sus
wieder verhört. Und dann kam der komische Krieg und das ganze Theater. Man hatte andere Sorgen und...
Gesprächsthemen.“
„Also war Iwan Kostenko im Fall Goropoff nicht wichtiger als alle andern Zeugen?“
„Sie sagen es. Scheint Sie zu
enttäuschen... Äh... Was suchen Sie eigentlich, Burma?“
„Nichts.“
„Hm“, brummt er stirnrunzelnd.
„Ich dachte, Sie suchen was Bestimmtes. Wo Sie doch immer die Dinge hinter den
Dingen sehen... Sie wollen nicht zufällig den Tod... vielleicht ist es ja
wirklich nur Selbstmord... den Tod von Kostenko mit Goropoffs Verschwinden in Zusammenhang bringen? Ganz verlockend, sicher...“
„Habt ihr das nicht auch
gemacht, ihr Zeitungsfritzen?“
„Ach, wissen Sie! Was wir
gestern über Goropoff geschrieben haben...“
Er fegt es mit einer
Handbewegung zur Seite.
„...Na ja, Sie kennen doch
unseren Job! Nein, im Ernst. Meiner Meinung nach ist das Schnee von gestern.
Tot und begraben. Wir haben’s nur wieder ausgebuddelt, weil wir dadurch ganz
billig was Sensationelles schreiben konnten... So was lassen wir uns nicht
entgehen.“
„Hab ich mir gedacht. Jaja, ich
kenne Ihren Job.“
Er drückt seine Kippe im
Aschenbecher aus.
„Tja“, sagt er kopfschüttelnd.
„Gesunder Menschenverstand. Ganz hübsch, ‘ne blühende Phantasie, aber
trotzdem... Nehmen wir mal an, Kostenko wußte was über den Fall Goropoff , was ihm Ärger einbringen konnte. Meinen Sie
nicht, daß er den nicht schon früher gekriegt hätte? Das liegt doch jetzt
einige Jährchen zurück!“
„Ihr Verstand hat bestimmt
recht. A propos Verstand. Kostenko war wohl nicht
mehr so recht bei seinem...“
„Der war wirklich bescheuert“,
stimmt mir Covet zu. „Nicht ganz richtig im
Oberstübchen, aber keine Leiche im Keller, wie der Engländer sagt. Wenn Sie
verstehen, was die damit meinen. Irgendein Geheimnis. Nein, kein Skelett, außer
dem in seinem Zimmer... Oh, Scheiße!“
„Wie bitte?“
Der Journalist reißt seine
wässrigen Augen weit auf.
„Das Skelett... könnte es das
von Goropoff sein?“
„Wer läßt sich denn da von
seiner Phantasie mitreißen?“ sage ich lachend. „Dachte, ich hätte das Monopol
darauf. Nein, mein Lieber. Ich kann Ihnen versichern, das sind nicht die
Knochen des Generals.“
„Ah, schade... Na gut. Hab den
Eindruck, wir reden dummes Zeug. Mich jedenfalls plagen keine Zweifel.
Vielleicht, weil ich Durst habe...“
„Also...“ Ich stehe auf.
„...bleiben wir beim Thema und gehn wir ‘n Glas Wodka trinken.“
Marc Covet springt auf, schlägt die Hacken zusammen, nimmt Haltung an und brüllt:
„ Fürrr Gott, fürrr Vaterrrland , fürrr Zarrr .“
„ Nitscbewo “,
antworte ich.
Wie die Kosaken der Rrrrettungsmannschaft rrrennen wirrr zurrr Barrr .
* * *
Ich esse mit Marc Covet auch noch gleich zu Mittag. Dann fahre ich zum
Auktionshaus. Möchte soviel wie möglich über das
Skelett wissen, das Kostenko sich zugelegt hat. Alle sind sich einig, daß er’s
in der Rue Drouot gekauft hat. Aber so langsam
bezweifle ich das.
Vor dem Hinterausgang des
Auktionshauses in der Rue Rossini stehen Lastwagen. Packer schleppen Möbel. Ich
weiß nicht, wie sie hier genannt werden; muß aber ‘ne besondere Bezeichnung für
sie geben, wie für die Forts des Halles. Sie tragen Uniform, schwarze
Hosen und schwarze Jacken mit roten Paspeln, besondere Schirmmützen, die die
Ohren bedecken. Der unterschiedlichste Krempel steht auf dem Bürgersteig,
bewacht von den Käufern, meistens Trödlern. An der Ecke Rue Chauchat keilen sich die Taxis ein, die sie gerufen haben. Die Fahrer schnauzen sich an.
Ich gehe in das Gebäude. Frage
einige Leute nach dem Skelett. Völlig für die Katz. Dann treib ich einen jungen
Kerl auf. Nicht ganz klar, was der hier zu tun hat. Macht nichts. Hauptsache,
er ist nicht auf den Kopf gefallen, interessiert sich für alles und weiß über
noch mehr Bescheid. Geschwätzig wie ‘ne Elster. Ich geb mich als Journalist aus. Diese Geschichte mit dem Russen habe mich auf die Idee
gebracht, eine Serie über die Kuriositäten des Auktionshauses Drouot zu schreiben.
Skelett? Russe? Ja, ja,
richtig. Der Russe, der sich in den Aufzugschacht geworfen hat. Ja, der hat das
Skelett gekauft. Stand doch in den Zeitungen, hm? Nein, Irrtum ausgeschlossen.
Er selbst war dabei, wollte es sogar kaufen, so zum Spaß, nur so ‘ne Idee; alle
haben sich gefragt, was der Russe damit wollte. Na ja, das war jetzt klar: der
war bescheuert.
„Haben viele
Weitere Kostenlose Bücher