, was zu
tun ist. Lassen Sie sich nur von Ihrem hübschen Näschen leiten. Das ist
meistens das Beste. Aber ich hab da ‘ne Idee. Sie können sie ja verwenden, wenn
Sie’s für nötig halten.“
Ich gebe ihr eine rosa Karte
von der Taverne du Brûlot , aus der Werkstatt von Tchang-Pou .
„Was soll ich damit?“ fragt
Hélène.
„Lassen Sie sie einfach
irgendwo im Laden rumliegen. Und zwar so, daß Natascha oder Sonia das Ding
sehen müssen. Die Reaktion könnte für uns interessant sein.“
Hélène verzieht das Gesicht.
Mein Trick haut sie nicht grade um.
„Ich geb’s ja zu: genial ist die Idee nicht“, räume ich ein. „Besser wär’s in jeder
Hinsicht, wenn Sie die beste Freundin der beiden würden. Nur... vielleicht ist
das gar nicht so einfach. Als allerletztes Mittel kann dann das Kärtchen
herhalten. Wenn wir sonst schon nichts wissen, könnten wir dadurch wenigstens
rauskriegen, welche der Damen sich erschrecken läßt
„Ja, natürlich. Gut, ich nehm sie mit. Aber ich mach das nur, wenn mir nichts
anderes mehr einfällt.“
„Genauso hab ich’s gemeint.“
Hélène sieht wieder auf ihre
Uhr.
„Jetzt muß ich aber rennen. Auf
Wiedersehn, M’sieur .“
Sie zwinkert mir lächelnd zu.
„Wenn Sie etwas besser rasiert
wären, würd ich Sie küssen.“
„Auf den Zähnen hab ich doch
keine Haare...“ sage ich. Außer einem Lächeln ernte ich jedoch nichts. Meine
Sekretärin dreht sich um und klappert auf ihren hohen Absätzen davon, hin zum
Rascheln und Knistern, zum Satin, zur Seide, zum Nylon, zum Flitterkram und zu
den Spitzen, die die Kreationen schmücken wie die pikanten und erregenden
Namen: Gurrender Frühling... Kleine Gala... Taumel...“
Und ich sitze hier im Sessel in
meinem Büro und lausche dem Lärm der Rue des Petits- Champs ,
rauche Pfeife und streiche mir sanft über die knisternden Stoppeln. Mich nicht
zu rasieren war ‘ne reine Vorsichtsmaßnahme. Aber jetzt frag ich mich, ob ich
nicht den Rasierapparat hervorholen soll... und mich dann als staatlich
geprüfter Vamp verkleiden... und dann dorthin gehen, wohin meine Sekretärin
geht...“
Schließlich halte ich es aber
doch für gescheiter, Ordnung in das ganze Durcheinander zu bringen. Neben mir steht hilfsbereit eine Flasche Scotch. Übrigens das
Geschenk einer der schönsten Frauen von Paris.
7
Hélènes Bericht
Das kann ja heiter werden!
Schon ganz in der Nähe des
Ladens dieser Natascha überfällt es mich schockartig. Sofort halte ich mir ‘ne
Standpauke: „Mein liebes Mädchen! Wenn du dich nicht beherrschen kannst, wenn
du so leicht nervös wirst, kannst du deinen Auftrag wohl nicht erledigen.“ Aber
ich kann mich noch so sehr anbrüllen, nervös bin ich trotzdem.
Vor dem Wäschegeschäft steht
eine Gruppe Frauen. Klatsch und Tratsch hilft den Damen, die Wartezeit bis zum
Beginn der Vorstellung zu verkürzen. Mitten unter ihnen entdecke ich eine
merkwürdige Gestalt: in der Hand einen grauenhaften Sonnenschirm, auf dem Kopf
blühende Teerosen auf grünem Satin. Sie trägt ein weißes Kleid, das Oberteil
ist mit englischer Stickerei verziert.
Ich kenne die Frau nicht, weiß
aber sofort, wer sie ist. Sie hat mich nur zwei- oder dreimal gesehen. Das
beruhigt mich etwas. Aber sie soll Augen haben wie ein Luchs, wie Nestor Burma
sagen würde. Sie ist nämlich die Konkurrentin meines Chefs. Hätte ihn am besten
heiraten sollen. Das ideale Paar,
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