Susan Price
ihm gebracht hatte. Alnoth sah, wie Unwin und Wulfweard den Schild und den Helm anstarrten, die auf dem hölzernen Fußboden lagen.
»Dieser gute Lehnsherr bringt mir Nachricht von einem Angriff auf einen Hof«, sagte Athelric. »Alle Bewohner tot und mit den Gebäuden verbrannt.«
Unwin drehte sich um und blickte Alnoth an. In dem Augenblick, als sich ihre Blicke kreuzten, wusste Alnoth, dass er einen Feind vor sich hatte. Es lief ihm kalt über den Rücken. Jeder gewöhnliche Mann hätte ihm keine Furcht eingeflößt, aber dieser gehörte zu den Zwölfhundert – und noch mehr, er war ein Mitglied der königlichen Sippe. Hinter seinen finsteren Blicken drohten Speere.
Unwin zog einen Goldring vom Finger und hielt ihn dem Thane lächelnd entgegen. »Du hast uns einen Dienst erwiesen.«
Alnoth lächelte, verneigte sich und nahm den Ring ungeschickt entgegen, da er in der anderen Hand den Pokal hielt. »Ich danke Euch, edler Herr.« Und wieder verneigte er sich lächelnd und bedankte sich ebenfalls bei Wulfweard, welcher ihm auch einen Ring schenkte. Dann richtete er sich wieder auf und schaute Athelric an. »Vielleicht, edler Herr, sollte ich jetzt zu meinen Männern zurückgehen.«
»Tu mir einen Gefallen, Thane«, erwiderte Athelric, »und bring mir das Mädchen her. Jetzt gleich.«
Wieder verbeugte sich Alnoth, stellte den immer noch vollen Pokal auf eine Truhe neben der Tür und verließ den Raum, so schnell er konnte.
Als man seine Schritte auf der Treppe hörte, wandte sich Athelric an seine Neffen und sagte: »Es ist nicht nötig, mir zu erklären, was Hunting mit einer Schar Bewaffneter in Hornsdale wollte.«
»Elfling Eadmundssohn eine sichere Eskorte anbieten«, sagte Unwin. Er hielt Athelrics zornigen Blicken stand. »Ich wundere mich, dass du nicht selbst nach ihm geschickt hast, Vatersbruder – du warst doch so erpicht darauf, dem Rat zu sagen, dass unser Vater ihn als Nachfolger benannt hat.«
Athelric beugte sich hinab und hob den Schild auf. Vom Schlag der Waffen zerbeult, teilweise verbrannt, der prächtige Zierrat zerbrochen oder herabhängend. »Was ist eurer Meinung nach mit dieser sicheren Eskorte geschehen?«
Wulfweard hatte dicht hinter Unwin gestanden. Jetzt trat er vor. »Ist Hunting tot?«
Als Antwort nahm Athelric den Helm auf und warf ihn Wulfweard zu. Dieser fing ihn und drehte ihn in den Händen. Der Helm war verdreckt und von Ruß geschwärzt. In der Höhlung und in den Intarsien hatten sich Schmutz und Blut festgesetzt. »Wer hat ihn getötet?«, fragte Wulfweard.
»Lasst uns warten, bis das Mädchen seine Geschichte erzählt hat«, meinte Athelric. »Vielleicht kann es uns mehr dazu sagen. Setzt euch, nehmt Platz.«
Athelric setzte sich in den Armsessel und schaute zu, wie seine Neffen auf den Schemeln neben dem Kohlenbecken Platz nahmen. Schweigend saßen sie da und warteten. Athelric, bequem in seinem Sessel, genoss es offensichtlich zuzuschauen, wie Unwin sich bemühte, auf dem Schemel ohne Lehne eine entspannte und unbesorgte Haltung zu wahren. Wulfweard hielt den schmutzigen Helm auf den Knien und zog die Verzierungen mit dem Finger nach.
Auf der Treppe ertönten Schritte. Alnoth trat ein, gefolgt von einem kleinen, dünnen Mädchen in einem langen grauen Gewand, das viel zu groß war, sodass seine schmächtige Gestalt von Hals bis Fuß in Wolle erstickte. Man konnte das Gesicht nicht sehen, da die Kleine den Kopf gesenkt hielt, zu verängstigt, um aufzuschauen; aber ihre Haare waren ordentlich zu einem Zopf geflochten und so dunkelbraun, dass sie fast schwarz aussahen.
Thane Alnoth räusperte sich. »Das ist das Mädchen, edle Herren. Sie heißt Ebba und gehörte Elfling, dem Elfengeborenen. Meine Leute stöberten sie nahe der Brandstelle auf.«
»Gut«, meinte Athelric. »Ebba? Steh gerade, Mädchen, und berichte uns alles, was geschehen ist. Alles.«
Das Mädchen senkte den Kopf noch tiefer. Es krümmte sich fast zu einem Bogen und umfasste die eigenen Ellenbogen.
Alnoth stieß es an und flüsterte: »Nun rede schon!« Als einzige Antwort zitterte das Mädchen.
»Hab keine Angst«, versicherte ihr Athelric. »Wir werden dir nicht wehtun.« Weil du nicht wichtig genug bist, dass man dir etwas antut. Das hörte man deutlich aus seinem Tonfall. »Wir wollen nur hören, was geschehen ist, als der Hof in Flammen aufging.«
An dem Mädchen war keine Veränderung zu erkennen. Es war völlig verstört, weil es mit drei Söhnen Wodens in dem kleinen Raum war. So
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