Susan Mallery - Bakery Sister - 03
wahnsinnige Angst davor, mit Gabe allein zurechtkommen zu müssen, aber dadurch habe ich auch verstanden, was du durchgemacht hast, als du dich um deine kleine Schwester kümmern musstest. Und du warst selbst noch ein Kind. Diese Verantwortung hätte man dir nicht aufbürden dürfen. Ich möchte, dass du weißt, dass ich dir für alles, was du für mich getan hast und meinetwegen ertragen musstest, dankbar bin.“
Nicole verzog den Mund. Eine Sekunde lang dachte, oder besser gesagt, hoffte Jesse, dass sie einen Moment aufrichtiger Kommunikation miteinander haben könnten. Dann aber zuckte Nicole die Achseln.
„Wir tun, was wir tun müssen. Ich überlasse dich wieder deinen Brownies.“
Und damit war sie auch schon verschwunden.
„Bist du dir auch wirklich sicher?“, fragte Jesse.
Ungerührt fuhr Claires Mann Wyatt fort, immer mehr Kisten großer Legosteine auf den Fußboden im Wohnzimmer auszukippen. „Wir bauen doch ein Schloss“, erwiderte er grinsend. „Das Schloss finden wir am schönsten.“
Der vierjährige Robby und die zweijährige Mirabella, die Kinder der beiden, hockten auf dem Boden neben Gabe, der die Bausteine und die Möglichkeiten, die sie boten, intensiv in Augenschein nahm.
„Er kann mit Kindern wunderbar umgehen“, bemerkte Claire, während sie zum Empfangszimmer vorausging, wo es einigermaßen ruhig war und sie sich ungestört unterhalten konnten.
„Ich weiß noch, wie er mit Amy umging“, erinnerte sich Jesse und wünschte, Amy wäre da. Aber Wyatts Tochter, inzwischen ein hübscher, ausgewachsener Teenager, verbrachte den Sommer in einem Jugendcamp. „Ich kann es gar nicht erwarten, sie wiederzusehen.“
„Du kannst dir nicht vorstellen, wie sie gewachsen ist“, sagte Claire und lachte. „Sie ist sehr hübsch, und das macht Wyatt ganz verrückt. Ständig scharwenzeln irgendwelche Jungs um sie herum. Bisher ist sie noch nicht an ihnen interessiert, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich das ändert. Vielleicht werden wir ja noch zwei Jährchen relativen Friedens entgegensehen können.“
„Da wünsche ich euch Glück.“ Jesse setzte sich aufs Sofa und sah ihre Schwester an. „Du bist sehr erfolgreich. Ich habe in der Zeitung von dir gelesen.“
Claire tat das Kompliment mit einer Handbewegung ab. „Von Jahr zu Jahr gebe ich weniger Konzerte. Wenn es mich interessiert und es zeitlich passt, lasse ich mich gelegentlich auch schon einmal auf eine Konzertreise ein. Aber mit drei Kindern ist das schwierig, und mittlerweile fehlt mir auch einfach der Antrieb dazu.“ Sie warf einen Blick auf den glänzenden Stutzflügel in der Ecke. „Musik wird es in meinem Leben immer geben, aber anders als früher. Oh, einmal in der Woche gebe ich übrigens Eric und Robby gemeinsam Unterricht. Wenn du willst, kann Gabe mitmachen. Ich würde mich freuen, ihn dabeizuhaben.“
„Natürlich“, antwortete Jesse. „Welche Mutter würde sich nicht wünschen, ihr Kind von der berühmten Claire Keyes unterrichten zu lassen.“
Claire lachte. „Viel kannst du nicht erwarten. Wir spielen mehr, als dass wir üben, aber ich wünsche mir, dass sie die Musik schätzen lernen und sie aufregend finden. Es soll kein Stress für sie sein. Wenn es sie interessiert, können sie sich später dann immer noch mit Tonleitern und Techniken befassen.“
„Du bist die Expertin. Sag mir nur, wann, und ich werde ihn herbringen.“ Sie unterbrach sich. „Vorausgesetzt, dass es mit Nicole klargeht.“
„Jesse, nicht.“
„Was nicht? Realistisch sein? Gib es doch zu.“ Jesse schlüpfte aus ihren Sandalen und nahm die Beine hoch. „Sie will nicht, dass ich Erfolg habe, Claire. Sie bedauert, dass ich wieder hier bin.“
„Nein, sie bedauert es nicht. Es ist nur sehr viel, was sie zu verkraften hat. Vergiss nicht, wir haben sie in keiner Weise vorgewarnt.“
Und das war auf Jesses Wunsch hin geschehen. Sie hatte Claire darum gebeten, Nicole nichts davon zu sagen, dass sie vorhatte, zurückzukommen. „Vielleicht war das ein Fehler. Ich hätte wohl besser zulassen sollen, dass du sie vorwarnst. Ich glaube zwar nicht, dass es irgendwas ändern würde, denn sie ist immer noch wütend auf mich wegen etwas, das ich nicht getan habe.“ Genau wie Matt. Auch er regte sich über die Vergangenheit auf, an die er sich erinnerte, nicht über das, was wirklich geschehen war.
„Sie wird darüber hinwegkommen“, versuchte Claire sie zu beruhigen. „Lass ihr Zeit.“
„Habe ich eine Wahl?“
„Nicht
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