Susan Price
heidnische Bilder von Schlachten und Schlachtengöttern, von Wölfen und Raben und Speeren. Darin gab es wiederholte versteckte Anspielungen auf Athelrics Alter, aber das Lied erklärte auch Unwins Loyalität seinem Vatersbruder gegenüber – mochte sie auch nur vorübergehend sein. Vor seinem geistigen Auge sah Vater Fillan bereits, wie sein Kreuz herabstürzte und seine kleine Kirche eingerissen wurde. Er fragte sich, ob er den Mut hätte zu bleiben und zu versuchen, die Kirche zu verteidigen und seine Herde zusammenzuhalten, und wenn es ihn das eigene Leben kostete. Früher hatte er diese Frage ohne Zögern und aus vollem Herzen bejaht. Doch jetzt, wo die Aussicht auf das Martyrium so nahe war, schrumpfte sein Magen, und ein kalter Schauer überlief ihn. Er sollte zu seinen Vorgesetzten zurückkehren, damit sie an seiner Stelle einen tapfereren Mann schickten. Aber er musste erst Unwin um Erlaubnis fragen, gehen zu dürfen. Zweifellos würde dieser sie ihm gewähren.
Ebba saß am Tisch in einer der kleineren Hallen der Residenz. Sie war vollkommen glücklich. Ihr war warm, ihr Bauch war voll von Brot und Suppe. Und um sie herum saßen Freunde. Wilburga war neben ihr und lächelte, als Ebba mit einem jungen Mann auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches liebäugelte. Ebba bekam zuerst gar nicht mit, als zwei große Vertreter der Leibgarde hereinkamen und sich hinter ihr aufbauten. Erst als der junge Mann gegenüber plötzlich verstummte und über ihre Schulter schaute, bemerkte sie, dass auch alle anderen am Tisch schwiegen. Sie drehte den Kopf, um zu sehen, worauf alle starrten.
Die Männer trugen Helme, die ihre Augen überschatteten, und einer hatte den Schild auf den Rücken geschlungen. Ihre Umhänge waren mit glänzenden Bronzebroschen befestigt, und an den Seiten hingen Schwerter. Einer sagte: »Du bist doch die Ebba, die mit Thane Alnoth gekommen ist.«
Verängstigt blickte sie ihn an, bis er die Frage wiederholte. Dann nickte sie.
»Dann komm mit uns«, sagte er.
Ebba kam nicht auf den Gedanken, nicht zu gehorchen. Ohne zu denken, stand sie auf und kletterte über die Bank, auf der sie gesessen hatte. Sie hatte viel zu viel Angst, um zu denken.
»Warum nehmt ihr sie mit? Wer seid ihr?«, fragte Wilburga.
Einer der Leibgarde drehte sich um und schaute sie lange und durchdringend an, als wolle er ihren Stand einschätzen. Als er sicher war, dass sie keine wichtige Person war, antwortete er harsch: »Die Wache des Athelings Unwin, Weib. Wir haben den Befehl, dieses Mädchen zu holen.«
Sie führten Ebba aus der Halle.
Wilburga lief ihnen hinterher. »Warum?«
Der Soldat blickte über die Schulter. »Ich weiß es nicht, Weib. Atheling Unwin erzählt mir nicht alle seine Geheimnisse. Am besten ist es, du gehst zurück zum Tisch und isst weiter, Weib.«
Der andere Soldat hatte seine große Hand um Ebbas dünnen Arm gelegt. Das tat weh. Seine Schritte waren länger als ihre. Als er zur Tür ging, musste sie sich beeilen, um mitzuhalten. Die Leute an den Tischen sahen stumm zu, als sie vorbeigingen.
Sie erreichten die Tür und gingen von der erleuchteten Halle direkt in die dunkle, kalte Nacht. Keiner der Soldaten sprach, als sie mit ihr durch die Gärten der Residenz im Eiltempo marschierten. Ebba tat der Griff am Arm weh, und sie hatte große Schwierigkeiten, die Füße auf dem Boden zu lassen, als sie so dahingeschleppt wurde. Sie vermochte nicht zu denken. Sie stellte keine Fragen, weil sie Angst vor den Antworten hatte.
Ihr Geschichtenerzählen! Sie war sicher, es ging um ihr Geschichtenerzählen. Hatte Wilburga sie nicht gewarnt? Ihre eigenen Worte kamen zurück zu ihr: »Elfling wird aus der Anderswelt zurückkommen. Er wird sich an den Athelingen rächen. Elfling kommt zurück, und er wird König sein …«
Vor ihnen ragte der schwarze Hauptteil der Königshalle auf. Gelbes Licht schien aus den Fenstern hoch oben in den Wänden. Lärm drang heraus – Gelächter, Rufe, durch die Kühle und Nässe der Nacht gedämpft. Die Soldaten marschierten geradewegs darauf zu und zerrten Ebba mit sich. Als sie sich den Türen näherten, wurde der Lärm noch lauter, und man roch die Speisen.
Während ein Soldat Ebbas Arm hielt, öffnete der andere die Türen der Halle. Eine dicke Wolke aus Wärme und dem Duft von Fleisch und Brot drang heraus. Drinnen war es sehr laut. Ebba wurde von den Wachen hineingezerrt, und die Tür hinter ihnen geschlossen.
Da stand sie nun, zwischen den Wachen, in der
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