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Susanne Barden 01 Hinaus ins Leben

Susanne Barden 01 Hinaus ins Leben

Titel: Susanne Barden 01 Hinaus ins Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen D. Boylston
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aufstehen?«
    Fräulein Matthes lächelte. »Das erscheint Ihnen sonderbar, nicht wahr? Aber Sie stehen nicht vor dem Mann auf, sondern vor dem Beruf, den dieser Mann repräsentiert. Es ist eine althergebrachte Sitte im medizinischen Berufsleben, und Sie müssen sich ihr unterwerfen. Aus demselben Grund stehen Sie vor einer Schwester auf, die größere Erfahrung als Sie hat. Gibt es sonst noch etwas zu fragen?«
    Niemand meldete sich.
    »Dann sind wir fertig. Ihr Dienstplan ist am Schwarzen Brett angeschlagen. Bitte lesen Sie die Anschläge täglich. Sie finden dort Anordnungen und Mitteilungen allgemeiner Art. Ihre freie Zeit wird von Fräulein Cameron festgesetzt. Sie erteilt Ihnen auch praktischen Unterricht und hat die Aufsicht über die Probeschwestern. Das Klassenzimmer befindet sich im Kellergeschoß. Morgen früh um halb neun melden Sie sich bitte dort zur Musterung und zu Ihrer ersten Unterrichtsstunde. Das Frühstück der Probeschwestern findet um sieben Uhr statt. Ich danke Ihnen. Gute Nacht!«
    Als sie aufstand, erhoben sich alle Mädchen und blieben stehen, während sie mit gemessenen Schritten aus dem Zimmer ging.
    Kaum war sie verschwunden, so setzte eine lebhafte Unterhaltung ein. Die Mädchen strömten aus dem Wohnzimmer.
    Susy fing vereinzelte Gesprächsfetzen auf, während sie durch den Korridor ging.
    »Wir wollen unsere Tracht lieber schon heute abend zurechtlegen ... Was sagen Sie dazu ... Meine Schwester hat hier gelernt, und sie sagt ... Wenn die hier denken, daß ich nicht mit Hausärzten verkehren werde ... Was hat sie gesagt? ... Golfplatz! Denken Sie nur! ...«
    Lachend und schwatzend zerstreute sich die Klasse. Ein paar Schwestern in grauer Tracht standen an einem Eiswasserbehälter in der Nähe des Aufzugs. Sie beobachteten die Neuen grinsend.
    »Ach, Kinderchen, das Lachen wird euch bald vergehen«, sagte eine von ihnen düster.
    »Wieso?« fragte Susy.
    Die Schwestern brachen in lautes Gelächter aus.
    »Das arme Lamm hat noch keine Ahnung«, sagte die Schwester,
    die zuerst gesprochen hatte. »Sie haben alle keine Ahnung.«
    »Wovon haben wir keine Ahnung?« fragte Susy.
    Andere Neulinge, denen es schmeichelte, daß die Lernschwestern sich mit ihnen befaßten, blieben stehen, um zuzuhören. Die Schwester in Grau sagte im Ton eines Leichenbestatters, der zu einer trauernden Familie spricht:
    »Morgen, meine unschuldigen Lämmer, werdet ihr Fräulein Ca- meron begegnen - oder vielmehr, Fräulein Cameron wird euch begegnen.« Und dann mit wahrer Grabesstimme:
    »Die Tage eurer sorgenfreien Jugend sind zu Ende. Morgen werdet ihr in die Höhle des Löwen geworfen.«
    »Aber ich verstehe nicht ...«, begann Susy.
    Die Schwester wandte sich zu ihren Kameradinnen um.
    »Sie versteht nicht!« sagte sie bedeutsam. Die anderen nickten schweigend und ernst.
    Dann wandte die Sprecherin sich wieder zu Susy. »Sie werden schon verstehen, und das sehr bald. Mehr sage ich nicht. Ich bringe es einfach nicht übers Herz. Ihr seid alle so jung und unschuldig!«
    Sie drehte sich mit militärischer Straffheit auf dem Absatz um, hakte ihre Kameradinnen unter und schlenderte mit ihnen davon. Man sah von hinten, wie die Schultern der Schwestern vor Lachen bebten.
    Die Zurückbleibenden blickten einander verwirrt an. Schließlich brach Elfe Holton das Schweigen. »Das ist ja ... ich glaube, die machten sich über uns lustig.«
    »Wie kommen Sie denn darauf?« fragte das ältere Mädchen mit dem harten Gesicht von oben herab.
    »Was geht Sie das an?« fuhr Elfe auf.
    Die beiden starrten sich einen Augenblick wütend an. Dann zuckte das ältere Mädchen verächtlich die Achseln.
    »Schon sind wir wie eine einzige große Familie«, sagte jemand neben Susy.
    Susy wandte den Kopf. Katharina van Dyke hatte die Bemerkung gemacht. Sie stand mit Constance Halliday zusammen. Beide blickten Elfe nach, die beleidigt zum Fahrstuhl stelzte.
    »Sie haben recht«, sagte Susy. »Aber an Elfe Holton liegt es nicht.«
    Katharina van Dyke lachte. »Die grauen Schwestern waren eine lustige Bande. Was meinten sie bloß mit ihren geheimnisvollen Andeutungen?«
    »Wer weiß? Vielleicht wollten sie uns nur einschüchtern.«
    »Die Mühe hätten sie sich sparen können. Ich bin schon eingeschüchtert genug.«
    Nun lachte Susy. »Ich glaube, wir haben alle durch die Bank Angst. Ich habe auch schon etwas angestellt.«
    »Erzählen Sie!« bat Constance Halliday lebhaft.
    Susy sah sich verstohlen um. Sie wollte nicht gern, daß ihr erstes

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