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Susan Price

Susan Price

Titel: Susan Price Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Elfling Saga
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abhalten.«
    Wulfweard entwand ihm den Arm und folgte seinem Bruder die Treppe hinunter.

EBBAS PROPHEZEIUNG

    Da Thane Alnoth sich ohnehin in der Königsburg aufhielt, hatte er beschlossen, so lange zu bleiben, bis der neue König zum Schreienden Stein ging. Ebba stellte fest, dass das Leben in der Königsburg recht gut sein konnte. Man musste sich wegen eines Schlafplatzes oder wegen Essen keine Sorgen machen: Die königliche Halle war für alle offen. Alnoth musste allerdings die Mühe auf sich nehmen, passende Geschenke für königliche Bedienstete zu finden, die ständig herumlungerten und auf kleine Zuwendungen äußerst erpicht waren, um dem Geber eine gute, warme Schlafstelle, einen guten Platz bei einem Fest und so weiter zu besorgen … Alnoth murrte, zahlte jedoch. Den König zum Stein gehen zu sehen war es wert. Da Ebba keinerlei Stellung im Leben zu wahren hatte, blieben ihr derartige Sorgen erspart.
    Doch nachts, wenn sie auf dem Boden einer Gästehalle schlief, träumte sie von ihrer Todesangst unter der Decke und den Mördern auf Elflings Hof. Sie träumte von den Leichen Owens und Hilds und wachte dann niedergeschlagen auf. Doch je länger der Tag wurde, je mehr es von dem Leben ringsum zu schauen und zu hören gab, desto mehr vergaß sie die alten Freunde, zumindest eine Zeitlang. Wenn sie sich wieder an sie erinnerte, fühlte sie sich schuldig, aber das Leben ging weiter, und sie war jung – sie konnte nichts dafür, dass sie die Freunde vergaß. Wie das alte Sprichwort sagt: »Nach Leid musst du nicht weit suchen, es findet dich selbst.«
    Soweit Ebba sich erinnern konnte, hatte sie zum ersten Mal im Leben keine Arbeit, und sie war froh darüber. Keine schweren Wassereimer schleppen, kein Mahlen, kein Ausmisten bei den Tieren, kein Eiersuchen. Sie hatte den ganzen Tag nichts, rein gar nichts zu tun, außer zu bummeln, zu staunen, zu bewundern, zu tratschen und zu essen. Es war, als sei sie ins Gesegnete Land gekommen.
    Zum ersten Mal in ihrem Leben konnte sie so viel essen, wie sie wollte. Jeden Tag wurde zur Mittagszeit in der großen Halle für alle, die kommen und essen wollten, ein Mahl aufgetischt: Brot mit Butter und Käse, dazu Ale. Besonders vom Brot gab es Berge. Und abends wurde in der Halle noch eine Mahlzeit serviert, und wieder war jeder willkommen, mit Ausnahme, wenn ein Fest gefeiert wurde. Obwohl nur Adlige zum Fest zugelassen wurden, gab es für die Armen und die Dienerschaft der anderen Hallen der Königsburg jede Menge zu essen. Zu den niedrigeren Tischen, wo Ebba saß, wurden reichlich Brot und Ale gebracht, aber auch eine Brühe aus Knochen mit ein paar Fleischstücken darin, zuweilen auch Bohnen oder Eier. Für jemanden wie Ebba, die sich zwischen den Gebäuden frei bewegen konnte, gab es noch mehr Essbares: Eier aus den Hühnerhäusern, Milch aus den Kuhställen, eine Ecke Käse, aus der Meierei stibitzt, ein Kuchen aus den Küchen. Sehr schnell wurde sie fülliger. Ihre Knochen ragten nicht mehr so hervor. Die Brüste rundeten sich, die Hüfte wurden ein wenig ausladender. Darüber freute sie sich ungemein, auch wenn das graue Kleid, das man ihr gegeben hatte, immer noch zu groß war. Mit dem guten Essen im Bauch fühlte sie sich trotzdem lebendiger und stärker als je zuvor. Und jeden Tag dachte sie an Elfling. Er würde zurückkommen, und sie würde hier sein und auf ihn warten.
    Nachts schlief Ebba in einer der kleineren Hallen der Burg, nahe Alnoth und dessen Männern. Auch eine Frau schlief dort, die Wilburga hieß. Sie kämmte Ebbas langes Haar, flocht ihr einen Zopf und schenkte ihr den hölzernen Kamm. Ebba steckte ihn in den Gürtel, damit sie ihn stets bei sich hatte. Wilburga hatte über ihre Freude über das Geschenk gelacht. Es war doch nur ein billiger Holzkamm. Sie lachte oft über Ebbas Unwissenheit, war aber immer freundlich.
    »Ich hatte eine Tochter wie dich«, sagte sie. »Mit ebenso dunklen Haaren.«
    »Ich wünschte, meine Haare wären hell«, sagte Ebba und dachte, hell wie Elflings und in der Sonne glänzend. Wenn sie ihm ähnlicher wäre, würde er sie vielleicht mehr schätzen. Auf alle Fälle wäre sie glücklich, wenn sie ein bisschen mehr wie er aussähe.
    »Nein, nein«, widersprach Wilburga. »Meine Hosanna hatte genau solche Haare wie du.«
    Wilburga nahm Ebba mit in eines der Badehäuser der Burg. Ebba hatte noch nie davon gehört. »Jeder sollte einmal in der Woche baden«, erklärte Wilburga. Und Wilburga hatte kleine Töpfe mit schwarzem

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