Susan Mallery - Bakery Sister - 03
wirklich, aber sie wird es schon schaffen.“
Da war Jesse sich gar nicht so sicher. „Es ist einfach unfair. Damals schon habe ich es ihr immer wieder gesagt, und sie wollte mir nicht glauben. Jetzt sind wir fünf Jahre weiter und sie ist immer noch total sauer.“
„Besonders angestrengt hast du dich dabei nicht“, gab Claire zu bedenken.
Jesse starrte sie an. „Entschuldigung?“
„Du hast damals nicht besonders glaubwürdig geklungen. Ständig hast du nur wiederholt, dass nichts passiert ist.“
„Es ist auch nichts passiert.“ Jesse konnte es nicht fassen. Wurde sie jetzt etwa danach beurteilt, wie sie versucht hatte, sich zu verteidigen?
„Wir dachten, du meintest damit, Nicole sollte sich nicht aufregen, weil du ja gar nicht dazu gekommen wärst, mit Drew tatsächlich Sex zu haben.“
„Wie bitte?“ Jesse konnte es nicht glauben. „Ich meinte, nichts ist geschehen, im Sinne von, nichts ist geschehen. Und nicht, oh Mann, wir wurden unterbrochen und das bringt mich total runter.“
Wie konnten sie nur so etwas von ihr annehmen? Wie konnten …
Jesse rieb sich die Schläfen. Nicole konnte das Schlimmste deshalb annehmen, weil sie daran gewöhnt war, dass ihre kleine Schwester eine einzige Katastrophe war. Da war es auch naheliegend, das Schlimmste zu glauben.
„Und das alles wegen Worten“, murmelte sie. Konnten semantische Feinheiten denn wirklich dazu führen, dass ganze Leben sich veränderten und Möglichkeiten für immer verloren gingen?
„Worte machen viel aus“, sagte Claire. „Aber Nicole war auch völlig am Boden zerstört, und ich bin mir nicht sicher, ob sie dir überhaupt zugehört hätte, ganz gleich, was du zu sagen hattest.“
Da dürfte Claire wohl recht haben, dachte Jesse. Aber wenn ihre Schwester zumindest richtig verstanden hätte, was sie sagen wollte, dann würden sie vielleicht wenigstens jetzt besser miteinander klarkommen.
„Es ist nichts geschehen“, wiederholte sie. „Drew und ich hatten nie etwas miteinander. Wir hatten nie Sex und hatten auch nie die Absicht, Sex miteinander zu haben.“ Sie unterbrach sich. „Okay, an diesem Abend hatte er die Absicht, aber ich habe keine Ahnung, wie er darauf kam. Ich habe Matt geliebt und war ihm absolut treu. Für mich war Drew ein Freund, weiter nichts. Ist das jetzt deutlich genug?“
Claire griff nach ihrer Hand. „Ich glaube dir voll und ganz.“
„Na wunderbar. Solltest du Gelegenheit dazu haben, dann reich es doch bitte an Nicole weiter.“
„Lass ihr Zeit. Sie wird es schon noch begreifen.“
Jesse nickte. Was blieb ihr auch anderes übrig.
Claire lächelte. „Du hast dich verändert. Du bist erwachsen geworden.“
„Ein schwerer Sieg.“
„Ein beeindruckender Sieg.“
„Ich habe so viel vor“, teilte Jesse ihr mit. „Ich will so viel erreichen. Wieder zurückzukommen war erst der Anfang. Und dazu gehört auch die Aussöhnung mit Nicole, aber letztlich liegt die Entscheidung natürlich bei ihr.“
„Da hast du wohl recht. Also tu, was du kannst, und versuche dann, loszulassen.“
„Dazu werde ich wohl kaum in der Lage sein.“ Loslassen im Sinne von gleichgültig sein? „Ich bin dir jedenfalls dankbar dafür, dass du den Kontakt zu mir stets aufrechterhalten hast.“
„Ich hatte auch nicht dieselbe emotionale Energie dir gegenüber wie Nicole“, meinte Claire.
Das sicherlich auch deshalb, weil sie nicht zusammen aufgewachsen waren und praktisch noch immer wie Fremde zueinander standen, die einfach zufällig Schwestern waren.
„Ich werde es überstehen“, sagte Jesse und wusste, dass es auf die eine oder andere Weise so sein würde. „Ich bin stark. Ich glaube, ich war immer schon stark, nur damals war mir das noch nicht klar.“
„Jetzt weißt du es“, sagte Claire. „Und das ist doch das, worauf es ankommt, nicht wahr?“
Als Jesse im Auto saß, zog sie ihr Handy aus der Tasche. Sie drückte den Knopf, mit dem sie eine ihr wohlbekannte Nummer anwählen konnte, und lächelte, als sie das gedehnte, tiefe „Hallo?“ hörte.
„Hi, Bill.“
„Hey, Jess. Wie geht es dir?“
„Okay. Gut. Einigermaßen jedenfalls.“
Er kicherte. „Ganz sicher scheinst du dir aber noch nicht zu sein.“
„Oh. Ja. Nichts ist so, wie ich es mir vorgestellt hatte.“
„Besser oder schlechter?“
„Beides.“
„So was kommt vor.“
Sie berichtete ihm kurz, wie es ihr bisher in Seattle ergangen war. „Ich habe jetzt vor, sechs Monate hierzubleiben und in der Bäckerei zu arbeiten.
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