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Susanne Barden 01 Hinaus ins Leben

Susanne Barden 01 Hinaus ins Leben

Titel: Susanne Barden 01 Hinaus ins Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen D. Boylston
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sie - auf ihren Knien im Dreck neben uns. Sie verband unsere Wunden. Ein hübsches junges Ding war sie - schlank und sanft. Einmal .«
    Er stockte und schwieg.
    »Ja?« hauchte Susy.
    Als der Alte wieder zu sprechen begann, schien er den Faden seiner Geschichte verloren zu haben. Aber er war im Geiste noch immer in den alten Zeiten und sah sich als verstümmelten Knaben vor den Toren der Silbernen Stadt auf dem Boden einer Holzbaracke liegen.
    »Die Nächte«, murmelte er. »Die schrecklichen Nächte. Dann kam sie - mit ihrer Laterne - und mit Wasser. Und die Ratten liefen vor ihr her - so als bewegte sich die Erde. Sie - sie hätte ihr Leben für uns hingegeben. Sie opferte sich für uns. Und wir - wären gern für sie gestorben. Gottes Segen sei mit ihr!«
    Wieder schlossen sich die Augen, und diesmal öffneten sie sich nicht mehr.
    Dr. Reeves fühlte nach dem Puls des Alten. »Nein. Er schläft. Wir wollen ihn jetzt in Ruhe lassen.«
    Sie schlichen auf Zehenspitzen aus dem Zimmer. Dr. Reeves und die Stationsschwestern gingen wieder zum Schreibpult. Franziska wandte sich mit leuchtenden Augen zu Susy um.
    »Sich vorzustellen, was diese Frau, ganz auf sich gestellt, vollbracht hat! Die verstand zu organisieren.«
    »Ja«, sagte Susy, die kaum hingehört hatte. Ihre Gedanken weilten bei einem »hübschen jungen Ding, schlank und sanft. Sie hätte ihr Leben für uns hingegeben. Sie opferte sich für uns«. Da war es wieder, was Susy nicht losließ.
    Der Krimkrieg hatte die Gesundheit von Florence Nightingale untergraben. Sie hatte sich niemals ganz von den Strapazen erholt.
    Aber die größte aller Krankenschwestern hatte sich schon vorher bei einer anderen Gelegenheit bewährt. Sie hatte ein rot glühendes Ofenrohr, das auf eine Kranke zu fallen drohte, in ihren Armen aufgefangen. Dabei hatte sie sich lebensgefährlich verbrannt.
    Susy blieb mitten im Korridor stehen und griff mit den Händen nach ihren Schläfen.
    >Oh, Gott!< dachte sie. >Das würde ich niemals wagen.< Sie schauderte. >Sich freiwillig verbrennen zu lassen - große Schmerzen auf sich zu nehmen - ich könnte das nicht! Wenn ich es noch so gern wollte, ich könnte es nicht! Ich bin feige. Ich dürfte keine Krankenschwester sein.<

 
     
Die Bewährung
    Susy träumte, sie würde von einem Lastwagen überfahren. Schwere Räder zermalmten sie, und sie verspürte einen stechenden Schmerz.
    Als sie erwachte, kämpfte sie mit ihrer Bettdecke. Stickige Dunkelheit umfing sie, in ihrem Kopf hämmerte es. Sie versuchte sich aufzurichten, sank jedoch von Schmerzen übermannt auf ihr Kissen zurück. Wenn sie wenigstens die Lampe auf ihrem Nachttisch erreichen könnte! Sie streckte die Hand aus. Der kühle Metallknopf an der kleinen Kette berührte ihren Handrücken. Immer wieder entglitt er ihr. Endlich gelang es ihr, ihn zu fassen und nach unten zu ziehen.
    Gelbliches Licht erhellte den Raum. Es war ihr Zimmer im Schwesternhaus. Sie lag nicht unter einem fauchenden Lastwagen. Sie lag im Bett und hatte einen Alptraum gehabt. Aber der Schmerz war nicht verschwunden, sondern stach und wühlte in ihrer Seite - in beiden Seiten und im Bauch. Susy biß die Zähne zusammen und starrte auf die Kommode. Ihre Toilettensachen lagen ordentlich und unbeteiligt da.
    Connie! Wo war Connie?
    >Ich war doch immer gut zu ihnen<, dachte Susy zornig. >Warum hilft mir denn jetzt niemand?<
    Connies Zimmer lag zwei Türen weiter. Sie mußte Connie holen. »Denk einmal ruhig nach! Steig aus dem Bett, öffne die Tür. Den Morgenrock brauchst du nicht anzuziehen. Geh zu Connie!«
    Susy hörte sich selbst immerfort dieselben Worte wiederholen. Gleich würde sie aufstehen - nach einer Minute.
    Plötzlich wurde die Tür geöffnet und jemand sagte: »Was ist los, Schwester Barden? Sind Sie krank? Ich hörte Sie sprechen.«
    Es war die Schwester aus dem Zimmer nebenan. Sie beugte sich über das Bett und sah in Susys gerötetes Gesicht mit den glänzenden Augen.
    »Haben Sie irgendwo Schmerzen?«
    »Ja, überall«, keuchte Susy. »Hier am meisten.« Sie legte die Hand auf ihren Unterleib. »Holen Sie Connie.«
    Die Schwester nickte und verschwand. Nach kurzer Zeit kehrte sie mit Connie zurück. Connie, die schlaftrunken ans Bett getreten war, wurde plötzlich hellwach. Sie wechselte einen Blick mit der Schwester.
    »Bleiben Sie bitte hier«, sagte diese. »Ich werde rasch die Inspektorin rufen.«
    Susy nahm nebelhaft Schritte und Stimmen wahr, das Gesicht der Nachtoberschwester über sich,

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