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Susan Price

Susan Price

Titel: Susan Price Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Elfling Saga
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klang in dieser Stille sehr laut. Einige der Waliser versuchten zu jubeln, aber ihre Versuche scheiterten kläglich im Angesicht der tiefen, allumfassenden Stille, die sie umgab, und auch sie schwiegen bald. Und alle im Saal atmeten den Gestank der Schlachtbank.
    Kendidra senkte ihren Kopf, um nichts sehen zu müssen, und presste ihre Finger in die Ohren und zitterte und weinte und schüttelte unaufhörlich den Kopf.
    Wulfweard versuchte hinzusehen. Es schien ihm ein Beweis für seinen Glauben an Elfling zu sein, das Geschehen mit ansehen zu müssen. Aber bald senkte auch er den Kopf. Seine Arme hielt man immer noch fest: Er war gezwungen, den Aufprall der Äxte und das Geräusch splitternder Knochen zu hören.
    Ebba verbarg ihr Gesicht an Uds Seite und bedeckte ihre Ohren. Sie hatte für diesen Tod gebetet, aber in ihrer Vorstellung war es nie wie das hier gewesen. Sie hatte sich niemals solche Geräusche vorgestellt und dass es so lange dauern würde.
    Unwin folgte jedem Schlag mit den Augen und nickte dabei zustimmend. An seiner Seite versuchte Godwin zuzuschauen, und er zitterte am ganzen Körper. Seine Hand suchte nach dem Ärmel seines Vaters, zog sich aber wieder zurück, denn er wollte nicht dabei gesehen werden, wie er sich an ihn klammerte. Sein Gesicht war fest auf das Gemetzel gerichtet, selbst als er es nicht mehr ertragen konnte, doch versuchte er, zur Seite zu schauen. Er wusste, diese Hinrichtung war richtig: Es konnte nur einen König geben. Tränen brannten aus Scham vor seiner eigenen Feigheit in seinen Augen. Wenn er ein Mann war, dann musste er solche Dinge sehen, wie es sein Vater tat. Er musste sich abhärten – aber er konnte diesen Anblick nicht mehr ertragen.
    Ingvi schaute bis zum Ende zu, während Ingvald mit verschränkten Armen und gesenktem Kopf dastand. Seine Nackenhaare stellten sich auf. Er konnte kaum noch atmen. Dieser Anblick, wie lebende Knochen zerteilt wurden, dieses Blut, war etwas, das das Herz an seine Grenzen brachte und die Haut erschaudern ließ. Er erinnerte sich an scharlachroten Klatschmohn, mit zerbrochenen Stängeln, der aber dennoch einen langen, heißen Tag überlebte. Weizen wird niedergemäht, um Brot daraus zu machen, Tiere werden für die Feste geschlachtet. Ohne Tod gibt es kein Leben. An den Bäumen rund um die Gotteshäuser von Ingvis Volk hingen geschlachtete Pferde, Ochsen, Eber und Menschen, und Ingvi hatte bereits Menschen in der Schlacht sterben sehen. Es war etwas anderes im Saal, das ihm Angst machte.
    Als alles vorbei war, sagte Unwin: »Karrt die Innereien hinaus, und werft sie in den Graben.«
    Die beiden Dänen schnitten die Leiche ab und zerrten sie hinaus. Als sich die Tür öffnete, wehte ein kühler Lufthauch durch den Saal und ließ das flackernde Fackellicht wirre Bilder über die Dachbäume und die vielen schweigsamen Menschen werfen.
    Ud zog Ebba auf die Beine. »Wir müssen ein Lied schreiben.«
    Niemand bemerkte sie, als er sie aus dem Saal führte.
    Auf dem Podest schaute Unwin auf das Blut, das den Boden und den Dachbaum bedeckte. Er wandte der Menge seinen Rücken zu und nahm das Schwert herab, das in der Wandmitte hinter dem Podest hing. Wodens Versprechen.
    Als er das Schwert mit einem lauten metallischen Kratzen aus seiner Scheide zog und es durch die Luft pfeifen ließ, sagte er: »Das Schwert, das von Woden geschmiedet wurde, darf nicht zurück in seine Scheide, ehe es nicht Blut gekostet hat.« Mit großer Kraft trieb er es in die Scheide zurück. »Mich kümmern die alten Götter nicht. Sie sind tot. Nun habt ihr einen Gott über euch und einen König unter ihm. Ich bin euer König.«

DAS GING VORÜBER,
AUCH DIES GEHT VORBEI

    »Ich würde es ja niederbrennen«, sagte Unwin, »aber das Feuer würde sich ausbreiten.«
    Männer kletterten hoch oben auf dem Dach des Götterhauses und lösten die Schindeln. Godwin verrenkte sich den Hals, um ihnen zuzuschauen, und drehte sich grinsend zu seinem Vater um. Es waren bereits Löcher im Dach zu erkennen, und der Schnee fiel hinein in das Götterhaus und legte sich über die Götterstatuen.
    Einige der Männer auf dem Dach weinten und hielten regelmäßig inne, um sich die Tränen wegzuwischen. Alle arbeiteten langsam. Das Götterhaus war alt. Der Legende nach hatten die Sachsen, die Söhne Wodens, die dieses Land als Erste betraten, es errichtet. Es wurde jeden Tag von vielen besucht, die in die Dunkelheit hineintraten, in die nach Wald duftenden Schatten, um zu den Götterstatuen

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