Susannah 6 - Auch Geister sind romantisch
Dolce & Gabbana-Faschos, mit einem fetten Grinsen im Gesicht. Klar, wie das hier für sie aussehen musste. Ich rang die Hände und schrie auf eine der Säulen ein.
Als wäre ich noch nicht genug als Freak verschrien. Ab sofort hielten mich alle bestimmt für total übergeschnappt.
Als ich mich wieder Jesse zuwandte, um ihm zu bedeuten, dass wir das Gespräch später fortsetzen würden, war er verschwunden.
Ich ließ die Hände sinken und blickte Paul an, der einfach nur dastand, wütend, abwehrbereit und selbstzufrieden. Alles auf einmal.
»Vielen Dank auch!«, sagte ich nur.
»Oh, gern geschehen.« Er machte auf dem Absatz kehrt und zog fröhlich pfeifend von dannen.
Kapitel 9
I st der mit Weizenmehl gemacht?«, fragte eine zierliche Frau mit Asia-Kleid und einer überdimensionalen Sonnenbrille und hielt mir einen Schoko-Chip-Cookie unter die Nase.
»Ja, ist er«, antwortete ich.
»Und der hier?« Sie zeigte mir einen Brownie.
»Auch.«
»Und der hier?« Ein mexikanischer Hochzeitskeks.
»Auch.«
»Sagen Sie mal«, fragte sie schließlich erzürnt, »sind denn hier alle Backwaren mit Weizenmehl gemacht?«
Ich hörte auf zu kippeln und stellte meinen Stuhl auf dem Boden ab. Aus Langeweile hatte ich versucht, mich so weit wie möglich zurückzulehnen, ohne umzufallen.
»Tyler isst nämlich kein Weizenmehl«, fuhr die Frau fort und tätschelte das kleine, pausbackige Kind, das neben ihr stand. Seine blauen Augen lugten zwischen den frisch manikürten Nägeln seiner Mutter hervor. »Ich ernähre ihn strikt glutenfrei.«
»Versuchen Sie mal das hier«, sagte ich und deutete auf die Müesliriegel mit Zitrone.
»Sind da Milchprodukte drin?«, fragte die Frau misstrauisch. »Tyler wächst nämlich auch laktosefrei auf.«
»Laktose- und glutenfrei, versprochen«, sagte ich.
Die Frau gab mir einen Dollar im Tausch gegen die Packung mit den Zitrusriegeln. Einen davon gab sie Tyler, der ihn beäugte, hineinbiss – und mich dann wie ein Honigkuchenpferd anstrahlte. Wahrscheinlich war das sein erster fröhlicher Gesichtsausdruck heute. Seine Mutter nahm ihn bei der Hand und trottete mit ihm davon. Shannon, meine Backwarenkollegin, schaute entsetzt drein.
»In den Riegeln sind Weizen und Milch drin«, sagte sie.
»Ich weiß.« Ich begann wieder zu kippeln. »Mir tat der Kleine leid.«
»Aber …«
»Sie hat nicht gesagt, dass er allergisch sei. Sie hat nur gesagt, dass sie ihn ohne Laktose und Gluten großzieht. Das arme Kind.«
»Wow, Suuuuuze.« So lang wie die Achtklässlerin hatte schon seit einer Weile niemand mehr meinen Namen gedehnt. »Du bist so cool! Dein Bruder Dave hat mir ja schon gesagt, dass du echt cool bist, aber ich hab’s ihm nicht geglaubt.«
»Ja, ich bin echt cool«, bestätigte ich ihr. Klang komisch, dass sie David »Dave« nannte. Für mich war er eindeutig »David«.
»Ja, aber echt.« Sie nickte inbrünstig.
Egal. Es war wohl mein Schicksal, dass ausgerechnet ich dazu verdonnert war, an diesem herrlichen Samstag am Backwarenstand der Schule zu arbeiten. Der Himmel über uns war so strahlend blau und wolkenlos, dass es regelrecht in den Augen wehtat. Das Thermometer war gerade knapp über angenehme 20 Grad geklettert. Was für ein herrlicher Tag für den Strand oder einen Cappuccino in einem Straßencafé oder einfach nur einen Spaziergang.
Und wo war ich stattdessen? Als Oberbäckereifachverkäuferin am Kuchenstand der Wohltätigkeitsauktion der Mission.
»Ich konnte es kaum glauben, als Schwester Ernestine gesagt hat, dass du bei dem Stand hier mitmachst«, verkündete Shannon. Shannon, das hatte ich mittlerweile herausgefunden, war nicht schüchtern. Shannon redete gern. Und sie redete gern viel. »Ich meine, du bist immerhin schon in der elften Klasse. Und total cool, ey.«
Das war ich. Total cool, ey.
Ich hatte nicht erwartet, dass so viele Leute die Auktion besuchten. Klar, die üblichen Verdächtigen würden natürlich auf jeden Fall kommen: Eltern, die gerne dabei gesehen werden wollten, wie sie sich an der Schule ihrer Kinder engagierten. Aber mit diesen Massen von Schnäppchenjägern hatte ich nicht gerechnet.
Das Gelände war brechend voll. Überall wuselten Menschen, die ich noch nie gesehen hatte, kreuz und quer durcheinander, schauten sich die zur Versteigerung angebotenen Antiquitäten an und tuschelten verschwörerisch. Ab und an blieb jemand an unserem Stand stehen und kaufte uns ein paar Reiscracker oder Ähnliches ab. Aber die meisten hatten nur Augen
Weitere Kostenlose Bücher