Susan Price
Verwirrung dachte sie: Zwei! Ich habe zwei goldene Ringe!
Thane Alnoth zog sie von hinten am Arm und führte die immer noch mit offenem Mund staunende Ebba aus dem Raum. An der Treppe versetzte er ihr einen leichten Stoß, um sie zum Weitergehen zu ermuntern. Sie hob die Hand und betrachtete die beiden Ringe darin. Zwei goldene Ringe!
»Wenn ich du wäre, Mädchen, würde ich niemanden sehen lassen, dass du sie besitzt«, sagte Alnoth leise.
Schnell schloss sie die Hand um den Schatz. Ihr Herz schlug schnell. Ihr war speiübel. Zwei goldene Ringe, und was konnte sie damit tun? Sobald jemand wusste, dass sie dergleichen besaß, würde man sie ihr stehlen. Wenn sie versuchte, die Ringe zu verkaufen, würde man sie betrügen.
Am Fuß der Treppe, in Athelrics Halle, sagte Alnoth: »Gib sie mir. Ich werde sie für dich sicher aufbewahren.«
Sie hielt die Ringe fest und sah ihn an.
Lächelnd streckte er die Hand aus. »Sie sind kein Vermögen wert, wenn du das denkst. Du könntest nicht einmal ein Schaf dafür kaufen. Aber sie könnten genügen, um einen freien Mann zu verlocken, dich zu heiraten. Wer weiß? Lass sie mich für dich aufbewahren.«
Ein Ehemann, dachte sie. Elfling!
»Ich will sie behalten«, erklärte sie fest.
»Kannst du, wenn du willst«, sagte Alnoth. Nach einem entnervten Seufzer fuhr er fort: »Glaubst du, ich hätte es nötig, dir zwei dünne Goldringe zu stehlen? Ich bin kein Atheling, aber so schlecht geht es mir nun auch nicht. Unwin und Wulfweard haben dir die Ringe geschenkt, und ich werde dafür sorgen, dass du den entsprechenden Gegenwert dafür bekommst. Wenn du sie behältst, verlierst du sie gewiss.«
»Ich will sie behalten.«
Er ergriff ihr Handgelenk, zwang sie, die Hand zu öffnen, und nahm ihr die Ringe weg.
»Flenn, so viel du willst«, sagte er. »Später – wenn du eine freie, verheiratete Frau bist – wirst du mir dankbar sein.«
Weinend folgte sie ihm durch die lange Halle. Eine freie, verheiratete Frau? Gab es so etwas? Und überhaupt – sie wollte Elfling, nicht irgendeinen Hirten, den Alnoth für sie aussuchte. Obgleich es aussichtslos erschien, wollte sie nur Elfling haben und niemanden sonst.
In dem Gemach über der Halle lehnte sich Athelric in seinem Sessel zurück und lächelte seine Neffen an. »Diese Frau, welche das Mädchen erwähnt hat … diese Frau in Kriegsrüstung, die dem Bastard versprochen hat, ihn zu lehren, wie man kämpft … Ihr beide seid wohl zu vollgestopft mit christlichen Gebeten, um sie zu kennen.«
Unwin betrachtete die Stickereien der Wandbehänge, die Schnitzereien, alles alte Götter- und Heldensagen. »Ich müsste schon blind und taub aufgewachsen sein, um nicht eine Walküre zu erkennen, wenn man sie beschreibt.«
»Ich möchte derjenige sein, der ihm den Kopf abschlägt«, sagte Wulfweard. »Ich weiß, dass du der Ältere bist, Unwin, aber ich will es selbst tun. Ich allein.«
»Der Bastard ist in die Anderswelt entschwunden, wo keiner von uns ihn erreichen kann«, meinte Unwin.
»Dem ist keineswegs so«, erklärte Athelric. Erstaunt schauten sie ihn an. »Eure Priester sind an diese Welt gebunden, aber die Priester Eostres und Ings Frauen – und auch Wodens Priester – können alle in andere Welten reisen. Sie können den Bastard finden. Vielleicht sind sie so sogar imstande, ihn für uns zu töten. Wir sollten sie befragen.«
»Ich will nicht Teil daran haben, mit Geistern zu sprechen!«, sagte Unwin.
Wulfweard erhob sich mit weißem Gesicht vom Schemel und baute sich vor seinem Bruder auf. »Um Huntings Mörder zu finden – ja!« Er wandte sich an seinen Onkel. » Ich will Elfling töten. Ich will nicht, dass ein Priester dies für mich erledigt.«
Auch Athelric stand auf und legte den Arm um Wulfweards Schultern. Beide standen da und blickten auf Unwin herab, plötzlich gegen ihn verbündet. »Du wirst dem Bastard den Kopf abschlagen. Das verspreche ich.« Er küsste den Jungen auf die Stirn. »Ich bin stolz, dass du so entschlossen bist.« Zu Unwin sagte er: »Vielleicht würdest du lieber für den Mörder deines Bruders beten wie ein guter Christ.«
Bei dieser Beleidigung sprang Unwin auf und ging zur Tür. Doch zuvor warf er Wulfweard noch einen Blick zu, worauf sich dieser von seinem Onkel löste und ihm folgte. Athelric hielt ihn am Arm fest. Wulfweard wandte sich um.
»Ich werde dich holen lassen, sobald ich mit den Priesterinnen gesprochen habe«, sagte Athelric. »Wir werden eine Geisterbeschwörung
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