Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Susan Price

Susan Price

Titel: Susan Price Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Elfling Saga
Vom Netzwerk:

    … und fiel hinein in einen weißen, nassen und kalten Nebel, welcher sich um die Reiter auf dem Pferd legte und den Klang der Glöckchen am Zaumzeug erstickte. Elfling hielt sich an der Walküre fest, das Gesicht gegen ihre Schulterrüstung gepresst, und spürte die Muskeln des großen Pferdes, wie sie sich unter ihm zusammenzogen und wieder streckten. Aber er spürte nichts vom Auftreffen der Hufe auf dem Boden und hörte auch keinen Hufschlag. Es war, als liefe das Pferd auf Luft. Er spähte vom Rücken hinunter, sah jedoch nichts. Der Nebel verbarg alles. Er war von der Weiße geblendet – vernahm aber einen Ton, ein ständiges Rollen oder Rauschen, wie Meereswellen in einer Höhle oder eine Muschel am Ohr. Es roch auch wie Meer.
    Langsam löste sich der Nebel zu Strähnen auf, und er sah unter sich eine glitzernde Fläche aus Licht, die rollte und wogte. Nie zuvor hatte er Ähnliches erblickt. Es war wie ein Meer mit hohen Wellen und Tälern. Und über diese Wellen galoppierte das Ross. Jetzt, da der Nebel sich lichtete, ertönten die Glöckchen lauter.
    Und dann kam aus dem Nebel ein weißes Reh gestürmt – nur für einen Augenblick sichtbar. Es war ein äußerst anmutiges Tier und weiß wie der Nebel. Es kam aus dem Nebel und lief über die Wellenspitzen wieder in den Nebel hinein. Dahinter rannte, stumm, ein Rudel weißer Hunde mit roten Ohren.
    Elfling machte den Mund auf; aber er hatte gerade Luft geholt, als die Walküre dies hörte und rief:
    »Schweig, kein Wort!«
    Stumm beobachtete er, wie ein Reiter aus dem Nebel auftauchte: Der Reiter trug einen roten Umhang, saß auf einem weißen Ross und trug einen Zweig mit silbernen Blättern und goldenen Früchten. Schweigend folgte der Reiter den Hunden und dem Reh und verschwand im weißen Nebel.
    Dann verflüchtigte sich der Nebel und löste sich vollkommen auf. Das Pferd trabte auf dem Sand eines hellen Strandes. Hagedornsträucher beugten sich im Wind, und eine starke Brise trug den Geruch von Land zu ihnen. Jetzt, da das Pferd auf festem Boden trabte, spürte Elfling jede ruckartige Bewegung.
    Die Walküre drehte sich im Sattel halb um und sagte zu ihm über die Schulter: »Sprich kein Wort und stell keine Fragen, bis ich dir die Erlaubnis erteile! Behalte die Zunge zwischen den Zähnen.« Sie wartete auf kein Zeichen der Zustimmung, sondern trieb das Pferd weiter auf dem Pfad zwischen dem Hagedorn und durch einen Schauer weißer Blüten, bis sie eine weite, helle Ebene erreichten. Dort drückte sie dem Pferd die Fersen in die Weichen, dass dieses mit einem Satz vorwärtssprang. Die Glöckchen klingelten laut, und die Ebene wischte vorbei. Das Geklingel der Glöckchen wurde zu einem steten Lärm.
    Es kam Elfling wie eine Ewigkeit vor, während ihnen ein stetiger Wind ins Gesicht wehte. Dann wurde das Pferd langsamer, und seine Hufe trafen erneut auf festen Boden. Immer noch klingelten die Glöckchen am Zaumzeug bei jedem Schritt und Tritt. Elfling sah Äste vor dem blauen Himmel. Es waren Apfelbäume, die in voller weißer Blütenpracht standen, aber auch rote und grüne Äpfel trugen. Aus den Blüten tropfte dicker Nektar. Bienen flogen langsam durch die Luft, von Blüte zu Blüte.
    Elfling sog den Duft der Äpfel ein und bewunderte die weiße Blütenpracht und die rot-grün gestreiften runden Äpfel. Plötzlich griff die Walküre über ihren Kopf und pflückte einen Apfel von einem Baum. Sie hielt den Arm über die Schulter, wandte den Blick zurück und bot Elfling den Apfel an. »Sag kein Wort!«, erklärte sie, als er den Mund öffnete. »Beiß nur hinein!«
    Elfling nahm den Apfel in die Hand. Er fühlte sich hart, kühl und klebrig vom Nektar an. Wieder machte er den Mund auf und wollte schon hineinbeißen, als ihm die Geschichten durch den Kopf schwirrten, die Hild und Owen ihm erzählt hatten: Geschichten über jene, welche über die Grenze in die Anderswelt gewandert waren und von den Speisen aßen, die ihnen dort angeboten wurden. Darin war ein schleichendes Gift enthalten, welches in ihre Körper eindrang und sie verwandelte. Sollte es ihnen gelingen, in ihre eigene Welt zurückzukehren, fühlten sie sich dort nie wieder wohl, sondern sehnten sich immer nach der Anderswelt zurück.
    »Wovor hast du Angst?«, fragte die Walküre. »Du bist ins Land deiner Mutter gekommen. Iss!«
    Er lachte. Weshalb hatte er Angst, im Land seiner Mutter ein Ganzes zu werden, da er in der Welt seines Vaters sich nie ganz wohlgefühlt hatte, weil er dort

Weitere Kostenlose Bücher