Susannah 4 - Auch Geister lieben süße Rache
plausiblen Lügengeschichten aus.
»Hallo?«, sprach ich in den Hörer, während Pater Dom mich finster anfunkelte.
»Suze?« Wieder die altbekannte schrille Stimme. »Ich bin’s wieder, Jack.«
»Jack«, sagte ich matt. »Ich hab dir doch schon gesagt, dass ich mich heute nicht gut fühle …«
»Aber genau darum geht es ja«, unterbrach er mich. »Ich dachte, vielleicht hast du mich vorher nicht ganz verstanden. Also hab ich jetzt noch mal angerufen. Denn ich bin sicher, wenn ich dir das sage, geht’s dir sofort besser.«
»Wenn du mir was sagst, Jack?«
»Dass ich diesen Geist für dich weggemittelt habe«, erklärte Jack.
Mein Schädel dröhnte. Ich hatte jetzt echt keinen Nerv für so was. »Aha? Und welchen Geist meinst du?«
»Du weißt schon«, sagte er. »Diesen Typen, der dich immer genervt hat. Diesen Hector oder wie der hieß.«
Beinahe hätte ich das Telefon fallen lassen. Na ja, ich ließ es wirklich fallen, aber zum Glück konnte ich es gerade noch auffangen, bevor es auf den Boden geknallt wäre. Mit beiden Händen, damit es mir bloß nicht wieder entwischte, hielt ich es mir ans Ohr. Ich musste bei
Jack nachfragen, um sicherzugehen, dass ich mich nicht verhört hatte. Pater Dom ließ mich die ganze Zeit nicht aus den Augen.
»Jack?« Mir war, als hätte man mir die Luft aus den Lungen rausgeprügelt. »Wovon redest du?«
»Dieser Typ«, sagte Jack, und sein kindliches Gelispel hatte wieder einen empörten Unterton. »Der dich immer belästigt hat. Maria hat mir erzählt …«
»Maria?« Meine Kopfschmerzen und Pater Dom waren auf einmal vergessen. »Jack!«, schrie ich regelrecht in den Hörer. »Wovon redest du da? Welche Maria?«
»Diese altmodische Geisterfrau«, sagte Jack sauer. Klar war er sauer, ich brüllte ja auch wie eine Wahnsinnige. »Die Nette, deren Bild im Büro von diesem Mann hing. Sie hat gesagt, dieser Hector - also der mit dem anderen Bild, dem kleinen - würde dich immer nerven, und dass ich dir einen Gefallen tun könnte, indem ich ihn exer … exor … also, indem ich …«
»Indem du ihn exorzierst?« Ich umklammerte den Hörer so fest, dass meine Knöchel weiß hervortraten. »Hast du das getan, Jack? Hast du ihn exorziert?«
»Ja«, sagte Jack. Er klang extrem zufrieden mit sich selbst. »Ja, genau das hab ich gemacht. Ich hab ihn exorziert.«
KAPITEL 11
I ch ließ mich aufs Fenstersims plumpsen.
»Was …« Meine Lippen waren taub. Keine Ahnung, ob das irgendwie mit der Gehirnerschütterung zusammenhing, aber auf einmal konnte ich meine Lippen nicht mehr spüren. »Was hast du da gesagt, Jack?«
»Ich habe ihn für dich exorziert. Ganz allein hab ich das gemacht! Na ja, Maria hat mir ein bisschen dabei geholfen. Hat’s funktioniert? Ist er weg?«
Pater Dominic sah mich verständnislos an. Kein Wunder: Für jemanden, der nur meinen Teil der Unterhaltung mit angehört hatte, musste das alles extrem verwirrend klingen. Schließlich hatte ich noch nicht mal Gelegenheit gehabt, ihm von Jack zu erzählen.
»Suze?«, sagte Jack. »Bist du noch dran?«
»Wann?«, brachte ich mühsam hervor.
»Was?«
»Wann, Jack?«, wiederholte ich. »Wann hast du das gemacht?«
»Ach so. Gestern Abend, als du mit meinem Bruder aus warst. Maria ist nämlich hergekommen und hat das
Bild mitgebracht und ein paar Kerzen, und dann hat sie mir erklärt, was ich sagen muss, und dann hab ich das gesagt, und das war richtig cool, weil plötzlich so roter Rauch aus den Kerzen rauskam, und dann wirbelte der überall herum, echt überall, und dann hat sich über uns so ein riesiges Loch aufgetan, das war richtig dunkel, und dann musste ich noch was sagen, und dann tauchte dieser Typ auf und wurde in das Loch reingesaugt.«
Ich schwieg. Was hätte ich auch sagen sollen? Jack hatte gerade einen Exorzismus beschrieben - zumindest waren die Exorzismen, die ich bisher mitgemacht hatte, genau so abgelaufen. Er hatte sich die Geschichte also nicht ausgedacht. Er hatte Jesse exorziert. Jesse. Jesse war exorziert worden!
»Suze«, sagte Jack. »Suze, bist du noch dran?«
»Ja, ich bin noch dran.« Ich musste wohl ziemlich fertig ausgesehen haben, denn Pater Dom setzte sich auf einmal neben mich auf die Fensterbank und musterte mich besorgt.
Klar sah ich fertig aus - ich war im Schockzustand.
Und so einen Schockzustand hatte ich noch nie erlebt. Das war anders, als vom Dach geschmissen zu werden oder ein Messer an die Kehle gedrückt zu bekommen. Das hier war um Längen schlimmer.
Ich
Weitere Kostenlose Bücher