Susannah Bd.3 - Auch Engel sind gefährlich
würde er vor Nervosität gleich im Teppich versinken.
»Hallo, Mike«, sagte ich leichthin. »Alles klar? Keine bleibenden Schäden davongetragen?«
Er rang sich ein Lächeln ab, das wohl genauso munter wie meins wirken sollte, aber völlig danebenging. »Nein, außer meinem Stolz hat nichts an mir bleibende Schäden davongetragen.«
Um die Atmosphäre etwas zu lockern, ließ ich mich auf einen von Moms Sesseln fallen - und zwar auf den mit dem Überzug von Pottery Barn, den der Hund so sehr liebte, was ihm jedes Mal eine Schimpftirade von Mom einbrachte. »Hey, du kannst doch nichts dafür, dass die vom Einkaufszentrum ihre blöden Puppen so schlampig aufgehängt haben.«
Ich beobachtete seine Reaktion genau. Hatte er irgendeine Ahnung?
Michael ließ sich in den Sessel mir gegenüber plumpsen. »Nein, das meine ich nicht. Ich schäme mich dafür, wie ich mich heute dir gegenüber verhalten habe. Statt mich zu bedanken, habe ich … na ja, ich hab mich eben undankbar benommen. Und deswegen bin ich jetzt hier, um mich zu entschuldigen. Ich hoffe, du kannst mir verzeihen.«
Er hatte keine Ahnung. Er wusste nicht, warum die Puppe ihm beinahe auf den Schädel gekracht wäre. Oder aber er war der beste Schauspieler, den ich je erlebt hatte.
»Ähm … ja klar«, sagte ich. »Natürlich nehme ich deine Entschuldigung an, kein Problem.«
Aber für Michael schien es sogar ein großes Problem zu sein.
»Es ist bloß so …« Er stand auf und begann, im Wohnzimmer hin und her zu tigern. Unser Haus war das älteste weit und breit - in einer Wand gab es sogar ein Einschussloch, das aus Jesses Lebzeiten stammen musste, als das Haus ein Zufluchtsort für Spieler und Goldsucher und Verlobte auf dem Weg zu ihrer Braut gewesen war. Andy hatte es von Grund auf renoviert, nur das Einschussloch hatte er so gelassen und eingerahmt, aber die Bodendielen knackten dennoch leise unter Michaels Schritten.
»Letztes Wochenende … ist mir was zugestoßen«, sagte Michael mit dem Gesicht zum Kamin. »Und seitdem … seitdem passieren ständig irgendwelche merkwürdigen Sachen.«
Also hatte er doch eine Ahnung. Er wusste zumindest ein bisschen was. Was für mich eine echte Erleichterung bedeutete. Weil ich ihm dann nicht alles von ganz vorne erklären musste.
»Zum Beispiel das mit der Puppe, die dir fast auf den Kopf gefallen wäre?«, fragte ich, obwohl ich die Antwort bereits kannte.
»Ja, und auch andere Sachen.« Michael schüttelte den Kopf. »Aber ich will dich nicht mit meinen Problemen belasten. Es reicht schon, dass ich mich im Einkaufszentrum so danebenbenommen habe.«
»Hey«, ich tat das mit einem Achselzucken ab, »du warst durch den Wind, das ist doch verständlich. Ich nehm’s dir nicht übel. Und wegen dem, was am Wochenende passiert ist … möchtest du darüber …?«
»Nein!« Michael, sonst der leiseste Mensch der Welt, wurde plötzlich so heftig, wie ich ihn noch nie erlebt hatte. »Nein, das ist ganz und gar nicht verständlich. Und verzeihlich auch nicht. Suze, du hast mir ja schon … ich meine, du hast mir ja schon beigestanden, als Brad …«
Ich starrte ihn verständnislos an. Ich hatte echt keinen Schimmer, worauf er hinauswollte. Auch wenn es im Nachhinein betrachtet klar wie Kloßbrühe hätte sein müssen.
»Und als du mir dann im Einkaufszentrum das Leben gerettet hast … Ich meine, ich hab echt versucht, dir zu zeigen, dass ich nicht so bin … Ich bin nicht so ein Warmduscher, der es nötig hat, dass ein Mädchen seine Kämpfe übernimmt. Du hast dich in der Schule für mich eingesetzt und dann hast du mir im Einkaufszentrum schon wieder geholfen …«
Mir fiel schier die Kinnlade runter. Diese Unterhaltung verlief wirklich komplett anders als gedacht und geplant.
»Michael«, setzte ich an, aber er hob eine Hand.
»Nein, lass mich ausreden«, sagte er. »Nicht dass ich dir nicht dankbar wäre, Suze. Ich weiß es echt zu schätzen, was du für mich getan hast. Es ist nur … Ich mag dich wirklich, und wenn du Freitagabend mit mir ausgehen würdest, könnte ich dir beweisen, dass ich nicht der Weichei-Feigling bin, für den man mich nach meinem bisherigen Verhalten in dieser Beziehung halten könnte.«
Ich glotzte ihn nur sprachlos an, als hätten sich die Zahnräder in meinem Kopf auf einmal hoffnungslos verklemmt. Was sollte ich jetzt bloß tun? Beziehung ?, hallte es in meinem Hirn nach. Was denn für eine Beziehung?
»Deinen Vater hab ich schon um Erlaubnis gefragt«, fuhr Michael
Weitere Kostenlose Bücher