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Susan Price

Susan Price

Titel: Susan Price Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Elfling Saga
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mit Streu bedeckten Boden sehen, auf den sie starrte, so gewaltig war ihre Angst. Sie würden sie hängen, sie würden sie in ein Moor bringen, zu einem Bündel zusammenschnüren und eintauchen, bis sie sank – sie spürte schon das kalte Wasser bis in die Knochen, das sie umgab. Sie schlang die Arme um sich – der einzige Trost, der ihr blieb – und zitterte und stotterte, vermochte aber kein Wort zu sprechen.
    Athelric wiederholte die Frage zweimal; aber es war offensichtlich, dass aus dem Mädchen nichts herauszuholen war. Er hob den Blick von ihr und blickte in die Halle. »Kann jemand bezeugen, dass das Mädchen diese Dinge gesagt hat?«
    »Ich kann es«, antwortete der Soldat links von Ebba.
    »Ich ebenfalls«, erklärte der andere.
    Niemand sonst sprach in der Halle. Viele kannten die Prophezeiungen, welche das Mädchen gemacht hatte, aber keiner war so töricht, es zuzugeben.
    »Und ich«, sagte Unwin. »Bezweifelst du mein Wort, Bruder meines Vaters?«
    Athelric schaute ihn an. »Welches Urteil soll ich fällen?« Es war töricht, dachte er, der Sache überhaupt ein solches Gewicht zu geben. Warum sollte man das Geplapper einer Unfreien so wichtig machen, um ihm Aufmerksamkeit zu schenken? Sie auszupeitschen würde das Mädchen in Zukunft schweigen lassen. Aber niemand würde je vergessen, was sie bereits gesagt hatte – insbesondere nachdem Unwin sie vor seinen Thron gezerrt hatte.
    Unwin lächelte. »Ich erwarte von dir als Urteil – Freiheit! Ich möchte, dass auch sie freigelassen wird.«
    Athelric machte den Mund auf, hielt aber seine Zunge im Zaum. Stattdessen lächelte er und begann mit der Menge zu spielen. Er umarmte Unwin und küsste ihn auf die Stirn. »Eine Bitte, welche ich mit Freuden erfülle! Lass die Schreiber holen und den Freibrief für das Mädchen sofort ausstellen. Bringt ihm die Kleidung und den Geldbeutel.«
    Gelächter und Beifall stiegen aus der gesamten Halle auf. Das war bestens gelaufen, gestand Athelric sich ein. Was das Mädchen gesagt hatte, war jetzt entwertet. Nur ein Mann ohne Furcht und ohne Schuld konnte die Anschuldigungen des Mädchens mit Freiheit und Geschenken beantworten. Falls das Mädchen wollte, konnte es seine Prophezeiungen wiederholen. Niemand würde ihr jetzt noch glauben.
    Unwin war ein wahrlich gefährlicher Rivale. Das stand für Athelric fest.
    Unwin beugte sich über den Tisch und bot Ebba einen Becher mit Wein und ein Stück Kuchen an, das mit Creme und Honig gefüllt war. Die Soldaten hatten sie auf die Beine gezerrt, aber sie schien noch zu benommen zu sein und zu verängstigt, um den Kuchen zu nehmen, ganz zu schweigen zu begreifen, dass man sie von der Leibeigenschaft befreit hatte. Ein Soldat nahm den Kuchen von Unwin und legte ihn Ebba in die Hand. Sie starrte darauf, unfähig zu begreifen, weshalb man ihn ihr gegeben hatte, wenn man sie doch hergebracht hatte, um zum Tode verurteilt zu werden.
    »Auf den Bruder meines Vaters!«, rief Unwin. »Auf seine Krönung – und auf den Schrei des Steines!«
    Ebba war von der Hitze in der Halle mit den vielen prächtig gekleideten Menschen, die mit den Bechern auf die Tische klopften, dem Stimmengewirr und Gelächter so verschreckt, dass sie ihren Kuchen fallen ließ. »Also wirklich!« sagte der Soldat, der ihren Ellbogen umfasste. »Der schöne Honig und die Creme, alles verschwendet.«
    Später, als die Kerzen und Feuer immer noch brannten und die Hitze auf ihrem Gesicht Schweißperlen hervorrief, als ihre Ohren dröhnten und sich ihr Magen bei den Gerüchen von Essen und Getränken umdrehte – brachten sie ihr ein Pergament und legten es in ihre Hand. Und dann hing der Wodenssohn, den sie am meisten fürchtete, der jüngere mit dem langen rötlichen Haar, ihr eine Knochenscheibe an einem Lederriemen um den Hals. Sie scheute zurück, aber dennoch streifte er ihr den Riemen über. Wieder war schrecklicher Lärm in der Halle. Die Soldaten überreichten ihr einen Stoß Kleider, darauf ein Paar Schuhe und einen kleinen Lederbeutel, in dem Metall klirrte, wenn man ihn schüttelte. Der Jubel dauerte an, als die Leibgarde sie durch die Halle und durch eine Tür in die Dunkelheit führte. Es war empfindlich kalt. Sie versetzten ihr einen Stoß, schickten sie fort und ermahnten sie, in Zukunft den Mund zu halten. »Ein zweites Mal wird der Atheling nicht so freundlich sein.«
    Wilburga, in ihren Umhang gewickelt, stand draußen in der Dunkelheit. Es waren auch noch etliche andere Leute dort: der junge

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